mein STAND.PUNKT
Fairer Wahlkampf?
Ein frommer Wunsch...
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Fairer Wahlkampf?
Ein frommer Wunsch...
Ein STAND.PUNKT von Dr. Paul Wuthe
"Ich wünsche mir, dass man kämpft, aber fair kämpft." Nur zum Teil sind im auslaufenden Nationalratswahlkampf diese Worte von Kardinal Christoph Schönborn im Gespräch mit der Wiener Kirchenzeitung "Der Sonntag" im Ende Juli erfüllt worden. Noch nie gab es so viele TV-Duelle der Spitzenkandidaten für die Wahl am Sonntag. Engagiert und mit dem nötigen Respekt rang man zunächst um die Wählergunst - bis der Stil in der Endphase rauer wurde. Österreich erlebte mit dem Bekanntwerden einer Dirty-Campaigning-Affäre, angesiedelt im Dunstkreis der SPÖ und gerichtet gegen den ÖVP-Chef Sebastian Kurz, seinen ersten großen Polit-Skandal im Zusammenhang mit Social-Media-Fakes.
Caritas-Präsident Michael Landau brachte die Stimmung im Land zuletzt auf den Punkt. Ob der heftigen gegenseitigen Attacken warnte er vor einem Schaden für die Demokratie und mahnte: "Wer mit Schmutz um sich wirft, dessen Hände werden schmutzig bleiben."
Wie massiv die Affäre das Wahlergebnis beeinflussen wird und - was weit schlimmer wäre - das Vertrauen der Bürger in die Politik nachhaltig erschüttert hat, trauen sich Politik- und Umfrageexperten noch nicht einzuschätzen.
Der Wahlkampf war in vielerlei Hinsicht erstaunlich anders als in den vergangenen Jahren und knüpfte fast nahtlos an die Bundespräsidentschaftswahlen 2016 an. Diese brachten ein Waterloo für die beiden staatstragenden Parteien SPÖ und ÖVP, die ihre Kandidaten nicht in die Stichwahl bringen konnte. Neuer Präsident wurde mit Alexander Van der Bellen erstmals ein Grün-Politiker, der nun vor seiner ersten Bewährungsprobe steht, wenn er nach der Wahl den Auftrag zur Regierungsbildung erteilen muss.
Auch wegen der Entwicklung bei der Bundespräsidentenwahl erlebte Österreich in den vergangenen Monaten ein ungewöhnliches Politkarussell mit Wechseln an den Parteispitzen von SPÖ, ÖVP und Grünen. Die Machtübernahme von Bundeskanzler Christian Kern in der SPÖ und Außenminister Sebastian Kurz in der ÖVP war von einer Berg- und Talfahrt in den Umfragen begleitet. Aktuell liegt die ÖVP dort mit deutlich mehr als 30 Prozent klar vor der FPÖ, die wieder die SPÖ überholen konnte.
Neu ist, dass viele Wähler wieder das Gefühl haben, mit ihrer Stimme die Regierungsbildung zu entscheiden. Der faktische Ausschluss der FPÖ als Koalitionspartner bei gleichzeitiger Fortsetzung der (ehemals) großen Koalition von SPÖ und ÖVP dürfte an sein Ende kommen.
Nicht nur die ÖVP, auch die SPÖ schließt eine Koalition mit der Partei von FP-Chef Heinz-Christian Strache nicht mehr aus und auf Ebene der Landesregierungen wird sie von beiden bereits praktiziert.
Religiös konnotierte Integrationsdebatte
Großthema des Wahlkampfs war der Bereich Flüchtlinge, Integration und Sicherheit. Der für das Außen- und Integrationsressort verantwortliche VP-Chef Kurz konnte mehr und mehr diese Themen besetzen und damit die FPÖ zurückdrängen, womit Politikexperten das Comeback der ÖVP in den Umfragen erklären. Gleichzeitig sind es aber auch diese Fragen, die gerade das katholische Aktivsegment bewegen und beunruhigen. "Nicht wenige Christen werden politisch heimatlos", konstatierte der Theologe Paul Michael Zulehner. Das politische Agieren in der Flüchtlingsfrage, populistische Vereinfachungen sowie das Fehlen einer christlich inspirierten und attraktiven Vision störe viele engagierte Gläubige, so sein Befund.
Verstärkt wird dieser Eindruck, wenn Religion zum Wahlkampfthema wird: Mit der Islamdebatte wurden Emotionen befeuert - auch und gerade weil es sich ob ihrer Vielschichtigkeit trefflich darüber streiten lässt. Paradebeispiel ist das gesetzliche Verhüllungsverbot - vulgo "Burkaverbot" -, das am 1. Oktober in Kraft getreten ist. Integration setzt Kommunikation voraus und eine Verhüllung des Gesichts steht dem entgegen, lautet die Begründung. Aber braucht es dafür wirklich ein Gesetz, zeigten sich nicht nur die österreichischen Bischöfe skeptisch.
Zwar sei eine Verhüllung des Gesichts "gesellschaftlich unerwünscht", aber ein generelles Verbot gehe zu weit. Besser wäre es, ein Gesichtszeigegebot in der Schule oder vor Gericht zu normieren, so der - letztlich vergebliche - Vorschlag der um die nötigen Differenzierungen bemühten Bischöfe.
Neu war auch eine Flut an Islamstudien über Kindergärten, Moscheen und Integrationsfähigkeit. Sie sind zwar ein Fortschritt gegenüber Slogans wie "Die Islamisierung gehört gestoppt", mit denen etwa die FPÖ auf Stimmenfang geht.
Dennoch wächst der Eindruck, dass ein Problem benützt wird, um vorhandene Ängste gegenüber Muslimen nur zu vergrößern. Ein künftige Regierung wird zeigen müssen, dass es dafür - christlich vertretbare - Lösungen gibt.
Bezeichnend für die Lage war das jüngste Treffen des Bundespräsidenten mit Kirchen und Religionen. Die nonverbale Botschaft war demonstrative Einigkeit. Oder mit den Worten von Kardinal Schönborn: "Wir müssen wachsam bleiben, damit wir den Weg des Miteinanders nicht verlieren." Der Wechsel in der Tonalität vom Wunsch nach Fairness zur besorgten Mahnung ist bezeichnend für den Verlauf des Wahlkampfs aus kirchlicher Sicht.
Dr. Paul Wuthe ist Chefredakteur der Katholischen Presseagentur KATHPRESS und Leiter des Medienreferats der Österreichischen Bischofskonferenz.
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