mein STAND.PUNKT
Medien: Alles Fake News?
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Medien: Alles Fake News?
Ein STAND.PUNKT von Christoph Riedl-Daser
Donald Trump – ja, genau der mit dem größeren Knopf in Sachen Atomwaffen – kommuniziert vornehmlich via Twitter. Mit maximal 280 Zeichen pro Tweet schickt er seine Botschaften und Kommentare in die Welt. Direkt. Ohne jegliche journalistische Prüfung oder Einordnung. Kein lästiger Check, Re-Check, Double-Check von unbequemen Journalisten. Direkte Kommunikation entspricht dem Zeitgeist. Ungefiltert wird die persönliche Befindlichkeit hinausgebrüllt. 47 Millionen Menschen folgen aktuell auf Twitter dem US-Präsidenten.
Fake News und der Papst
7.200 Kilometer Luftlinie von Washington entfernt twittert auch ein Staatsoberhaupt. Und obwohl dessen Land nur 0,44 Quadratkilometer groß ist, bringt es dieser auf beachtliche 40 Millionen Follower auf Twitter. Dabei geht Papst Franziskus wesentlich behutsamer mit Worten um als sein US-amerikanisches Gegenüber. Vorwiegend sind es Gedanken zum Tag, Gebetsaufrufe und Reise-Eindrücke, die Franziskus bzw. seine Pressestelle global versendet. Heute etwa:
Keine Desinformation ist harmlos: dem zu vertrauen, was falsch ist, hat unheilvolle Folgen.
— Papst Franziskus (@Pontifex_de) 24. Januar 2018
Dieser aktuelle Tweet des Papstes bezieht sich auf die Botschaft zum 52. Welttag der sozialen Kommunikationsmittel, die der Pontifex nun veröffentlicht hat. Darin setzt sich der 81-jährige mit sogenannten Fake News auseinander; ein Virus, wie Franziskus schreibt, das nur schwer eingedämmt werden kann. Und der Papst benennt auch einen Grund für die rasende Verbreitung dieses Virus: Es ist unser Hunger nach Macht und Besitz, unsere Vergnügungssucht und Gier, die uns unserer Freiheit berauben.
Freiheit, die genutzt werden will
Damit trifft der Papst ins Schwarze: Wir sind bequem geworden. Die Freiheit sich umfassend zu informieren, um auf Grund von Fakten eine eigene Meinung zu entwickeln, ist offenbar vielen zu mühsam. Immer wieder erlebe ich, dass mit bewusster Nicht-Konsumation von Medien kokettiert wird: "Ich schaue ja keine Nachrichten mehr", "Ich lese keine Zeitungen", "Ich brauche diese ganzen klassischen Medien nicht mehr" sind Sätze, die von Jung wie Alt zu hören sind. Alle notwendigen Informationen erhalte man ohnehin aus den "sozialen" Medien.
Der Journalist und Kommunikations-Experte Christoph Riedl-Daser
Ein Trugschluss. Wer glaubt, über den Algorithmus eines US-amerikanischen Unternehmens wie Facebook oder Twitter besser über Fakten, Hintergründe und Vorgänge informiert zu werden, als in den "klassischen" Medien, der verkennt dramatisch die Situation. Kaufe ich heute eine Zeitung, dann hat jeder andere auch die Möglichkeit, diese Zeitung zu kaufen, zu lesen und daraufhin seine eigene Meinung zu bilden. Gleiches gilt für Radio und Fernsehen. Das Mittagsjournal hat für alle, die Ö1 empfangen können, den selben Inhalt. Nicht so die "sozialen" Medien: Hier wählt eine Datenbank - nach nicht transparenten Regeln - Inhalte für mich aus. Ich habe keinerlei Einfluss darauf, was ich angezeigt bekomme. Meine sogenannte Echokammer präsentiert mir Inhalte, von denen der Algorithmus annimmt, dass sie mir gefallen.
Es ist daher richtig und wichtig, dass Papst Franziskus in seiner aktuellen Botschaft die Journalisten als "Hüter der Nachrichten" bezeichnet und festhält, dass diese nicht nur einen Beruf ausüben, sondern eine Mission haben.
Franziskus zeichnet das Idealbild eines Journalismus, der sich nicht verstellt, der der Unwahrheit und der Effekthascherei den Kampf ansagt. Ein Journalismus von Menschen für Menschen, der allen zugutekommt, vor allem jenen, die keine Stimme haben und der sich – ganz dem Johannes-Evangelium 8,32 folgend – jener Wahrheit verpflichtet ist, die uns frei machen wird.
Das beste Mittel gegen Fake News, so der Papst: Personen, die – vom Guten angezogen – bereit sind, Worte verantwortungsvoll zu gebrauchen. Vielleicht sollte man diesen Satz Donald Trump zukommen lassen. Am besten via Twitter.
Christoph Riedl-Daser ist Bereichsleiter für Solidarität, Kommunikation und Soziales der Caritas der Diözese St. Pölten und war viele Jahre Religionsjournalist im ORF.
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