mein STAND.PUNKT
Kirche ohne Priester?
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Kirche ohne Priester?
Ein STAND.PUNKT von Dr. Georg Plank
Heuer gibt es keine Priesterweihe in der Steiermark und voraussichtlich nur 18 in ganz Österreich. Das Durchschnittsalter aller Priester liegt über dem üblichen Pensionsalter. Bald wird der Priestermangel nicht mehr durch Pfarrfusionen, Mehrfachaufgaben und den Einsatz von Laienmitarbeitern kaschiert werden können. Diese Tendenz gibt es in der ganzen westlichen Welt. Die vielen Ursachen sind zwar gut erforscht, allerdings gibt es bis dato keine wirksamen Gegenmittel.
Das hat weder öffentliche Erregung noch kircheninterne Betriebsamkeit zur Folge. Eigenartig, denn nach katholischem Verständnis spielen Priester eine zentrale Rolle. Sie spenden die Sakramente, leiten die Gemeinden und geben durch ihr Leben in Armut, Ehelosigkeit und Gehorsam ein Zeugnis für die ungeteilte Hingabe an den Dienst für Gott und die Menschen. Man könnte sagen: Ohne Priester geht Kirche nicht.
Befindet sich die Kirche daher nicht in einer fundamentalen Krise? Gehen unserer Gesellschaft die Priester überhaupt ab? Oder ist der Priestermangel Ausdruck einer begrüßenswerten Entklerikalisierung und Entkirchlichung?
Bittet und euch wird gegeben
Wie kann es sein, dass Gott die vielen Gebete um genügend geistliche Berufungen nicht erhört? Warum erfüllt er auch nicht die Bitten derjenigen, die für eine Aufhebung des Pflichtzölibats, für die Zulassung von viri probati und von Frauen eintreten? Hat Jesus zu viel versprochen, als er wiederholt sagte: "Bittet und euch wird gegeben"?
Christen versuchen immer, ihr Leben, gesellschaftliche Ereignisse und auch kirchliche Entwicklungen als Botschaften zu verstehen und angemessen zu reagieren. Menschlich Negatives kann sich dabei als Fingerzeig Gottes entpuppen. Das zeigen viele historische Beispiele.
So entdeckte Franz von Assisi in einer Zeit extremer Machtentfaltung des Papsttums Einfachheit, Armut und Demut als zentrale christliche Werte und löste damit Revolutionäres aus. So berief Gott die kleine Therese von Lisieux in Zeiten stark autoritärer Tendenzen in Kirche und Welt zur glaubwürdigen Zeugin der Liebe als Zentrum und Quelle allen Lebens. So ist letztlich die Botschaft vom Kreuz zugleich die Botschaft des Heils, paradox und menschlich unverständlich, aber kraft- und wirkungsvoll in Geschichte und Gegenwart.
Was ist das Gute im Schlechten?
Mit dem Priestermangel trägt die Kirche ein schweres Kreuz. Er ist zunächst etwas Schlechtes und soll nicht schöngeredet werden. Er gefährdet in vielfacher Weise die bisher vorherrschenden Sozialformen von Kirche und führt zu Notlösungen, die oft mehr Not als Lösung sind. Doch was ist das Gute im Schlechten (Paul Watzlawick)?
Kann es sein, dass Gott die innigen Bitten sowohl der Bewahrer als auch der Veränderer auf andere Weise erhört als erwartet? Braucht es den Mangel an "speziellen Priestern", um zu zeigen, dass Kirche zuallererst die Gemeinschaft aller Getauften ist?
Er allein ist ja der einzige Priester, dem alle durch die Taufe angehören. Vielleicht gilt es zu unterscheiden zwischen dem Kern des von Jesus eingesetzten Priesterseins und historisch und kirchenrechtlich gewachsenen Traditionen. Vielleicht braucht es diese Phase des Mangels, um den Reichtum aller von Gott Berührten zu sehen und einen übertriebenen und letztlich hinderlichen Klerikalismus zu überwinden, den Papst Franziskus immer wieder verurteilt.
Inkrementell oder disruptiv?
Vielleicht reicht angesichts dieser konkreten Entwicklung rein inkrementelle Innovation nicht mehr aus, also die Erneuerung des Bestehenden. Sondern es bedarf disruptiver, zerstörerischer Innovation. Das Bisherige muss sterben, damit Neues entstehen und sich entfalten kann.
Wie das Weiheamt sich zukünftig im Blick auf Gottes Willen konkretisieren soll, ist daher völlig offen. Auch dafür gibt es viele Beispiele in der Offenbarungs- und Kirchengeschichte. Immer wieder führt Gott heraus aus Bestehendem und durch Wüsten und Bedrängnisse zu neuen, bis dato unbekannten Orten des Heils. Er ist der Herr der Geschichte, auch der Kirchengeschichte.
Dr. Georg Plank ist Pastoraltheologe und Gründer des Instituts für Pastoralinnovation (www.pastoralinnovation.at)
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