mein STAND.PUNKT
Gottesdienste:
Bitte mit (mehr) Qualität!
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Gottesdienste:
Bitte mit (mehr) Qualität!
Ein STAND.PUNKT von Christoph Freilinger
Über die Qualität von Gottesdiensten wird viel gesprochen: nach dem Gottesdienst vor der Kirche, im Pfarrcafe, bei Fortbildungsveranstaltungen, zunehmend mehr auch auf Internetforen und in den social media; in Italien und der Schweiz bewerteten Journalisten analog zu Gourmetkritikern Gottesdienste mit Kreuzen (statt mit Hauben). Aber ist das so wichtig? Und warum scheint sich trotzdem wenig zu verbessern?
Liturgie muss qualitätsvoll sein – nicht nur wegen der Außenwirkung und der Attraktivität der Feiern. Das Wesen und der Sinn der Liturgie selbst verlangen danach! Schließlich soll im Tun des gottesdienstlichen Rituals erfahrbar werden, dass Gott im Spiel ist, dass Gott sich uns zuwendet und sein Heil schenkt, und dass wir zu Gott kommen mit allem, was unser Leben ausmacht. Es geht also darum, unserer Begegnung mit der (nicht sichtbaren) Wirklichkeit Gottes eine mit den Sinnen wahrnehmbare Gestalt zu geben: durch den Raum und seine Ausstattung, durch Elemente und Früchte der Schöpfung und der menschlichen Arbeit (z.B. Wasser, Licht, Öl, Brot, Wein, …), im Schauen und Hören, im Beten und Singen, im Essen und Trinken, in Wort und Antwort.
Wesentlich ist eine gepflegte Kunst des Feierns, für die es jenseits des persönlichen Geschmacks grundlegende und objektivierbare Voraussetzungen und Kriterien gibt.
Das setzt eine entsprechende Qualität dieser Vollzüge voraus. Entscheidend ist dabei nicht ein vordergründig gefälliges Feiern, auch nicht kostspieliger Aufwand. Wesentlich ist eine gepflegte Kunst des Feierns, für die es jenseits des persönlichen Geschmacks grundlegende und objektivierbare Voraussetzungen und Kriterien gibt.
Für ein qualitätsvolles Feiern brauchen der Vorsteher und alle anderen Dienste ein Grundmaß an Sachwissen und Fertigkeit (d. h. eingeübtes Können) für ihre Aufgabe: Sie müssen die Dramaturgie einer Feier und die einzelnen Vollzüge mit Bedeutung füllen können; sie müssen grundsätzlich durchdrungen sein vom Glauben, der gefeiert wird. Beim Feiern selbst müssen sie ganz "bei der Sache" sein. Man muss ihnen abnehmen können, was sie tun.
Unser Autor: Dr. Christoph Freilinger ist Mitarbeiter des Österreichischen Liturgischen Instituts |
Gottesdienste leben von der Unterschiedlichkeit verschiedener Sprechhandlungen, die jeweils andere "Inszenierungen" verlangen. Unabhängig vom sprachlichen Verstehen müssen die Feiernden gleichsam spüren: Jetzt wird – als Akt der Hinwendung zu Gott – gebetet oder jetzt werden die Mitfeiernden angesprochen; dabei muss ein Wort aus der Heiligen Schrift anders wahrgenommen werden können als ein persönliches Wort der Ermutigung oder eine Einladung zum Gebet usw.
Qualitätsvolles Feiern nimmt den ganzen Menschen mit Leib und Seele und allen Sinnen ins Geschehen hinein: mit einem Wechsel von Stehen, Sitzen und Knien, wie es der Bedeutung der Elemente entspricht; durch Singen und Musizieren, das dem Inhalt des Tuns Ausdruck gibt; durch das Entfalten der Handlung im ganzen (Spiel-)Raum; durch ein ausdrucksstarkes Verwenden von Wasser, Licht, …, das erklärende Worte überflüssig macht.
Die Verantwortlichen in den Diözesanleitungen müssen für Rahmenbedingungen sorgen, in denen Priester Zeit finden für eine gediegene Vorbereitung und für das Entfalten des rituellen Spiels frei von jeder Hast.
Diese Kriterien sind nicht neu. Und doch mangelt es vielerorts an qualitätsvollen Feiern, die als Quelle und Höhepunkt des Glaubens erfahren werden. Wir brauchen verstärkte Bemühungen um entsprechende Voraussetzungen: Die Verantwortlichen in den Diözesanleitungen müssen für Rahmenbedingungen sorgen, in denen Priester (und auch andere in liturgischer Verantwortung) Zeit finden für eine gediegene Vorbereitung und für das Entfalten des rituellen Spiels frei von jeder Hast.
Solange Seelsorger aber unter Druck stehen, sich regelmäßig für mehrere Gottesdienstgemeinden "zersprageln" zu müssen, leidet die Qualität. Und die Hauptamtlichen in der Seelsorge müssen ihrerseits bereit sein, sich diese Zeit zu nehmen – und auch die Zeit für das Weiterentwickeln und Pflegen der eigenen liturgischen Kompetenz und Kunstfertigkeit.
Dr. Christoph Freilinger ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Österreichischen Liturgischen Institut (www.liturgie.at)
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