Rosenkranzmonat
Der Oktober gilt traditionell als "Rosenkranzmonat". Doch immer weniger Menschen können heute etwas mit dieser Gebetsform anfangen - dabei führt sie tief in die christliche Spiritualität hinein.
Sie wirken wie aus der Welt gefallen - jene Zeitgenossen, die man bisweilen in Fußgängerzonen, auf öffentlichen Plätzen oder vielleicht gar in Kirchen sieht, vor sich hin murmelnd, in einer Hand eine kleine, unscheinbare Kette mit unterschiedlichen Kügelchen. Sie beten einen "Rosenkranz", ein streng komponiertes, traditionelles meditatives Gebet. Tatsächlich ist der Rosenkranz heute selbst unter "praktizierenden Katholiken" nicht mehr weit verbreitet. Zu sperrig wirkt seine strikte Taktung der Gebetsabfolgen, zu wenig individuell in einer Welt übersteigerter Egos.
Und doch ist der Rosenkranz vielleicht gerade deshalb zeitgemäß. Weil er hineinführt in eine "andere" Welt, weil er den Rocksaum jener großen Tradition christlicher Spiritualität berührt, die den Besucher in Kirchen vielleicht noch anweht, die er aber nicht mehr zu begreifen vermag. Gewiss, die Pforte zu dieser spirituellen Tiefe ist keine weite, sie muss erkauft werden durch die Mühen der Tiefebene ausgedehnter Gebetsrezitationen: Gegrüßet seist du, Maria, voll der Gnaden.... Vater unser im Himmel, geheiligt werde dein Name...
Der Rosenkranz gibt seinen Reiz nicht ohne weiteres zu erkennen. Er will erkämpft werden, ja, ergangen. Nicht umsonst lebt er vor allem in Pilgergruppen und bei Wallfahrern weiter. Die Monotonie stundenlanger Märsche über Tiefebenen und dünn besiedelte Landschaften verträgt sich nur allzu gut mit der monotonen Rezitation eingeübter Gebete. Ein Rosenkranz gebetet - und schon ist man wieder fünf Kilometer weiter. So einfach, so schlicht, so gut.
Selbst hart gesottenen Agnostikern, die Fußwallfahrten zur bloßen Reinigung von Körper und Geist degradieren, erkennen unterwegs mitunter den Wert dieser Gebetsform, die genau das leistet: eine Loslösung von Körper und Geist, eine wohltuende Entrückung, die durch das Gemurmel hindurch Raum gibt für das Eigentliche, für Gedanken und Einkehr.
Die Geschichte des Rosenkranzes
Die vielfache Wiederholung kurzer Gebete ist in fast allen Religionen bekannt. Sowohl im Islam als auch im Buddhismus werden dafür Gebetsschnüre als Hilfsmittel zum Zählen verwendet. Die Gebetshäufung war bereits ab dem 3. Jahrhundert in der Ostkirche üblich und setzte sich wenig später auch in der Westkirche durch. Das katholische Rosenkranzgebet hat sich aus frühmittelalterlichen Gebeten entwickelt.
Die älteste schriftliche Erwähnung einer mit Steinen aufgezogenen Zählschnur findet sich bei der angelsächsischen Adeligen Lady Godiva im 9. Jahrhundert. Die heute gebräuchliche Form des Rosenkranzes entstand im Advent 1409 als der Trierer Kartäusermönch Dominikus von Preußen die Leben-Jesu-Andachten in die Form von 50 Gebetssätzchen brachte.
Dass gerade der Oktober als "Rosenkranzmonat" gilt, hängt mit einer historischen Schlacht im Ionischen Meer bei Lepanto zusammen. Am 7. Oktober 1571 hatten die christlichen Mittelmeermächte, organisiert unter Papst Pius V., mit Spanien an der Spitze, dort einen überraschenden Sieg über das Osmanische Reich errungen. Dieser Sieg wurde vom Papst dem Rosenkranzgebet zugeschrieben - woraufhin Pius V. anordnete, das von nun an dieser Tag als "Fest der Seligen Jungfrau Maria vom Siege" zu feiern sei.
Wie wird der Rosenkranz gebetet?
Der Rosenkranz ist eine aus Kugeln oder Perlen bestehende Gebetsschnur mit einem Kreuz an ihrem Ende. Der geschlossene Teil eines Rosenkranzes teilt sich in 5 Zehnergruppen von Kugeln, die von einer jeweils größeren oder in größerem Abstand aufgezogenen Kugel getrennt werden. Jede Kugel einer Zehnergruppe steht für ein "Gegrüßet seist du Maria".
Zwischen diesen Zehnergruppen wird jeweils ein "Vater unser" gebetet. Das am freien Ende befindliche Kreuz steht für das Glaubensbekenntnis, auf das wiederum ein "Vater unser" folgt. Die drei eng beieinanderliegenden Kugeln zwischen Kreuz und geschlossenem Kreis stehen für die drei göttlichen Tugenden.
Rosenkranz-Sühnekreuzzug
Seit 75 Jahren setzt sich die Gebetsgemeinschaft "Rosenkranz-Sühnekreuzzug" (RSK) für den Frieden in der Welt ein. Die vom Franziskanerpater Petrus Pavlicek 1947 in Wien auf den Trümmern des Zweiten Weltkrieges gegründete Gemeinschaft zählt inzwischen mehr als 300.000 Mitglieder in über 130 Ländern. Sie alle verbindet das gemeinsame Anliegen eines dauerhaften Friedens in der Welt.
von Henning Klingen & Marlies Mostögl