Kleine Brüder Jesu
Ordensgemeinschaften im Portrait
Kleine Brüder Jesu
Ordensgemeinschaften im Portrait
Die Gemeinschaft der "Kleinen Brüder Jesu" zählt gegenwärtig rund 172 Mitglieder. Es gibt Niederlassungen in 33 Ländern, in Afrika, Nord- und Südamerika, Asien und Europa. 42 der Mitglieder sind Priester. Kirchenrechtlich sind sie seit 1968 eine Kongregation "päpstlichen Rechts" und als kontemplative Ordensgemeinschaft anerkannt. Im deutschsprachigen Raum leben "Kleine Brüder Jesu" in Duisburg, Nürnberg, Zürich, St. Pölten und Wien. Die "Kleinen Brüder" in Österreich gehören ebenso wie jene in Belgien, Deutschland und der Schweiz der "Region Europa Nord" an.
Portrait Br. Herbert Hartl |
Herbert Hartl ist 19 Jahre alt, als er in einem Buch über die Geschichte der Arbeiterpriester in Frankreich auf die Kleinen Brüder Jesu stößt. „Da habe ich erkannt, dass ein existentielles Sich-Einwurzeln in diese Welt der Arbeit und ein solidarisches Miteinander in der Nachfolge Jesu von Nazaret mein Weg sein könnte“, erzählt er. Die nächste Fraternität der Kleinen Brüder Jesu gab es in Hamburg. Statt ins Priesterseminar ging er nach St. Pauli, wo die Brüder sich in einer Kellerwohnung eingerichtet hatten. „In der winzigen Kapelle beteten wir das Offizium und ich begann, das stille Gebet zu lernen und es in meinen Arbeitsalltag zu integrieren.“ Das war der Beginn seines Ordenslebens, das ihn über Etappen in Frankreich, Spanien und Deutschland 1979 nach Wien führte. „Nach zehn Jahren Arbeit in einem Stahlwerk und in der metallverarbeitenden Industrie und weiteren 20 Jahren als Pflegehelfer in einem Pensionistenwohnheim bin ich nun in Pension“ – und Br. Herbert Hartl ist doch nicht im Ruhestand. Er arbeitet in der Pfarre Auferstehung Christi mit, z.B. in der Wärmestube. Die Kleinen Brüder Jesu sind in Österreich zu dritt: Mit Br. Hartl in Wien lebt Josef, von Beruf Gärtner. Auch er ist in Rente, aber sehr mit der Caritas-Gemeinde verbunden. Albert aus Südtirol lebt in St. Pölten. Er kam als Priester in die Fraternität und steht nach Ende seiner Arbeitszeit als Briefträger einem ehemaligen Mitbruder, der unheilbar krank ist, und dessen Familie bei.
Wie stärken die Kleinen Brüder Jesu ihre kleine Gemeinschaft? „Mit Albert feiern wir von Zeit zu Zeit Eucharistie. Und regelmäßig suchen wir unsere Einsiedelei auf, um die Freundschaft mit Jesus zu suchen und zu vertiefen“, berichtet Hartl. Beide Orte sind einfach und schlicht gestaltet wie das Leben der Kleinen Brüder Jesu. In das alltägliche Leben der Menschen mit ihren Nöten, Freuden und Sorgen wie Jesus in Nazaret eintauchen und es vertrauend und betend vor Gott tragen. Darin besteht die Spiritualität der Kleinen Brüder Jesu, wie sie Charles de Foucauld (+ 1916) im Herzen der Sahara inmitten des muslimischen Volkes der Tuareg vorgelebt hat. 2005 wurde er seliggesprochen. Klein werden, leer werden, damit die Freundschaft mit Gott ihn prägen und erfüllen kann: Dadurch wurde er zum Wegweiser für die geistliche Familie, die nach seinem Tod entstand, bestehend aus Laien-, Ordens- und Priestergemeinschaften. 172 Kleine Brüder Jesu gibt es weltweit, die mitten in der Welt unter armen und kleinen Leuten leben. „Früher wurden wir als so etwas wie alternative Ordensleute wahrgenommen. Jetzt eher als individuelle Personen, die aus dem Evangelium heraus leben“, sagt Hartl. Er ist realistisch, was die Zukunft der Gemeinschaft betrifft: „Die Chancen, dass wir wieder zahlreicher werden, sind gering. Trotzdem bin ich noch immer unendlich glücklich über diese Berufung, als Kleiner Bruder Jesu zu leben.“
Quelle: Ordensnachrichten |
Die "Kleinen Brüder Jesu" leiten ihre spirituelle Herkunft von Charles de Foucauld (1858 -1916) ab. Foucauld lernte bei einer "Erkundungsreise durch Marokko" 1883/84 fromme Muslime kennen, die ihn nachhaltig beeindruckten. Im Kontakt mit tiefgläubigen Familienangehörigen und durch die Weisheit eines Priesters fand er zum katholischen Glauben seiner Kindheit zurück. Nach sieben Jahren als Trappistenmönch in Syrien und drei Jahren als Eremit in Palästina wurde er 1901 zum Priester geweiht. Da ihm der Zugang zu Marokko verwehrt blieb, baute er am Nordrand der Sahara ein Klösterchen und stellte sich in den Dienst der bunten einheimischen Bevölkerung. Es drängte ihn, dorthin zu gehen, wo das Evangelium noch unbekannt war. So ließ er sich 1905 beim Nomadenvolk der Tuareg im Hoggargebirge nieder. Hier konnte er sein Ideal, Jesus in seinem Leben von Nazaret nachzufolgen, ganz verwirklichen, indem er suchte, ein Bruder und Freund des der einheimischen Bevölkerung zu werden. In den Wirren des 1. Weltkriegs wurde er am Abend des 1. Dezember 1916 im Zuge eines Überfalls in Tamanrasset erschossen. Der Todestag ist gleichzeitig sein Gedenktag. Foucauld wurde 2005 seliggesprochen.
Durch fünf französische Priester, darunter René Voillaume, wurde auf Grundlage der Ideen Foucaulds 1933 die Gemeinschaft der "Kleinen Brüder Jesu" gegründet und 1936 als Diözesankongregation anerkannt. Bis 1947 lebten die Brüder ein klösterliches Leben am Nordrand der Sahara. Dann begannen sie, sich in den Arbeitervierteln der modernen Städte und in den Slums der Dritten Welt als kleine Gemeinschaften, meist in Mietswohnungen, anzusiedeln. Bis heute leben sie ihr kontemplatives Leben unter einfachen Verhältnissen und verdienen ihren Lebensunterhalt als Arbeiter in Fabriken, auf dem Bau oder in der Landwirtschaft. Die Priester der Gemeinschaft unterscheiden sich von den anderen Mitgliedern weder durch einen besonderen Lebensstil oder Aufgabenbereich noch durch die Ausbildung oder ein größeres Maß an Autorität. Ihr speziell priesterlicher Dienst besteht darin, innerhalb der Gemeinschaft die Eucharistiefeier zu ermöglichen. In Österreich leben brüder in Wien und in St. Pölten.
(Foto: Mitglieder der Kleinen Brüder Jesu und der Kleinen Brüder vom Evangelium)