Lebenskunst
19.1. | 07:05 | Ö1
LEBENSKUNST – Begegnungen am Sonntagmorgen, 19. Jänner 2025, 7.05-8.00, Ö1
Jerusalem, Vermählte Gottes – Aspekte der Bibel
(Jesaja 62, 1-5)
Hoffnung und Zuversicht sollen den aus dem Babylonischen Exil nach Jerusalem zurückgekehrten Jüdinnen und Juden zugesprochen werden. Die Gewissheit des Autors, dass Gott Jerusalem als seine Braut erwählt hat, drückt das im Besonderen aus. Davon erzählt ein im 6. Jahrhundert vC verfasster Text aus dem alttestamentlichen Jesajabuch. Er wird am Sonntag, 19. Jänner, in katholischen Gottesdiensten gelesen. Der katholische Theologe und Judaist Gerhard Langer meint, auch das ist Aufgabe der rund um den „Tag des Judentums“, am 17. Jänner, bekundeten Solidarität der christlichen Kirchen mit dem Judentum: etwas von der Weisheit des Judentums, von seinen vielfältigen Schätzen, an jene weiterzugeben, die sie (noch) nicht kennen und (noch) nicht zu würdigen wissen.
„Aus Sternen geboren“ – Ernesto Cardenal zum 100. Geburtstag
Auch er hat sich intensiv mit der Bibel beschäftigt, hat viele Stellen neu und literarisch übersetzt: Der bekannte lateinamerikanische Befreiungstheologe, Revolutionär und Dichter Ernesto Cardenal (20.1.1925 – 1.3.2020) wäre am 20. Jänner 100 Jahre alt geworden und war noch mit 87 Jahren in Wien zu Gast. Und zwar, um sein Gesamtwerk „Aus Sternen geboren“ zu präsentieren. Bei seinen zwei Auftritten hat der suspendierte katholische Priester aus Nicaragua neuere und ältere Gedichte gelesen, über biblische Texte als politisches Instrument – und über die Beziehung zwischen Kunst und Religionsfreiheit gesprochen. Kerstin Tretina, damals seit Kurzem Redaktionsmitglied von „ORF Religion im Radio“, hat 2013 darüber berichtet. Zum Wiederhören: ein poetischer Kämpfer, der allem Anschein nach langsamer geworden war, aber nicht müde.
Leben mit einer schweren Last – Wie Rituale helfen können
Seit Anfang Jänner stellen wir in LEBENSKUNST in einer Reihe verschiedene Rituale unterschiedlicher Menschen vor, Zeremonien, die stärken können, Übergänge, Neuanfänge, Abschiede … zu bewältigen. Am 19. Jänner geht es um ein Ritual, das helfen soll, die Trauer um ein totgeborenes Kind, ein sogenanntes „Sternenkind“, artikulieren und damit umgehen zu können. Manuela Schwabe, selbst Trauerbegleiterin und Mutter zweier Sternenkinder, koordiniert das Caritas-Hospizteam Amstetten. Sie hat ein besonderes Ritual entwickelt, das sie Victoria Schwendenwein und Lena Göbl gezeigt hat.
Heiliges Blut – Zwei Theologen und die Aufarbeitung judenfeindlicher Kunstwerke in Kärnten
Weil das Christentum von seinem Selbstverständnis her wesentlich mit dem Judentum verbunden ist, hat der Ökumenische Rat der verschiedenen Kirchen in Österreich vor 25 Jahren den 17. Jänner als Gedenktag im Kirchenjahr eingeführt. An diesem „Tag des Judentums“ sollen sich Christinnen und Christen in besonderer Weise ihrer Wurzeln im Judentum und auch ihrer Weggemeinschaft mit Jüdinnen und Juden bewusst werden. Zugleich soll das Unrecht an jüdischen Menschen und ihrem Glauben in der Geschichte thematisiert werden. In dem Zusammenhang haben es sich die beiden katholischen Theologen Michael Kapeller und Klaus Einspieler aus Kärnten zur Aufgabe gemacht, judenfeindliche Kunstwerke in Kärntner Kirchen theologisch aufzuarbeiten. Nach Eberndorf, Thörl-Maglern und Millstatt befassen sie sich in diesem Jahr mit zwei Kunstwerken in Heiligenblut am Großglockner: Eines befindet sich in der sogenannten Bricciuskapelle – und eines in der berühmten Pfarrkirche von Heiligenblut. Der Legende nach wurde der dänische Soldat Briccius im Jahr 914 an der Stelle der heutigen Bricciuskapelle beim Versuch einer Alpenüberquerung von einer Lawine verschüttet. Er soll eine Ampulle mit dem Blut Jesu mit sich geführt haben, das aus einem Bildnis des Gekreuzigten in der Sophienkirche von Konstantinopel geflossen sein soll. Der Leichnam des Soldaten und die Ampulle mit dem Blut wurden von Bauern gefunden; das „Heilige Blut“ wird seitdem in der Pfarrkirche von Heiligenblut aufbewahrt. Judenfeindlich an der Legende ist, dass, einem Überlieferungsstrang zufolge, ein Jude in das Bild des Gekreuzigten gestochen haben und dadurch das Blut herausgeflossen sein soll. Michael Kapeller und Klaus Einspieler klären auf und führen in ein, wie Bischof Egon Kapellari es einst ausgedrückt hat, „gefährlich schönes Land“.
Sich bewusst in andere Menschen hineindenken – Kardinal Schönborn über die Lebenskunst „Mitgefühl und Vertrauen“
Dass Christoph Kardinal Schönborn am kommenden Mittwoch, 22.1., 80 wird, dürfte weitgehend bekannt sein. Weniger vielleicht, dass einer der Lehrer des katholische Priesters und Dominikanermönchs der weltbekannte Psychiater und Therapeut Viktor Frankl war. Kardinal Schönborn bezieht sich auf Frankl, wenn er sagt, es gilt, im Leben einen Sinn zu finden; und dieser Sinn steckt auch im Mit-Leiden. Durch das Pflegen des Mitgefühls wird lebensnotwendiges Vertrauen gestärkt. Knapp 30 Jahre lang war Kardinal Schönborn Erzbischof von Wien. Am Samstag, 18. Jänner, lädt die Erzdiözese Wien zu einem großen Dankfest für ihren scheidenden Erzbischof in den Stephansdom. In LEBENSKUNST ist Christoph Schönborn noch einmal mit einer seiner wesentlichen Botschaften zu hören.
Redaktion & Moderation: Doris Appel