Lebenskunst
5./6.1. | 07:05 | Ö1
LEBENSKUNST – Begegnungen am Sonntagmorgen, 5. Jänner 2025, 7.05-8.00, Ö1
Gelassenheit und Kraft für ein ganzes Jahr – Aspekte der Bibel (1. Johannesbrief 5,11-13)
Für den Landessuperintendenten der evangelisch-reformierten Kirche in Österreich, Thomas Hennefeld, bringt es der an der Wende vom 1. zum 2. Jahrhundert verfasste 1. Johannesbrief auf den Punkt. Die theologische Abhandlung, die der Brief eigentlich ist, findet sich im Neuen Testament der Bibel, und ein Abschnitt daraus wird am Sonntag, 5. Jänner, in evangelischen Gottesdiensten gelesen. In dem Text geht es um nichts weniger als das ewige Leben. Thomas Hennefeld hält das durchaus für möglich und bekennt, daran zu glauben, „in der Liebe des barmherzigen Gottes auf ewig geborgen“ zu sein, „hier auf der Erde und jenseits der Zeit“. Diese Erkenntnis schenke ihm Gelassenheit und Kraft für ein ganzes Jahr.
Gentleman-Katholik mit Rockstar-Ausstrahlung – Johannes Hartl und seine Mission
Tausende junge Menschen werden von 3. bis 6. Jänner bei einem großen religiösen Jugendfestival mit dem Titel „Zimzum“ in Bayern, in den Augsburger Messehallen, erwartet. Initiiert wurde das Happening unter anderem von dem katholischen Theologen und Philosophen Johannes Hartl, der mit seiner Frau Jutta Hartl das interkonfessionelle Gebetshaus Augsburg aufgebaut hat und in dessen Leitungsteam ist. Täglich vertieft sich Johannes Hartl vier Stunden ins Gebet. Auf Instagram verteilt der Vater von vier Kindern praktische Lebens-Tipps für junge Menschen. So rät er Männern, sich gentlemanlike zu verhalten. Was ihn darüber hinaus bewegt, haben Christina Höfferer und Markus Zimmermann bei einem seiner christlichen Mega-Events in Augsburg erkundet.
Sinnstiftend feiern: Rituale helfen leben – Versöhnung auf alevitisch
Die großen und kleinen Ereignisse des Lebens verlangen danach, begangen und nicht etwa übergangen zu werden. Dabei können Rituale helfen, Lebenserfahrungen zu vertiefen und Veränderungen, die das Leben mit sich bringt, zu unterstützen und sinnerfüllt zu vollziehen. In Lebenskunst beginnt am ersten Sonntag im Neuen Jahr eine Reihe, die Rituale vorstellt: Zeremonien, die verschiedene Menschen unterschiedlicher Religionen, Konfessionen und Weltanschauungen durchführen. Den Anfang macht das Ritual „Einvernehmen einholen“, ein Versöhnungsritual, das im Cem-Haus von Alevitinnen und Aleviten begangen wird. Viele Aleviten, nicht zu verwechseln mit Alawiten, viele Aleviten verstehen sich – mit Ausnahme der Frei-Aleviten – als eine liberale Strömung im Islam. Ihr Name bezieht sich auf Muhamads Cousin und Schwiegersohn Ali, den sie als rechtmäßigen Nachfolger sehen. (Für Sunniten beispielsweise gilt Abu Bakr als rechtmäßiger Nachfolger.) Lena Göbl hat sich in einem Cem-Haus in Wien darüber informiert, wie bei dieser Gruppe von Alevitinnen und Aleviten das Versöhnungsritual praktiziert wird, wie Schlechtes „weggekehrt“ und gereinigt und mit drei Kerzen „das Licht Gottes erweckt“ wird.
Ein großes und wunderbares Geheimnis – Armenische Weihnachten
Rituale begleiten auch die Weihnachtsfeierlichkeiten armenischer und armenisch-apostolischer Christinnen und Christen, die ihren Höhepunkt am 5. und 6. Jänner haben. Dabei werden Geburt und Taufe des als Christus verehrten Jesus aus Nazareth gefeiert. Ihren „Heiligen Abend“ zelebrieren armenische Christinnen und Christen am 5. Jänner mit einem besonderen Gottesdienst nach Sonnenuntergang. In der darauffolgenden Nacht brennt in den Häusern eine Öllampe, die an den Stern erinnert, der laut Überlieferung in der Nacht der Geburt von Jesus geleuchtet hat. Und sie erinnert auch an die im Evangelium überlieferten Worte Jesu: „Ich bin das Licht der Welt“. Nach dem Festgottesdienst am 6. Jänner findet noch die traditionelle Wasserweihe statt, im Gedenken an die Taufe des erwachsenen Jesus durch Johannes den Täufer. Insgesamt dauert das Weihnachtsfest acht Tage – bis zum 13. Jänner. In dieser Zeit wird bei den Feiern das armenische Weihnachtslied „O großes und wunderbares Geheimnis“ gesungen und mit den Worten „Christus ist geboren und erschienen“ gegrüßt. Was freilich den Bogen zur Westkirche schließt, wo auch am 6. Jänner Epiphanie, „Erscheinung des Herrn“, gefeiert wird. Ein großer Kenner Armeniens, seiner Menschen und ihrer Sprache, ist der Übersetzer und Autor Herbert Maurer. Für Lebenskunst hat er seine Gedanken zum armenischen Weihnachtsfest publiziert und meint: „Architektur, Text und Musik sind – nicht nur aber auch für die Armenier – das harmonische Programm einer Überlebensgeschichte, die ja für viele – am Tag der ,Erscheinung’ – eine weihnachtliche Heilsgeschichte ist.“
Moderation: Brigitte Krautgartner
Redaktion: Doris Appel
LEBENSKUNST – Begegnungen am Sonntagmorgen, 6. Jänner 2025, 7.05-8.00, Ö1
Besuch beim Hirten Israels – Aspekte der Bibel
(Matthäus 2, 1-12)
„Epiphanie“ wird in der Religionswissenschaft die Erscheinung einer Gottheit genannt. In den christlichen Kirchen weist das Fest „Epiphanias“ oder „Epiphanie“ am 6. Jänner auf das Offenbarwerden der menschlichen Gegenwart Gottes in der Person des als Christus, als Messias, verehrten Jesus aus Nazareth hin. Seine Geburt und eben Epiphanie wurden ursprünglich am 6. Jänner gefeiert, in der armenisch-apostolischen Kirche ist das bis heute der Fall. In der Westkirche wird in Gottesdiensten am 6. Jänner die biblische Erzählung vom Besuch der weitgereisten Weisen beim neugeborenen „König der Juden“ gelesen, beim „Hirten meines Volkes Israel“, wie es heißt. Die Erzählung findet sich ausschließlich im Matthäusevangelium. Doch die Fantasie hat sich wie ein Nebel über den Text gelegt, hat aus den Weisen drei Heilige Könige gemacht und zu Spekulationen über Sternkonstellationen veranlasst. Martin Jäggle, katholischer Theologe, Religionspädagoge und Präsident des Koordinierungsausschusses für christlich-jüdische Zusammenarbeit, ruft dazu auf, sich nicht vernebeln zu lassen und die eigentliche Friedensbotschaft zu erkennen.
Erinnerungen an Haile Selassie – 70 Jahre nach seinem denkwürdigen Besuch in Wien
In Äthiopien wird Weihnachten noch am 6. Jänner gefeiert, das ist der sogenannte Heilige Abend der äthiopisch-orthodoxen Kirche; der 7. Jänner dann der erste Weihnachtsfeiertag. Äthiopisch-orthodoxer Christ, das ist auch Prinz Asfa-Wossen Asserate, ein Großneffe des legendären Kaisers von Äthiopien, Haile Selassie. Prinz Asserate, der seit 1968 in Deutschland lebt und Bestsellerautor, Unternehmensberater sowie politischer Analyst ist, wandelte vor Kurzem auf den Spuren seines Großonkels in Wien, an den man sich mit Feierlichkeiten inklusive Gottesdienst im Wiener Stephansdom erinnert hat: Vor 70 Jahren, Ende 1954, war Kaiser Haile Selassie auf Besuch in Wien und brachte bei der Gelegenheit eine beachtliche Geldspende aus dem damals prosperierenden Äthiopien für die vom Zweiten Weltkrieg immer noch zerstörte Stadt mit. Großes Aufsehen herrschte, galt – und gilt – Haile Selassie doch als direkter Nachfolger des biblischen Königs David und soll aus dessen Verbindung mit der Königin von Saba hervorgegangen sein. Darauf beruft sich auch die Bewegung der Rastafari, die viele christliche, besonders aber alttestamentliche Bezüge aufweist, und die Befreiung der Schwarzen analog zur Befreiung des Volkes Israel aus der Knechtschaft in Ägypten sieht. Gundi Lamprecht war bei den Erinnerungsfeierlichkeiten dabei.
Sinnstiftend feiern: Rituale helfen leben – Mother Blessing
Die großen und kleinen Ereignisse des Lebens verlangen danach, begangen und nicht etwa übergangen zu werden. Dabei können Rituale helfen, Lebenserfahrungen zu vertiefen und Veränderungen, die das Leben mit sich bringt, zu unterstützen und sinnerfüllt zu vollziehen. In LEBENSKUNST beginnt mit Anfang Jänner eine Reihe, die Rituale vorstellt: Zeremonien, die verschiedene Menschen unterschiedlicher Religionen, Konfessionen und Weltanschauungen durchführen. Am sozusagen letzten Tag des Festes einer „göttlichen Geburt“ geht es um „Mother Blessing“, um Segen und Stärkung für werdende Mütter. Victoria Schwendenwein berichtet von einem Ritual im Frauenkreis, vom Kraft-Tanken einer werdenden Mutter.
80 Jahre Kriegsende – Neubeginn der Caritas, beschrieben von Franz Küberl
Das Neue Jahr 2025 ist auch ein Erinnerungsjahr: besonders in Zusammenhang mit den letzten Gräueltaten der NS-Herrschaft, dem Ende des Zweiten Weltkriegs und dem Neubeginn. In Österreich sind 1945, also vor 80 Jahren, viele Einrichtungen neu erstanden oder gestärkt worden, darunter auch die katholische Hilfs- und Sozialorganisation „Caritas“. „Von der Kriegs- zur Friedenscaritas. Ihre Pionierarbeit in Österreich 1945 – 1951“ hat der langjährige Caritaspräsident Franz Küberl sein jüngstes Buch genannt. Franz Küberl, geboren 1953 in Graz, war von 1995 bis 2013 Präsident der Caritas Österreich und von 1994 bis 2016 Direktor der steirischen Teilorganisation der Caritas. Lisa Ganglbaur hat ihn besucht und mit ihm über Vergangenes und Zukünftiges gesprochen.
Franz Küberl: „Von der Kriegs- zur Friedenscaritas. Ihre Pionierarbeit in Österreich 1945-1951“, Wagner Verlag
Redaktion & Moderation: Doris Appel