Lebenskunst
22.9. | 07:05 | Ö1
LEBENSKUNST – Begegnungen am Sonntagmorgen, 22. September 2024, 7.05-8.00, Ö1
1. Nach den Regenfluten – Telefonseelsorge gefordert
Jedes zweite Telefonat mit der „Telefonseelsorge“ in Österreich handelt dieser Tage von den Überschwemmungen und deren Folgen, wie die Erzdiözese Wien auf ihrer Website berichtet. „Wir sind rund um die Uhr für alle da, die einen Menschen brauchen, der ihnen zuhört und die Sorgen und Nöte mit ihnen teilt“, versichert Carola Hochhauser, die evangelische Leiterin der Telefonseelsorge Wien. Die österreichweite Organisation steht als Erstanlaufstelle bei Krisen kostenlos für jede und jeden zur Verfügung – unter der Notrufnummer 142, per Chat oder Mail. Trägerinnen sind die römisch-katholische Kirche und die evangelischen Kirchen, in Vorarlberg ein privater Verein.
2. Großes aus kleinen Anfängen – Aspekte der Bibel
(Markus 9, 30-37)
„Und er stellte ein Kind in ihre Mitte, nahm es in seine Arme und sagte zu ihnen: Wer ein solches Kind in meinem Namen aufnimmt, der nimmt mich auf; und wer mich aufnimmt, der nimmt nicht nur mich auf, sondern den, der mich gesandt hat.“ Diese – Jesus von Nazareth zugeschriebenen – Worte finden sich im Markusevangelium, in einer jener Bibelstellen, die für katholische Gottesdienste am 22. September vorgesehen sind. Für den katholischen Theologen und Judaisten Wolfgang Treitler sind sie von Bedeutung, denn „Großes, das überdauert, wächst immer aus kleinen Anfängen und aus der Stille hervor und schreit nicht herum.“
3. Hineni: Hier bin ich – Gedanken zu den „Stories of Isaac“ bei Leonard Cohen
Auch das ist eine biblische – und sogar noch weit ältere – Erzählung, niedergeschrieben etwa um das Jahr 500 vor Christus: Abraham, als Stammvater von Judentum, Christentum und Islam verehrt, soll sich bewähren in einer dunklen, ausweglosen Situation. Und er folgt damit einer Stimme, die er vielleicht nicht sogleich versteht. Später wird es ihm klar, der Gott der Bibel möchte kein Menschenopfer, Abraham soll seinen Sohn Isaak nicht opfern. Der Abschnitt aus der Genesis, dem ersten Buch der Hebräischen Bibel, des Alten oder Ersten Testaments, ist ein Mythos, der für Judentum, Christentum und Islam von Gewicht ist. Er wird mit großen, ernsten Feiertagen wie dem jüdischen Versöhnungstag Jom Kippur, dem muslimischen Opferfest und der christlichen vorösterlichen Fastenzeit in Verbindung gebracht. Neben vielem anderen kann der Text als Überwindung des Todes gedeutet werden und als Zeichen für Gottvertrauen. Der vor 90 Jahren in eine orthodoxe jüdische Familie geborene weltberühmte Singer-Songwriter Leonard Cohen (1934-2016) hat der Geschichte Lieder wie „Story of Isaac“ und „Hineni – You Want It Darker“ gewidmet. Gedanken dazu vom katholischen Theologen und Präsidenten des Koordinierungsausschusses für christlich-jüdische Zusammenarbeit, Martin Jäggle.
4. Zum 90. Geburtstag des Vielgeliebten – Cohen und Klezmer
Religion – oder besser: Religionen – haben eine große Rolle in seiner Musik und in seinen Texten gespielt. Am 21. September wäre der spirituell sensible Singer-Songwriter Leonard Cohen 90 Jahre alt geworden. 2016 ist der Kanadier gestorben. Sein Wirken hindurch hat er aus dem reichen Fundus seiner eigenen Religion geschöpft, besonders auch gegen Ende seines Lebens. Darüber hinaus hat er christliche Motive aufgegriffen sowie jahrelang in einem buddhistischen Zen-Kloster gelebt, unter anderem im Bezirk Scheibbs in Niederösterreich. Geboren wurde Leonard Cohen am 21. September 1934 in Québec. Ein Großvater war Rabbiner, der andere Gründungspräsident des „Canadian Jewish Congress“. Und sein Name, „Kohen“, deutet auf Vorfahren in der Antike hin, die jüdische Tempelpriester waren. Schon im Juni wurde Leonard Cohen im Rahmen der „Jewish Weekends“ in der frisch renovierten Ehemaligen Synagoge in St. Pölten gewürdigt: Die Formation „Klezzfour“ hat einige seiner Lieder in Klezmer-Musik verwandelt. Maria Harmer war bei der Uraufführung und hat mit den Verantwortlichen Johann Kneihs und Benjy Fox-Rosen gesprochen.
5. Das grüne Herz von Favoriten – Friedhof und Gemeinde rund um die evangelische Christuskirche
Die Gemeinde feiert dieser Tage ihr 100-Jahr-Jubiläum, der Bezirk, in dem sie angesiedelt ist, begeht heuer sein 150-jähriges Bestehen: Favoriten. Quasi am innerstädtischen Rand von Wien, gleich beim „Gürtel“ und von der Schnellbahn aus deutlich sichtbar, erhebt sich die charakteristische Architektur der evangelischen Christuskirche. Ringstraßenarchitekt Theophil Hansen hat hier – jenseits des Wiener Stadtkerns – eine Kirche erbaut. Sie war ursprünglich nicht mehr als die Kapelle eines kulturhistorisch bis heute äußerst faszinierenden Friedhofs. Brigitte Krautgartner hat Kirche und Friedhof in Begleitung des Kulturanthropologen David Weiss besucht, der Kurator und Lektor in der evangelischen Gemeinde der Christuskirche ist.
Redaktion & Moderation: Doris Appel