Lebenskunst
15.9. | 07:05 | Ö1
LEBENSKUNST – Begegnungen am Sonntagmorgen, 15. September 2024, 7.05-8.00, Ö1
1. Mein Gesicht verbarg ich nicht – Aspekte der Bibel
(Jesaja 50, 5-9a)
Ein sogenannter Gottesknecht spricht in einem jener biblischen Texte, die für 15. September in katholischen Gottesdiensten vorgesehen sind. Der Text aus dem Jesajabuch stammt aus dem 6. Jahrhundert vCh, nachdem der babylonische König Nebukadnezar II. Jerusalem erobert, den Tempel zerstört und die oberste Gesellschaftsschicht nach Babylon deportiert hatte. Das sprechende Ich wird für seinen Glauben angefeindet und gefoltert, hält aber trotzdem standhaft an seinem Glauben fest und bleibt seiner Botschaft treu. Für Elisabeth Birnbaum, Theologin und Direktorin des Österreichischen Katholischen Bibelwerks, ein auch persönlich bewegender Text: „Es macht mich dankbar, dass jemand die Kraft findet, so etwas zu überstehen und darüber zu sprechen – bekanntlich der erste Schritt, das Trauma zu überwinden.“
2. Was glaubt Österreich? – Ich bin evangelisch
Es ist so weit. Der 16. junge Erwachsene aus den insgesamt 16 in Österreich gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften („von alevitisch bis syrisch-orthodox“) kommt in den LEBENSKUNST-Sommerreprisen über seine spirituelle Heimat zu Wort. Es ist der 22-jährige Student der evangelischen Theologie, Lukas Hauser, aus Treffen am Ossiacher See. Mit ihm findet die Reihe unter dem Motto „Was glaubt Österreich? Junge Menschen unter 30 erzählen“ ihren Abschluss. Lena Göbl hat die Audioporträts gestaltet.
https://religion.orf.at/wasglaubtoesterreich
https://www.oesterreich.gv.at/themen/gesetze_und_recht/religionsausuebung/3/Seite.820015.html
3. Verantwortung darf nicht delegiert werden – Erinnerung an Friedrich Schorlemmer
Evangelisch, das war auch er – und man möchte hinzufügen „und wie“: Friedrich Schorlemmer. Der kritische Protestant und Theologe, Menschenrechts- Friedens- und Umweltaktivist, der zahlreicher Bücher und Essays verfasst hat, ist am Montag 80-jährig gestorben. Er war seit wenigen Jahren an Lewy-Body-Demenz erkrankt.
„Lasset die Geister aufeinanderprallen, aber die Fäuste haltet still“, dieses Luther-Zitat hat Friedrich Schorlemmer am 4. November 1989, kurz vor dem Mauerfall, hunderttausenden Zuhörenden bei einer Großdemonstration in Ost-Berlin zugerufen. Er, seine Geschwister und Kinder waren wie andere Pfarrerskinder in der DDR „Kinder der Opposition“. Geboren wurde Friedrich Schorlemmer am 16. Mai 1944 und wuchs in der Altmark auf. Seit seiner Studienzeit an der Universität Halle Ende der 1960er Jahre wurde er von der „Staatssicherheit“ der DDR überwacht. Nach seiner Tätigkeit als Studentenpfarrer in Merseburg wurde er 1978 Dozent am Evangelischen Predigerseminar sowie Pfarrer in Wittenberg. 1983 ließ er mit seiner Friedensgruppe ein Schwert zu einer Pflugschar umschmieden, gemäß der Prophezeiung im alttestamentlichen Buch Micha: „Sie werden ihre Schwerter zu Pflugscharen und ihre Spieße zu Sicheln machen. Kein Volk wird gegen das andere das Schwert erheben, und sie werden fortan nicht mehr lernen, Krieg zu führen.“ Auch nach der Wiedervereinigung Deutschlands mischte sich Friedrich Schorlemmer engagiert in die politische Diskussion innerhalb und außerhalb des Landes ein. Zahlreiche Auszeichnungen ehren ihn.
4. Die verbleibende Zeit veredeln – Arnold Mettnitzer über das Altwerden
Das Ticken der großen Pendeluhr in seiner Praxis erinnert den erfahrenen Psychotherapeuten und Seelsorger daran, dass die menschliche Lebenszeit endlich ist. Doch statt düsteren Gedanken nachzuhängen, ruft Arnold Mettnitzer dazu auf, die verbleibende Zeit bestmöglich zu nutzen, sie „zu veredeln“. Was ihn wirksame Menschen wie Albert Schweitzer oder ein Shaolin-Großmeister diesbezüglich gelehrt haben und welchen Stellenwert Dankbarkeit, Staunen sowie körperliche und geistige Aktivität einnehmen, das hat er Maria Harmer erzählt. Arnold Mettnitzer: Die Veredelung der Zeit. Eine Liebeserklärung ans Älterwerden (Kneipp-Verlag)
5. Die Kraft der Musik für sich erschließen – Musikalische Vielfalt bei Ingrun Fussenegger
Sie ist mit Leib und Seele Musikerin, und ihre Lehrmeister waren unter anderem Erwin Ortner, Peter Planyavsky, Eric Ericson, Ton Koopman und Philippe Herreweghe: die 1963 in Vorarlberg geborene Ingrun Fussenegger. Von 1998 bis 2001 war sie als Domkapellmeisterin in Feldkirch tätig und auch Kirchenmusikreferentin der katholischen Diözese. 2004 hat sie sich habilitiert und war bis zu ihrer Pensionierung Professorin für Chor- und Ensembleleitung an der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien. Von der Kraft der Musik versteht sie also eine ganze Menge – und so hat es auch viel Gesprächsstoff gegeben, als Brigitte Krautgartner mit ihr über dieses Thema gesprochen hat.
Moderation: Martin Gross
Redaktion: Doris Appel