Lebenskunst
14.1. | 07:05 | Ö1
Wie radikal soll Nachfolge sein? – Bibelessay zu Johannes 1, 35-42
Der für 14. Jänner in katholischen Gottesdiensten vorgesehene Evangeliumsabschnitt stimmt den Theologen und Judaisten Gerhard Langer nachdenklich. An der Oberfläche handelt es von der Nachfolge Jesu durch zwei seiner wichtigen Jünger, Andreas und Petrus. Sieht man näher hin, so geht es vor allem um die Radikalität dieser Nachfolge. Und wenn der Autor des gegen Ende des ersten Jahrhunderts verfassten Johannesevangeliums von Jesus aus Nazareth als „Lamm Gottes“ (lateinisch: „Agnus Dei“) spricht, dann betreibt er eine besondere Theologie: Nach Ansicht des Evangelisten ist Jesus an dem Tag gekreuzigt worden, an dem die Lämmer für das jüdische Pessach-Fest geschlachtet wurden. Doch nicht nur Jesus, auch seine Jünger Andreas und Petrus sind später der Überlieferung zufolge gekreuzigt worden. Anlass für Gerhard Langer, über die Grenze zwischen Radikalität und Fanatismus nachzudenken.
Auch wenn ich gehe im finsteren Tal – Musik und Gedanken zu Psalm 23
Weniger vom Lamm als vom „Guten Hirten“ ist im oft zitierten Psalm 23 die Rede, der in Judentum wie Christentum gebetet wird und Zuversicht und Hoffnung ausdrückt. Dabei wird die Erfahrung von dunklen Tälern, von unheilsamen Ereignissen, nicht ausgespart: Erfahrungen, die das Leben mit sich bringt. Ein Komponist, der das besonders eindrücklich hörbar macht, ist der aus einer jüdisch-christlichen Familie kommende und 1871 in Wien geborene Alexander Zemlinsky. Der Musiker und Theologe Georg Schaberger schätzt Zemlinskys Vertonung von Psalm 23: „Durch Schmerz und Tod erlebt der betende Mensch, da ist jemand an meiner Seite.“ Georg Schaberger ist Gesangspädagoge beim Verein „Superar“, dessen Ziel „kostenlose Musikförderung für jedes Kind“ ist.
Was glaubt Österreich? – Samuel Ergen, 25, syrisch-orthodoxer Christ
Woran glauben Menschen in Österreich? Was gibt ihnen Halt, und wo finden sie Sinn? Die multimediale Religions- und Ethikabteilung des ORF möchte mit dem Projekt „Was glaubt Österreich?“ diesen Fragen auf den Grund gehen und spricht in Kooperation mit dem Forschungszentrum „Religion and Transformation in Contemporary Society“ an der Universität Wien mit Menschen im ganzen Land darüber, was für sie im Leben wirklich zählt. Mitte des Jahres wird eine repräsentative Studie der Universität Wien vorliegen, die Auskunft darüber gibt, was die Wert- und Glaubensvorstellungen der Menschen in Österreich charakterisiert und wie sie mit den großen gesellschaftlichen Entwicklungen umgehen. In LEBENSKUNST sind es junge Menschen unter 30 aus den 16 in Österreich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften, die über ihre spirituelle Heimat erzählen. Am 14. Jänner kommt der 25-jährige syrisch-orthodoxe Theologiestudent Samuel Ergen zu Wort. Lena Göbl hat das Porträt gestaltet.
Vorkämpfer für einen liberalen Islam – Abdel-Hakim Ourghi
Er gilt als mittlerweile prominenter, aber nicht unumstrittener Vorkämpfer eines liberalen Islam: Abdel-Hakim Ourghi. Ein friedliches Miteinander der Kulturen und Religionen sei nur möglich, wenn Musliminnen und Muslime kritisch ihre Geschichte aufarbeiten, so eine seiner zentralen Forderungen. Ourghi wurde 1968 in Algerien geboren und ist in einer sehr religiösen muslimischen Familie aufgewachsen. Der Bürgerkrieg zwang ihn 1992 zur Flucht nach Deutschland. In Freiburg im Breisgau begann er seine Studienzeit. Heute leitet er dort an der Pädagogischen Hochschule den Studiengang für Islamische Religionspädagogik. Marcus Marschalek hat den Islamwissenschaftler in Freiburg besucht und mit ihm, in Anbetracht des Terrorüberfalls der Hamas auf Israel und des daraus resultierenden Kriegs, über „Juden im Koran” gesprochen. „Ein Zerrbild mit fatalen Folgen”, wie Ourghi meint. Und so hat er auch sein jüngstes Buch genannt.
Redaktion & Moderation: Doris Appel