Lebenskunst
20.8.| 07:05 | Ö1
Lebenskunst – Begegnungen am Sonntagmorgen, 20. August 2023, 7.05-8.00, Ö1
Messias für Nichtjuden – Bibelessay zu Matthäus 15, 21-28
Es ist eine Nichtjüdin, eine damals sogenannte „Heidin“, die sich verzweifelt an den Wanderprediger Jesus von Nazareth wendet, und ihn um Hilfe für ihre Tochter bittet. Unter anderem im Matthäus-Evangelium findet sich diese Erzählung, der zu entnehmen ist, dass sich Jesus anfangs berufen gefühlt hat, sein Gottesverständnis nur zu Jüdinnen und Juden zu bringen. Das Ereignis verändert seine Haltung. Den katholischen Theologen und Judaisten Wolfgang Treitler erinnert der Bibeltext, der am 20. August in katholischen Gottesdiensten zu hören ist, an seinen Freund, den israelischen Schriftsteller Aharon Appelfeld (1932-2018): „Mit ihm durften meine Familie und ich mitgehen und wir haben erlebt, was wir ohne ihn nicht gefunden hätten: ein entschiedenes und unaufgeregtes Judentum, menschlich erwärmend; einen Schutzraum für alle Lebensstadien und Lebensumstände; und eine einmalige menschliche Nähe. Das hat meinen Glauben und meine Theologie verändert – und auch meinen Blick auf Jesus, der nicht dem Christentum, sondern dem Haus Israel gehört und in Israel zu finden ist.“
Die Perle des Schweigens Gottes finden – Gedanken der Philosophin und Mystikerin Simone Weil
Sie war das Kind einer jüdischen Familie und fühlte sich zu christlicher Mystik hingezogen: Am Donnerstag, dem 24. August, sind es 80 Jahre, dass Simone Weil gestorben ist. Die französische Sozialrevolutionärin mit abgeschlossenem Philosophie-Studium (geboren 1909 in Paris) war erst 34 Jahre alt, als sie 1943 in einem englischen Sanatorium an Tuberkulose starb. Aufgewachsen in einer säkularen, agnostischen jüdischen Familie war Simone Weil gesellschaftlich, politisch und sozialpolitisch engagiert, nahm am Spanischen Bürgerkrieg teil, lebte freiwillig in Armut und versuchte als Arbeiterin durch konkrete Erfahrung, die Arbeit in Industrie und Landwirtschaft zu verstehen. Im Juli 1940 floh sie mit ihren Eltern vor der Gestapo, 1942 gelangte sie über die USA nach England, wo sie Mitglied des Befreiungskomitees von Charles de Gaulle wurde. Zunehmend fühlte sich die Denkerin und Verfasserin zahlreicher Schriften und Briefe zur christlichen Mystik hingezogen und orientierte sich auch an platonischen, buddhistischen und Hindu-Traditionen. Mehr und mehr näherte sie sich dem Katholizismus an, hielt aber daran fest „dass die Vollkommenheit und Liebe Christi“ in den Menschen sein könnten, ohne dass sie der Kirche angehörten. Wenn sie auch die Beschäftigung mit der spanischen Mystik näher an das Judentum heranbrachte und in große Nähe zu sephardischer und chassidischer Weisheit, blieb eine Art christlicher Universalismus das Zentralthema ihrer letzten Lebensjahre. Ähnlich wie der Philosoph Martin Buber von Gottes Stimme „verschwebenden Schweigens“ spricht oder der Schriftsteller und Priester Wilhelm Bruners von „Gottes hauchdünnem Schweigen“, dürfte Simone Weil so etwas wie „die Perle des Schweigens Gottes“ im eigenen Inneren gefunden haben. Zu hören ist ein Ausschnitt aus ihrem Werk „Das Unglück und die Gottesliebe“ (Kösel, 1953), gelesen von Judith Fürst.
Eins werden mit allem – Kriya Yoga, ein Weg der Meditation
Erwachen oder Erleuchtung ist das Ziel, das die Menschen in der Kriya-Yoga-Praxis anstreben. Kriya geht auf das Sanskrit-Wort kri (handeln) zurück und Yoga steht unter anderem für Disziplin. Gemeint sind Handlungen, die durchgeführt werden, um geistige und körperliche Begrenzungen zu beseitigen. Bestimmte Meditationstechniken sollen dazu führen, dass sich die eigene Seele Atman mit der universellen Seele Brahman verbindet und so eins wird mit allem. Zu diesem Ziel kommt der weltweit geschätzte spirituelle Lehrer Paramahamsa Prajnanananda aus Odisha, Indien, immer wieder ins Yoga-Zentrum nach Tattendorf in Niederösterreich, um mit an die 100 Schülerinnen und Schülern zu praktizieren. Gundi Lamprecht war bei einer Zeremonie dabei.
Begegnungen in Nordkenia – Erfahrungen unterwegs
Seit vielen Jahren gibt es die Caritas-Augustsammlung gegen den Hunger. Neben für vom Hochwasser schwer geschädigte Menschen in Österreich und Slowenien sammelt die Caritas Österreich diesmal für die von extremer Dürre (und immer wieder von massiven Wetterkapriolen) hart getroffenen Menschen im Norden Kenias. 90 Prozent des Viehs, die Lebensgrundlage der Menschen dort, sind verendet. Als Marcus Marschalek vor wenigen Wochen Kenia und dortige Partnerorganisationen der Caritas besucht, streikt plötzlich der Geländewagen. Man rät ihm, Anton Mahl zu rufen, denn der katholische Priester ist nicht nur Seelsorger, sondern er rettet auch Autos. In seinem Erstberuf ist Anton Mahl KFZ-Mechaniker. Der gebürtige Bayer, der auch in Wien studiert hat, hat Marcus Marschalek ein Stück des Weges begleitet und ihn unter anderem zu Angehörigen der Ethnie der Gabbra geführt.
Moderation: Karoline Thaler
Redaktion: Doris Appel