Lebenskunst
16.7.| 07:05 | Ö1
LEBENSKUNST – Begegnungen am Sonntagmorgen, 16. Juli 2023, 7.05-8.00, Ö1
Vom vierfachen Ackerfeld - Bibelessay zu Matthäus 13,1-13
„Als Kind, im ländlichen Umfeld aufgewachsen, kannte ich ihn noch, den Sämann, der mit großen Schritten in langen, geraden Linien über das Feld schritt“, erzählt die katholische Theologin und Generalsekretärin der Österreichischen Ordenskonferenz Christine Rod. Im Gleichnis über den Samen, der je nachdem, auf welchen Boden er fällt, mehr oder weniger Früchte bringt oder abstirbt, fühlt sich die Ordensfrau an diesen Sämann erinnert und findet darin einen Vergleich mit der Sehnsucht der Menschen, dass „ihr Wirken Frucht bringen“ möge. Das Gleichnis wird in den drei sogenannten synoptischen Evangelien erwähnt und steht am 15. Sonntag im Jahreskreis in katholischen Gottesdiensten aus dem Matthäusevangelium auf der Leseordnung. Es ist das erste der vier Evangelien im Neuen Testament, um 80 bis 90 nach Christi Geburt entstanden, der Verfasser, der Matthäus genannt wird, stammte vermutlich aus dem judenchristlichen Milieu im syrischen Raum. Wie mit dem Samen, so meint Christine Rod, sei es „nicht egal, wie Menschen Glauben lernen, welche förderliche oder hinderliche oder gleichgültige Lebenskultur sie vorfinden“, auf welchen Boden also dieser Glaube fällt.
„Viel ins Wirtshaus gehen“ – Leopold Städtler: Zeitzeuge, Seelsorger, Brückenbauer
Er hält sich aufrecht, ist schlank und war bis ins hohe Alter passionierter Bergsteiger: der 98-jährige Prälat Leopold Städtler, der älteste römisch-katholische Priester der Steiermark. Als Generalvikar hat er die Ära von Bischof Johann Weber in der Diözese Graz-Seckau entscheidend mitgeprägt. Davor war er 20 Jahre lang im Industriegebiet der Mur-Mürz-Furche als Seelsorger tätig gewesen, wo unter den Arbeiterinnen und Arbeitern noch eine ausgesprochen kirchenfeindliche Stimmung geherrscht hat. Die Erinnerung an den politischen Katholizismus und den Bürgerkrieg 1934 (in dem das Dollfuß-Regime u.a. Gemeindebauten beschoss) war damals noch sehr lebendig – und die katholische Kirche galt vielen schlicht als Vorfeldorganisation der „Christlich-Sozialen“, bzw. der ÖVP. Leopold Städtlers pastorales Motto lautete damals: „Viel ins Wirtshaus gehen“ – denn beim abendlichen Bier kann man mit den Menschen am besten ins Gespräch kommen. Und das ist dem Priester grenzüberschreitend gelungen.
Markus Veinfurter hat ein Zeitzeugengespräch mit Leopold Städtler an der Universität Graz besucht.
Friedliches Nebeneinander – Religiöse Vielfalt in Nordsyrien
Musliminnen und Muslime weltweit können – wenn sie das möchten – gleich zwei Mal im Jahr „Neujahr“ feiern, einmal nach gregorianischem und einmal nach islamischem Kalender. Das islamische Neujahr findet am ersten Tag des Monats Muharram statt, heuer beginnend am Abend vom 18. Juli bis zum Abend vom 19. Juli. An diesem Tag soll der Prophet Muhamad von Mekka nach Medina ausgewandert sein. Und im Gedenken an diese sogenannte Hidschra wurde der 16. Juli 622 als der erste Tag des ersten Jahres und somit als Beginn der islamischen Zeitrechnung bezeichnet. Der Monat Muharram ist generell einer der vier heiligen Monate des Jahres, in denen Konflikte, Streitigkeiten sowie Kriegshandlungen islamisch verboten sind. Eine Region, die massiv von Konflikten und Kriegen gezeichnet war, ist der Norden Syriens. Auch hier wird das islamische Neujahr in diesen Tagen feierlich begangen. Vor noch wenigen Jahren kämpften Kurdinnen und Kurden dort gegen den selbsternannten Islamischen Staat. Durch den Krieg in Syrien entstand im Norden die mehrheitlich von Kurden bewohnte autonome Region, die Rojava genannt wird. Sie wird von den einen als Gebiet der Terrororganisation „PKK“ abgestempelt, von den anderen als Ort der Freiheit und Demokratie inmitten strenger Regime verherrlicht. Und immerhin: Es herrscht Meinungs- und Religionsfreiheit, und die Todesstrafe ist verboten. In der Region sind viele unterschiedliche große und kleine Religionen beheimatet. Vom friedlichen Nebeneinander zum Miteinander ist es aber noch ein längerer Weg, hat Rosa Lyon beobachtet.
Der Boss und Gott – Gedanken von und zu Bruce Springsteen vor seinem Konzert in Wien
Wenn man älter wird, dann gewinnt Spiritualität wieder an Bedeutung – so hat es Bruce Springsteen in einem Interview formuliert. Der fast 74-jährige Rockstar stammt aus einer katholischen Familie (besonders die Mutter war sehr gläubig) und aus kleinen Verhältnissen. Zu beidem steht er, beides hat ihn geprägt und findet Niederschlag in seinen Songs. „Letter to you“ etwa aus dem gleichnamigen 2020 erschienenen Album, lässt sich als sehr persönliches Nachdenken über das Gebet verstehen. Zu den dogmatischen Aspekten seiner Religion geht er auf Distanz. So äußert er sich öffentlich für legale Abtreibungsmöglichkeiten und für die gleichgeschlechtliche Ehe. Liberales Denken und Spiritualität – viele Musikerinnen und Musiker bringen das unter einen Hut. Wie sich das im Fall von Bruce Springsteen darstellt, dieser Frage ist Brigitte Krautgartner nachgegangen – rechtzeitig vor seinem Konzert im Ernst-Happel-Stadion in Wien am 18. Juli.
Moderation: Karo Thaler
Redaktion: Doris Appel