Lebenskunst
9.7.| 07:05 | Ö1
LEBENSKUNST – Begegnungen am Sonntagmorgen, 9. Juli 2023, 7.05-8.00, Ö1
Von Rettung und Leben – Bibelessay zu Sacharja 9, 9-10
Auf den Propheten Sacharja, der im 6. Jahrhundert v. Chr. in Jerusalem mit seinem Zionsberg gewirkt hat, geht ein besonderer Friedenstext zurück, Vorbild für manch spirituelle Erzählung. Darin heißt es: „Jauchze, Tochter Zion! Siehe, dein König kommt zu dir. Gerecht ist er und Rettung wurde ihm zuteil, demütig ist er und reitet auf einem Esel, ja, auf einem Esel, dem Jungen einer Eselin. Ausmerzen werde ich die Streitwagen aus Éfraim und die Rosse aus Jerusalem, ausgemerzt wird der Kriegsbogen. Er wird den Nationen Frieden verkünden ….“ Dem katholischen Theologen und Judaisten Wolfgang Treitler ist der Bibelabschnitt, der am 9. Juli in katholischen Gottesdiensten zu hören ist, zu einem Lieblingstext geworden: „Ich hänge an diesen Worten, die aus Israel kommen. Der Prophet Sacharja beschwört Rettung und Leben. Und damit hat er uneingeschränkt Recht.“
Welche Sprache spricht Gott? – Überlegungen aus Judentum, Christentum und Islam
Was Judentum, Christentum und Islam unter anderem verbindet, ist der Glaube, dass Gott sich offenbart. Der transzendente Gott, das große Andere, „spricht“ also – und dies auch noch in einer Weise, die Menschen zu verstehen glauben. Wie ist das möglich? Welche Instanzen beanspruchen für sich, Dolmetscher Gottes zu sein? Und was bedeutet es, wenn Gott schweigt? Der Judaist Alfred Bodenheimer, der katholische Theologe Michael Seewald und der Islamwissenschaftler Thomas Bauer denken über die Kommunikation zwischen Gott und den Menschen nach. Jeder der drei Wissenschaftler setzt dabei seine eigenen Akzente, literaturwissenschaftlich, kulturgeschichtlich, theologisch, sodass ein interreligiöses wie interdisziplinäres Kaleidoskop entsteht. Ihr Buch ist in der Wissenschaftlichen Buchgesellschaft wbg erschienen, Lena Göbl hat die Autoren interviewt.
Erkenntnis – Plädoyer für Vertrauen und Langsamkeit
Vielleicht ist gerade der Sommer eine Zeit, einen besonderen „Weg der Erkenntnis“ zu gehen. Das ganze Leben ist ein Umgang mit Krisen, heißt es im neuen Buch „Erkenntnis“ von David Steindl-Rast und Johannes Pausch. Beide Autoren sind Benediktinermönche; David Steindl-Rast (geb. 1926) spiritueller Lehrer und Vortragender, Johannes Pausch (geb. 1949) Theologe und Psychotherapeut. Die Erkenntnis, die sie meinen, ist etwas, das im tiefsten Inneren bewegt, es ist die Erfahrung dessen, worum es im Leben wirklich geht. „Der einzige Vorwurf, den ich Gott mache, ist, dass alles so unsicher ist, dass ich mich immer wieder neu aufs Leben einstellen muss und ich immer wieder neu lernen muss, diesem Leben zu vertrauen“, sagt Pater Johannes Pausch. Das Leben, ein beständiger Verwandlungsprozess; was trägt, sind Vertrauen und Langsamkeit. Das Buch ist ein Plädoyer dafür. Lisa Ganglbaur hat es gelesen und mit den Autoren gesprochen.
David Steindl-Rast, Johannes Pausch: Erkenntnis (edition a)
Mystische Wege – Einblicke in den Sufismus
Die Sehnsucht nach intensivem Erleben von Spiritualität, danach, sich mit dem Göttlichen oder etwas Absolutem zu „vereinen“, ist für viele Menschen ein Bedürfnis. Mystik wird daher oft als Kern und gar Ursprung aller Religionen betrachtet; als das, was alle Traditionen verbindet. Lise Abid hat sich mit der islamischen Mystik, dem Sufismus, auseinandergesetzt: einer künstlerischen, sinnlichen und ekstatischen Ausdrucksweise von Spiritualität, für die im Besonderen der Dichter Rumi steht, dessen 750. Todestag in diesem Jahr begangen wird. Mehr denn je scheint man sich an ihn und seine Anschauungen zu erinnern.
Moderation: Martin Gross
Redaktion: Doris Appel