Orientierung
21.5. | 12:30 | ORF 2
Langer Schatten: Johannes Paul II. und der Missbrauchspriester
Johannes Paul II., der am 18. Mai seinen 103. Geburtstag gefeiert hätte, kommt auch Jahre nach seinem Tod nicht aus den Schlagzeilen. In Wien möchte eine Initiative den Wiener Donaupark nach ihm benannt wissen, in Polen reklamiert ihn die Regierungspartei PiS für ihre nationalen Zwecke. Dabei wird das Image des polnischen Papstes aber immer stärker angekratzt. Wie eine Filmdokumentation und Bücher jüngst belegen, soll er vom Kindesmissbrauch durch katholische Priester gewusst und diesen – wie es dem Zeitgeist entsprach – verschleiert haben. Ein Fall mit Österreichtangente sorgt auch hierzulande für Aufsehen. Als Krakauer Erzbischof soll er dem damaligen Wiener Kardinal Franz König einen des Missbrauchs verdächtigen Priester anempfohlen haben, der dann tatsächlich viele Jahre in Österreich als Pfarrer tätig war. Die ORIENTIERUNG hat in Polen und in Österreich recherchiert, was gegen den Priester vorliegt, wie es zu seiner Versetzung nach Österreich kam und wie Karol Wojtyla und auch der polnische Geheimdienst in die Sache verwickelt ist.
Ein Beitrag von Klaus Ther und Georg Motylewicz.
Kinderbeichte: Kleine Sünden, große Prävention
Für katholische Kinder ist die Erstkommunion, die in diesen Wochen in ganz Österreich gefeiert wird, ein großer Festtag. Davor muss aber ein Ritual absolviert werden, das auch wenn es sich um ein Sakrament handelt – heute als heikel gilt. Die erste Beichte. In Deutschland ist darüber eine Debatte entflammt: Von möglichem Machtmissbrauch ist die Rede, vom Beichtstuhl als Tatort. In der Erzdiözese Wien gibt es bereits seit mehreren Jahren klare Leitlinien: Unter vier Augen heißt der Behelf, in dem beschrieben wird, wie ein Beichtgespräch ablaufen soll. Dazu gehört etwa die Empfehlung, das Kind zu fragen, ob eine Handauflegung gewünscht sei. Ein Lokalaugenschein der ORIENTIERUNG in der Pfarre Aspern zeigt: Der Beichtstuhl hat längst ausgedient, die Beichtgespräche finden im Kirchenraum statt, Eltern können durch eine Glasscheibe getrennt zusehen.
Ein Bericht von Sandra Szabo.
Gefühle als Landkarte: Ein Ort namens Wut
Das Gefühl Wut birgt Zerstörerisches in sich, genauso aber kann es befreiend wirken. Wut werde aber nicht allen Menschen in Österreich gleichermaßen zugestanden, konstatiert die Autorin und promovierte Philosophin Amani Abuzahra in ihrem neuesten Buch Ein Ort namens Wut. Marginalisierten Menschen falle das öffentliche Ausleben ihrer Emotionen oft schwer, weil die Gesellschaft sie lieber "nett und dankbar" sehen möchte, so die Autorin. Mariella Kogler hat mit ihr gesprochen.
Große Stimmen: Jüdisches Chorfestival in Wien
Erstmals seit zehn Jahren geht ein internationales jüdisches Großevent wieder in Wien über die Bühne. Beim European Jewish Choir Festival 2023 treffen einander von Donnerstag bis Sonntag jüdische Chöre aus fünf Ländern in Wien. Mit dabei sind Chöre aus Frankreich, Italien, Großbritannien, Deutschland und Österreich sowie insgesamt über 200 SängerInnen. Ziel der Veranstaltung ist nicht nur ein musikalischer Austausch oder überregionale Zusammenarbeit, es geht auch darum, einem breiten Publikum die Vielfalt jüdischer Musik nahezubringen. Abschluss des Festivals ist ein Galakonzert im Wiener Rathaus am Sonntag.
Ein Beitrag von Marcus Marschalek, Nikolaus Hofer
Moderation: Sandra Szabo
Sendungsverantwortung: Eva Maria Kaiser