Lebenskunst
23.10. | 07:05 | Ö1
Mein Sprechen, mein Denken – Über Sprache und Bewusstsein
„Unser Bewusstsein wird davon geprägt, wie wir sprechen.“ Diese – hier kompakt wiedergegebene – These war bedeutend für Denker wie Wilhelm von Humboldt oder Ludwig Wittgenstein. Je mehr verschiedene Ausdrücke es etwa für Farben gibt, desto differenzierter werden die Farbnuancen wahrgenommen und sprachlich beschrieben. Wird etwas benannt, wird es auch erkannt. Das, wofür es keine Worte gibt, kann auch nicht ausgesprochen und im Diskurs, sei er alltäglich oder wissenschaftlich, thematisiert werden. Was bedeutet das für das religiöse Erleben? Und warum beschäftigt sich Theologie so wenig mit Linguistik – wo doch die Sprache das zentrale Medium der wissenschaftlichen Überlieferung ist? Über Fragen wie diese denkt die Romanistin und Journalistin Brigitte Krautgartner in ihrem Essay zum Ö1-Sprachenschwerpunkt nach.
Mit Liebe gekocht – Erinnerungen an Aufenthalte bei den Brahma Kumaris
Koschka Hetzer-Molden war viele Jahre hindurch Kulturredakteurin des ORF. In den Jahren danach ist ihr Interesse für Kultur nur noch weiter geworden – und hat sie bis nach Indien geführt. In Rajasthan hat sie die vor 85 Jahren gegründete Organisation der „Brahma Kumaris“ kennengelernt, was so viel wie „Töchter Brahmas“ bedeutet. Brahma ist der Name einer der Hauptgottheiten in den Hindu-Religionen und stellt das Prinzip der Schöpfung dar. Bei den Brahma Kumaris hat Koschka Hetzer-Molden eine besondere Art liebevoller Spiritualität kennengelernt – und eine ausgezeichnete Küche nach alten ayurvedischen Rezepten. Auch diese Speisen waren mit Liebe gekocht. Erinnerungen an einen Aufenthalt, bei dem die Gäste wie Götter behandelt wurden.
Klosterfasten auf Buddhistisch – Autophagie mit Zen
Essen stärkt, will aber auch verdaut werden. Wer täglich eine lange Zeit nichts zu sich nimmt, soll gesünder, schlanker und länger leben, heißt es. 16 Stunden Intervallfasten werden mittlerweile von zahlreichen Ärztinnen und Ärzten angeraten – im Sinne der Autophagie. Bei diesem Vorgang in lebenden Zellen baut der Körper nicht benötigte und krankhafte Zellbestände ab und verwertet sie anderweitig. Und weil auch auf mentaler Ebene Gedanken, Erlebnisse und Erfahrungen „verdaut“ werden sollten, wird im Waldviertler Stift Geras ein besonderes Klosterfasten angeboten: Autophagie-Fasten kombiniert mit Zen-Meditation und einer Ernährung, die an die japanische Mönchsküche angelehnt ist. Gundi Lamprecht hat sich das angesehen, angehört und auch ein wenig durchgekostet.
Was kann „Beten“? – Bibelessay zu Lukas 18,9-14
Nur im nach Lukas benannten Evangelium wird das Gleichnis „Vom Pharisäer und vom Zöllner“ und von deren Verhalten beim Beten erzählt, nicht in den anderen drei Evangelien. Die Erzählung, die am 23. Oktober in katholischen Gottesdiensten gelesen wird, ist eine Art Karikatur mit Vor- und Nachteilen, wie es eben eine Karikatur mit sich bringt, erläutert der katholische Theologe und Judaist Wolfgang Treitler. Das Gute: Menschen werden aufmerksam für etwas noch Unerkanntes und womöglich Wichtiges. Das Problematische: Wenn Karikaturen lange das Gleiche darstellen und forcieren, kann ein solches Bild schließlich die Wahrnehmung trüben, ja täuschen und die Wirklichkeit überlagern. Man sollte also nicht vorschnell das Beten des einen über das Beten des anderen stellen. Und: Gebet ist vielleicht gar nicht daran zu messen, ob und wie es Gott erreicht, meint Wolfgang Treitler. „Im echten Gebet findet jede und jeder zu einer realistischen Selbsteinschätzung und ethischen Orientierung. Es erinnert Menschen ans Geschaffen-Sein und lässt sie menschlicher werden.“
Moderation: Karoline Thaler
Redaktion: Doris Appel