Die Armenier dürfen von sich behaupten, das älteste christliche Staatsvolk der Welt zu sein. 301 erhob der armenische König Tiridates III. das Christentum zur Staatsreligion. Der kirchlichen Tradition nach sollen schon im 1. Jahrhundert die Apostel Judas Thaddäus und Bartholomäus das Christentum nach Armenien gebracht haben. Deshalb bezeichnet sich die Kirche selbst auch als Armenisch-apostolische Kirche. Die ersten Missionare kamen wohl vom syrischen Antiochien sowie vom griechisch geprägten Cäsarea aus nach Armenien.
Heute bekennen sich bis zu zehn Millionen Gläubige weltweit zur Armenisch-apostolischen Kirche. In Österreich leben gegenwärtig bis zu 7.000 armenische Christen, in Deutschland etwa 45.000.
Die Armenisch-apostolische Kirche gehört zu den orientalisch-orthodoxen Kirchen, die das Konzil von Chalcedon (451) nicht mehr mittrugen und sich von der Reichskirche abspalteten. Das hatte freilich vor allem auch politische Gründe. Von Bedeutung für die Eigenständigkeit Armeniens war vor allem auch die Schaffung eines eigenen armenischen Alphabets am Beginn des 5. Jahrhunderts durch den Mönch Mesrop Mashtoz. Er ermöglichte damit die Übersetzung der Bibel in eine armenische Schriftsprache. Oberhaupt der Armenisch-apostolischen Kirche ist der Katholikos, der im 7. Jahrhundert bereits seinen Sitz in Etschmiadzin (in unmittelbarer Nähe der heutigen armenischen Hauptstadt Jerewan) nahm.
Im 11. Jahrhundert flohen viele Armenier vor den muslimischen Seldschuken und gründeten an der südlichen türkischen Mittelmeerküste das Königreich von Kilikien. Dessen Hauptstadt Sis wurde zum Sitz des Katholikos. Das Königreich wurde 1375 vernichtet und ein Teil der Armenier verlegte den Sitz des Katholikos zurück nach Etschmiadzin. Andere blieben in Sis. Seither gibt es zwei Katholikosate.
Beim Völkermord an den Christen ab 1915 im Osmanischen Reich kamen bis zu eineinhalb Millionen Armenier ums Leben, Hunderttausende wurden vertrieben. Sie flohen in die Diaspora (Europa, Amerika, Syrien, Libanon), ein kleiner Teil blieb in Konstantinopel/Istanbul. In Armenien blieb die Kirche bestehen, war dann aber bald den Repressionen durch die Sowjets ausgesetzt. Erst mit der staatlichen Unabhängigkeit 1991 konnte sich die Kirche wieder frei entfalten.
Der Katholikos von Etschmiadzin trägt den Titel „Oberster Patriarch und Katholikos aller Armenier“, wodurch seine Vorrangstellung innerhalb der Kirche deutlich wird. Er ist Oberhaupt der Gläubigen in Armenien und weltweit. Der Katholikos von Kilikien mit Sitz in Antelias im Libanon ist vor allem für die armenischen Gläubigen im Libanon, in Syrien und auf Zypern zuständig. Daneben gibt es noch das Patriarchat von Konstantinopel. Es ist für die rund 70.000 in der Türkei verbliebenen armenischen Christen zuständig und hat autonomen Status unter der Jurisdiktion von Etschmiadzin.
Selbiges gilt für das Patriarchat von Jerusalem. Es ist zwar „nur“ für rund 4.000 Gläubige in Israel, Jordanien und Palästina zuständig, als eine von drei Hüterinnen der Heiligen Stätten (neben der Griechisch-orthodoxen Kirche und den katholischen Franziskanern) kommt den armenischen Geistlichen aber große Bedeutung zu; sei es in der Grabeskirche oder anderen bedeutenden christlichen Stätten in Jerusalem und Betlehem. So wird in diesen Kirchen auch der eigenständige armenische Ritus gefeiert und ist das Alt-Armenische in der Liturgie zu hören.
Eine armenische Besonderheit ist der Vorhang, der den Altarraum vom übrigen Kirchenraum trennt. Die Fastenzeiten sind in der armenischen Kirche ausgeprägter als in anderen Kirchen. In der armenischen Kirche gibt es zölibatäre und verheiratete Priester. Bischof kann nur ein unverheirateter Geistlicher werden.