HEILIGER NIKOLAUS
Wettergegerbt war sein Gesicht. Seine Nase hatte einen markanten Buckel und, ja, er trug tatsächlich einen weißen Bart, wenn auch einen kurzen: Der Heilige Nikolaus von Myra. Als Wissenschaftler sein Gesicht vor Jahren rekonstruierten, war er plötzlich wieder in aller Munde. Dabei kann Nikolaus als einer der am meisten verehrten Heiligen der Christenheit zugleich als einer der unbekanntesten Heiligen gelten. Denn gesicherte Fakten über sein Leben gibt es kaum.
Gegen Ende des 3. Jahrhunderts geboren, wurde er bereits mit 19 Jahren von seinem Onkel zum Priester geweiht, schließlich wurde er Abt des Klosters Sion nahe dem damaligen Myra. Um das Jahr 350 starb er mit rund 60 Jahren in Myra, dem heutigen Demre, rund 100 Kilometer südwestlich von Antalya. Im 11. Jahrhundert wurden seine Gebeine schließlich von italienischen Kaufleuten gestohlen und nach Bari in Süditalien gebracht, wo sie noch heute bestattet liegen.
Sein Leben jedoch, seine Taten – alles Legende; ein Dickicht aus Wunder- und Bekehrungserzählungen. Der Heilige von Myra – er ist zur Projektionsfläche geworden. Und damit zugleich zu einem Symbol der Verständigung und des Friedens. Ein Heiliger, der die Hand reicht – auch anderen Konfessionen und Religionen, wird er doch in der Ostkirche ebenso verehrt wie im Westen. Eine Brücke zwischen Orient und Okzident.
So wird die Erinnerung an ihn zugleich zu einem politischen Statement, hat Nikolaus sein Leben doch in einem Land verbracht, das heute für Christen ein schwieriges Pflaster darstellt: die Türkei. Als religiöse Minderheit werden sie schikaniert, mancherorts verfolgt. Wie der Heilige Nikolaus im Übrigen – denn überliefert ist, dass er 310 zur Zeit der Christenverfolgung gefangengenommen und gefoltert wurde. Er reagierte darauf jedoch nicht etwa mit Aggression, sondern mit Sanftmut. Und die Geschichte gab ihm Recht.
Legenden um den Heiligen Nikolaus
Heimführung eines verschleppten Kindes
Brauchtum
Der Brauch, den Nikolaus speziell zu den Kindern zu schicken, stammt aus dem Mittelalter: Klosterschüler wählten am Vorabend des Festes einen "Kinderbischof". Abt oder Bürgermeister gaben die Herrschaft für einen Tag symbolisch in die Hände der Kinder. Der "Kinderbischof", bekleidet mit einer Mitra und den Gewändern eines Bischofs, "visitierte" die Klosterschule und tadelte oder belohnte mit Süßigkeiten.
Als Begleiter des Heiligen Nikolaus ist der Krampus in Österreich nicht mehr wegzudenken. Es wird vermutet, dass der Brauch mit dem Kinderbischofsfest Mitte des 17. Jahrhunderts als sogenannter Einkehrbrauch entstand: begleitet von Gestalten in Teufels- und Tiermasken besuchte der Heilige Nikolaus Kinder, um die Guten zu beschenken, während die unartigen Kinder vom Krampus bestraft wurden. Der Krampustag fällt auf den 5. Dezember, einen Tag vor dem Nikolotag. Überblicherweise sind beide jedoch am Abend des 5. Dezembers gemeinsam unterwegs.
bearbeitet am 3. Dezember 2021