Kirche in Europa
Europa ist für Christen nicht nur ein Kontinent, nicht nur ein Wirtschafts- und Handelsraum; Europa ist für sie mehr - ein Raum gemeinsamer Werte und ein Raum des Dialogs. So waren etwa die Architekten Europas - etwa Konrad Adenauer, Robert Schuman oder Alcide de Gasperi - Christen. Dies bedeutet keinen christlichen Exklusiv-Anspruch auf Europa, sollte doch jedem historisch sensiblen Gemüt klar sein, dass Europa nicht zuerst aus hehren (christlichen) Idealen, sondern aus der schrecklichen Erfahrung des Nationalsozialismus und seiner Gräueltaten hervorgegangen ist.
So sind es aber doch gerade die christlichen Kirchen, die diese Erinnerung wachhalten und - durch alle Krisen der Gegenwart hindurch - dazu mahnen, das Projekt Europa und die europäische Integration nicht zur bloßen fiskal- oder wirtschaftspolitischen Realpolitik herabsinken zu lassen. So erklärten etwa die österreichischen Bischöfe bereits im Jahr 2002, dass es zum Zusammenwachsen Europas nicht nur eines gemeinsamen Marktes bedarf, "sondern insbesondere auch des Beitrags der kulturellen Kräfte und der Religionsgemeinschaften." Kirchen nähem entsprechend an den Dialogen und dem Ringen in der Zivilgesellschaft teil - allerdings ohne in dieser selbst aufzugehen.
Es sollte jedem historisch sensiblen Gemüt klar sein, dass Europa nicht zuerst aus hehren Idealen, sondern aus der schrecklichen Erfahrung des Nationalsozialismus und seiner Gräueltaten hervorgegangen ist.
Auf Ebene der Brüsseler Diplomatie wird der Dialog mit den Kirchen und Religionsgesellschaften vor allem durch die sogenannte "Dialogklausel" - Artikel 17, Abs. 3 des Lissabon-Vertrages (AEUV) - geregelt. Die Dialogklausel eigne sich "mehr als jeder Gottesbezug in einer Präambel" dazu, "christliche Werte in das europäische Geschehen auf oberster Ebene einzubringen und zu verteidigen", betont dazu etwa der Integrationsbeauftragte der Österreichischen Bischofskonferenz, Franz Eckert, der selbst an der Ausarbeitung der Dialogklausel mitgewirkt hat. Sie sei "alles andere als eine Leer-Formel", weil darin sowohl die Verdienste der Kirchen um eine europäische Zivilgesellschaft als auch die besondere Eigenart der Kirchen anerkannt werde.
» Kleines kirchliches Institutionen-ABC
ComECE - Kommission der EU-Bischofskonferenzen |
Die 1980 gegründete "Kommission der Bischofskonferenzen der Europäischen Gemeinschaft" (ComECE) setzt sich aus den Delegierten der 26 katholischen Bischofskonferenzen aus dem Gebiet der Europäischen Union zusammen. Für Österreich nimmt der Grazer Bischof Egon Kapellari diese Funktion wahr. Ziel der Einrichtung ist es, die europäischen politischen Prozesse in Brüssel verfolgen, begleiten und auch beeinflussen zu können. Die ComECE bzw. deren Mitglieder und Mitarbeiter stehen in ständigem direkten Kontakt zu den maßgeblichen EU-Institutionen und deren Vertretern. Die ComECE betreibt ein Büro vor Ort in Brüssel. Für Österreich mit dabei ist Diakon Michael Kuhn. Die 26 delegierten ComECE-Bischöfe treffen einander jeweils im Frühjahr und Herbst zu Vollversammlungen, wo die großen Themen und Strategien vorgeben werden. Derzeitiger Präsident der ComECE ist der Münchner Erzbischof Kardinal Reinhard Marx. Durch regelmäßige Dialogseminare, Veranstaltungen und auch informelle Treffen stehen die Kirchenvertreter in regelmäßigem Kontakt zu den EU-Institutionen. |
CCEE - Der Rat der Europäischen Bischofskonferenzen |
Dem katholischen "Rat der Europäischen Bischofskonferenzen" (CCEE) mit Sitz im schweizerischen Sankt Gallen gehören alle Bischofskonferenzen Europas an, die durch ihre jeweiligen Vorsitzenden repräsentiert sind. Ziel des 1971 gegründeten Zusammenschlusses ist es, die europäische Kooperation der Bischöfe zu fördern. Der Wirkungskreis des Rates geht damit weit über die Grenzen der EU hinaus. Das höchste bischöfliche Beratungsgremium auf europäischer Ebene zählt derzeit 38 Mitglieder: die Vorsitzenden der 33 nationalen Bischofskonferenzen sowie die Erzbischöfe von Luxemburg und Monaco, den maronitischen Erzbischof von Zypern, den Bischof von Chisinau in der Republik Moldau und den Bischof der Ruthenier im ukrainischen Mukatschewo. Mit dem Status ständiger Gäste nehmen auch der Präsident der Kasachischen Bischofskonferenz und der Lateinische Patriarch von Jerusalem an den Beratungen teil. Präsident des CCEE ist seit 2006 der ungarische Primas Kardinal Peter Erdö. Neben der jährlichen Vollversammlung des Rates tagen auch in regelmäßigen Abständen die Generalsekretäre der nationalen Bischofskonferenz sowie die Pressebeauftragten. Seit einigen Jahren finden zudem regelmäßige Tagungen der Vorsitzenden der Bischofskonferenzen von Süd-Ost Europa statt. Zusätzlich veranstaltet die CCEE eine Reihe von Symposien, die sich laut eigenen Angaben mit "Kernfragen der Evangelisierung und der Inkulturation des Evangeliums im europäischen Kontext" beschäftigen. Der Rat arbeitet eng mit der "Konferenz der Europäischen Kirchen" (KEK/CEC) zusammen. Seit 40 Jahren gibt es einen eigenen Gemeinsamen Ausschuss, der das höchste Organ für den Dialog zwischen den beiden europäischen kirchlichen Dachverbänden ist und jedes Jahr tagt. |
KEK - Die Konferenz Europäischer Kirchen |
Der "Konferenz Europäischer Kirchen" (CEC/KEK) gehören 126 orthodoxe, anglikanische, altkatholische, lutherische, reformierte, unierte und methodistische Kirchen Europas an. Sie ist auf Europaebene das Gegenstück zur CCEE. Präsident der KEK ist derzeit der orthodoxe Metropolit von Frankreich, Emmanuel (Adamakis). Hauptsitz der 1959 gegründeten KEK ist Genf, weitere Büros unterhält die Organisation in Brüssel und Straßburg. Die in die KEK integrierte Kommission "Kirche und Gesellschaft" vertritt in Brüssel und Straßburg bei den europäischen Institutionen (EU und Europarat) Interessen und Positionen der Kirchen. In Brüssel arbeitet die Kommission mit der katholischen ComECE zusammen. |