Diakonie zu Pflegeheimen: Isolation schützt und schadet zugleich
"Covid-19-Infektionen einzudämmen, war wichtig und richtig, aber es gibt ein ethisches Dilemma: Isolation schützt und schadet gleichzeitig": Das betonte Diakonie-Direktorin Maria Katharina Moser am Dienstag bei einer Pressekonferenz anlässlich der Präsentation der Studie "COVID-19 in Alten- und Pflegeheimen" am Dienstag im Sozialministerium. Die evangelische Hilfsorganisation berichtete über problematische Folgen der Isolation: Angehörige nicht sehen zu können, verletze die Seele. Menschen mit Demenz oder auch Menschen mit intellektuellen Behinderungen könnten oft nicht verstehen, "was da jetzt los ist", so Moser.
Als Reaktion auf die Isolation hätten Betroffene vermehrt Aggressionen und herausforderndes Verhalten gezeigt; "was wiederum medikamentöse Intervention nach sich ziehen kann", wie die Diakonie-Direktorin informierte. Helfen könne eine verstärkte persönliche Zuwendung, die jedoch bei den aktuellen Kontakteinschränkungen nicht möglich sei: "Keine Physiotherapie, keine Ergotherapie, keine Psychotherapie - der Gesundheitszustand verschlechtert sich", schilderte Moser.
Um die Langzeitfolgen von Kontakteinschränkungs- und Isolationsmaßnahmen für die körperliche und seelische Gesundheit bewerten zu können, forderte die Diakonie eine Studie. Eine solche würde auch in der aktuellen Phase der Lockerungen und bei Abwägungen helfen, denn das Problem bei Corona bestehe hauptsächlich im fehlenden Wissen über die Lungenkrankheit, so Moser:
Wir wissen zu wenig über das neuartige Virus, das uns mit einer bis dato unbekannten Situation konfrontiert.
Pflege ist mehr als "warm, satt, sauber"
Für die Diakonie hat die Corona-Krise auch problematische Auswirkungen auf den Zugang zu Pflege mit sich gebracht. In den letzten 30 Jahren habe sich ein Perspektivenwechsel vollzogen, so sei die Medizin nicht mehr "die alleinige Leitwissenschaft für die Pflege". "Jetzt aber beobachten wir eine erneute Medikalisierung durch infektiologische Betrachtungsweisen", bemerkte Moser. Pflege sei aber mehr als "warm, satt, sauber".
Ziel müsse der lebenswerte Alltag von Menschen in ihrem letzten Zuhause, den Pflegeeinrichtungen, sein: "Es geht nicht nur darum, wie alt wir werden, sondern wie wir alt werden", appellierte Moser abschließend.
Quelle: kathpress