Katholische Erwachsenenbildung: Corona-Pause endet mit Sorgen
Die Lockerungen der Covid-19-Schutzbestimmungen ermöglichen jetzt die Wiederaufnahme von Veranstaltungen der Katholischen Erwachsenenbildung. Viele kirchlich getragene Bildungshäuser, die Theologischen Kurse, Katholische Bildungswerke in den Diözesen und Pfarrgemeinden nehmen nach Pfingsten wieder ihren Betrieb auf. Und das angesichts teils enormer Einnahmenverluste mit Sorgenfalten bis hin zu Existenzängsten, wie aus einer Rundfrage des Forums Katholischer Erwachsenenbildung, in dem rund 70 Einrichtungen und Organisationen vernetzt sind und österreichweit mehr als 30.000 Veranstaltungen pro Jahr organisiert werden, hervorgeht.
Die Kathpress vorliegenden Antworten belegen gravierende finanzielle Einbußen durch die pandemiebedingte Schließungszeit. Im kirchlichen Bildungszentrum St. Virgil in Salzburg etwa, wo auch Hotelbetrieb und Gastronomie betroffen waren, beklagt Direktor Jakob Reichenberger für die Monate März bis Juni einen Umsatzentgang von ca. 950.000 Euro. Knapp die Hälfte davon werde durch Einsparungsmaßnahmen wie Kurzarbeit oder Aufwandsentfall abgedeckt, für den Rest wurde ein Kredit aufgenommen, der die Liquidität sichert. "Hier hoffen wir auf Zuschüsse aus diversen Krisentöpfen der öffentlichen Hand, da als Subventionsbetrieb eine derartige Last niemals gestemmt werden kann", teilte Reichenberger mit.
Das oberösterreichische Bildungshaus Schloss Puchberg geht von einer Umsatzeinbuße von derzeit 800.000 Euro aus, das Innsbrucker Haus der Begegnung von bis zu 300.000 Euro, das Bildungshaus St. Arbogast in Vorarlberg nennt 200.000 Euro Verlust.
Für das Don-Bosco-Haus in Wien rechnet Bildungshausleiter Alexander Laimer mit einem Umsatzverlust von 150.000 Euro pro Monat. "Großkonzerne werden gerettet und Mittelbetriebe mit Bildungsauftrag werden alleine gelassen", so Laimers bittere Anmerkung. "Vielleicht hat uns die Bundesregierung nur vergessen. Jetzt gibt es noch die Chance, dieses Versäumnis zu reparieren. Im Herbst 2020 wird es zu spät sein."
Gibt es Existenzsorgen in der Szene der katholischen Erwachsenenbildung? Diese Frage bejaht auch Christian Pichler vom Katholischen Bildungswerk OÖ stellvertretend für andere: Es sei nicht einschätzbar, welche Auswirkungen der Lockdown und die dadurch bedingten reduzierten Statistik-Zahlen auf die Subventionen der öffentlichen Hand und auf die diözesanen Budgetvorgaben für die kirchlichen Einrichtungen haben werden. Für die kommenden Jahre "befürchten wir nichts Gutes", so Pichler.
Trotz allem "das Leben feiern"
Ungeachtet solcher Sorgen öffnen dieser Tage viele Einrichtungen der Erwachsenenbildung wieder ihre Pforten. Geradezu programmatisch wirkt angesichts des schmerzhaft langen Lockdowns der Titel des ersten Programmpunktes im Salzburger Bildungszentrum St. Virgil nach der Corona-Pause: "Das Leben feiern" heißt eine Frauenliturgie am 4. Juni ab 18 Uhr in der Christuskirche, an dem Höhen und Tiefen, helle und dunkle Momente, lustige und schwierige Zeiten als "ganze Fülle und Vielfalt im Angesicht Gottes" im Zentrum steht.
Weiter geht es in St. Virgil in der kommenden Woche mit "Eheseminar aktiv", einem offenen Treffen für Patchworkeltern, Allein- und Getrennterziehende sowie einem Familiengottesdienst mit jungen Kindern. In weitere Folge ist u.a. ein Lehrgang angekündigt, in dem ein "breites interreligiöses Spektrum an Meditationsformen" vermittelt wird, ein Seminar über Schutzkonzepte gegen sexuelle Gewalt und eine weiteres, das Lust aufs Malen wecken soll. Dass wieder Bildungsveranstaltungen stattfinden können, "darüber freuen wir uns sehr!", versichert die Hausleitung im aktuellen Newsletter. Und ebenso, dass mit Blick auf die Gesundheit von Gästen und Mitarbeitern "selbstverständlich alle Auflagen und Hygienerichtlinien beachtet" werden.
Auch ganz im Westen Österreichs, im Bildungshaus St. Arbogast, heißt es: "Nach Wochen der Isolation wird es Zeit, dass wir uns wieder sehen. Nicht über Whatsapp, Zoom oder Skype, sondern live und wahrhaftig." Ab Dienstag, 2. Juni, startet das traditionsreiche Haus in Vorarlberg wieder mit Gesprächen im kleinen Kreis zu "Fragen unserer Zeit". Ziel dabei laut der Website von St. Arbogast: "wieder ins Gespräch kommen, das Geschehene verarbeiten und hoffnungsvoll nach vorne blicken".
Das Wiener "Kardinal König Haus" nimmt am 4. Juni mit Zen-Meditation und am 11. Juni mit Ignatianischen Einzelexerzitien sein Programm wieder auf. Sonst dominieren bis Sommerbeginn Absagen und Online-Angebote wie das Seminar "Mit der Kraft des Humors" am 20. Juni.
Auch im Bildungsforum Mariatrost in Graz bleiben Junitermine abgesagt bis auf eine vogelkundliche Wanderung am Lustbühel (16.6., 17 Uhr), bei dem Corona-Müde Schöpfung in Form von Gezwitscher erleben können. Online wird pfingstlich Geistvolles geboten - nämlich der dritte Videoimpuls zur Frage Immanuel Kants "Was ist der Mensch?" mit Gedanken des Innsbrucker Bischofs (und früheren Grazer Pfarrers) Hermann Glettler.
Sehr praxisorientiert ist ein Angebot in einer weiteren kirchlich getragenen Einrichtung in der Steiermark: Im "Haus der Frauen" in St. Johann bei Herberstein nimmt man mit "Brandneu & selbstgenäht: Schutzmasken" direkt Bezug auf die Corona-Krise.
"Leben in Zeiten von Corona"
Schloss Puchberg in Oberösterreich öffnet ab 2. Juni zunächst für Gastveranstaltungen seine Pforten, das eigene Kursprogramm beginnt mit 1. Juli. "Leben in Zeiten von Corona" lautet der Titel einer virtuellen Workshop-Reihe im St. Pöltner Bildungshaus St. Hippolyt an drei Nachmittagen über "biografisches Schreiben in einer außergewöhnlichen Zeit"; erstes nichtvirtuelles Angebot ist ein 6. Juni ein spirituell-musikalisches: "Gustav Mahler: Wie wir das 'Urlicht' in uns entdecken können".
Wie die "Theologischen Kurse", die älteste Erwachsenenbildungseinrichtung der katholischen Kirche im deutschen Sprachraum, kürzlich mitteilten, können ab Juni wieder Kurseinheiten in Wien - "selbstverständlich unter den behördlichen Hygienevorgaben wie Maskenpflicht und 1-Meter-Abstand" - und im Fernkurs sowie Prüfungen stattfinden. Leiter Erhard Lesacher kündigte für Juli beginnend mit der Sommerwoche "Wissenschaftliche Exegese und spirituelle Lesung - ein Widerspruch?" in Batschuns (Vorarlberg) auch wieder Spezialkurse an. Die "Akademie am Dom" mit ihren öffentlichen Vorträgen und Podiumsgesprächen in Wien startet im September mit einem Covid-19-Schwerpunkt.
Auch das Katholische Bibelwerk Linz ist wieder "physisch" präsent: Die ab März verschobenen Linzer Bibelkurse werden zum Teil ab 4. Juni in ganz Oberösterreich nachgeholt. Bei diesen Abenden geht es darum, den gesellschaftlichen Wandel mit der Botschaft der Bibel zu gestalten. Leiter Franz Kogler erinnerte an den alttestamentlichen Propheten Jeremia, der in der absoluten Krise des Exils einen Weg aufzeigte, wie mit Extremsituationen umgegangen werden kann. Bibelrunden zum Kirchenjahr gibt es wieder ab 8. Juni im Stift Schlägl.
Die Post-Corona-Angebote der Katholischen Bildungswerke in den österreichischen Diözesen sind vor dem Sommer noch sehr überschaubar. In Tirol heißt es immerhin: "Der Krisenmodus ist vorbei, das Leben hat uns wieder", und das in Form von Treffen im Rahmen der Reihe "fit for family" ab 4. Juni. Eltern oder auch Großeltern sind zusammen mit ihren Babys und Kindern eingeladen, sich in gemütlicher Atmosphäre auszutauschen, so in Nauders, dann in Hall und anderswo in Tirol.
Das Katholische Bildungswerk Feldkirch lädt Bew egungsfreudige zu Auszeitwanderungen mit der Bibel unter dem Titel "Handy offline - Gott online"; erstmals am 5. Juni im Kloster Mariastern-Gwiggen.
(Weitere Angebote und Links: http://www.forumkeb.at)
Quelle: kathpress