Scheuer: Neustart in der Krise braucht Regeln und Grundhaltungen
Der Neustart, vor dem Österreich angesichts der Corona-Pandemie nun steht, braucht auf allen Ebenen rechtliche, wirtschaftliche und strukturelle Rahmenbedingungen, zugleich aber auch entsprechende Grundhaltungen. Das hat der Linzer Bischof Manfred Scheuer am Mittwoch in einer Aussendung anlässlich der Veröffentlichung des Pfingst-Hirtenwortes der Österreichischen Bischöfe betont. "Es ist ein großer Unterschied, ob wir einander mit Gleichgültigkeit oder mit Empathie begegnen", so Scheuer und weiter:
Der Heilige Geist: Er ist Mutmacher, er tröstet und gibt Lebenskraft. Er ist so etwas wie der Kitt, das Bindeglied in unserer Gesellschaft und auch in der Kirche.
Der Salzburger Erzbischof Franz Lackner schlug in die gleiche Kerbe. Derzeit befinde man sich in der Bewältigung der Coronakrise an einer Art "Schwellenmoment". Der Punkt zwischen Nicht-Mehr und Noch-Nicht ermögliche dabei einen genauen Blick auf die derzeitige Situation und entsprechende Reflexionen, so der Erzbischof in einer Aussendung. "Wir sollten diesen Moment nicht vorüberziehen lassen, stattdessen den Kairos beim Schopfe packen und nüchtern reflektierend fragen: Was lehrt uns die Coronakrise? Was nehmen wir mit auf den Weg, der jetzt noch vor uns liegt? Und: Mit welcher Haltung machen wir uns auf in diese neue Phase. Mit Blick auf Pfingsten ist es ein neuer Geist, der uns auf unseren Wegen leiten soll; gute Kräfte, die uns in dieser herausfordernden Zeit den Weg weisen."
In ihrem am Mittwoch veröffentlichten gemeinsamen Hirtenwort zu Pfingsten sprechen sich die österreichischen Bischöfe für eine "geistvoll erneuerte Normalität" aus, die nun nach der Coronakrise in Österreich realisiert werden soll. Es brauche umfassende Reformen in Gesellschaft, Politik, Wirtschaft und Kirche.
Kein Rückfall in Sozialschmarotzerdebatte
Der oberösterreichische Caritasdirektor Franz Kehrer rief am Mittwoch im Hinblick auf das Hirtenwort dazu auf, "das Solidaritätsbewusstsein, das sich in der Krise gezeigt hat, zu stärken und unser Sozialsystem aus dem Blickwinkel des Zusammenhalts tragfähig zu gestalten". Es dürfe nicht geschehen, "dass wir wieder zurückfallen in die gesellschaftliche Abwertung und Ausgrenzung von Armutsbetroffenen als 'Sozialschmarotzer', erinnerte Kehrer an die Debatte rund um die Ablöse der bedarfsorientierten Mindestsicherung durch eine neue Sozialhilfe.
Kehrer unterstrich weiters, dass das Pflegesystem dringend eine solidarische und oft versprochene Weiterentwicklung brauche. "Es gilt, ältere Menschen nicht nur jetzt vor dem Coronavirus zu schützen, sondern ihnen auch in Zukunft ein Alt-Werden in Würde zu ermöglichen", so der Caritasdirektor:
Ich hoffe darauf, dass unsere Gesellschaft sich diesen neuen Geist der Solidarität und Verbundenheit bewahrt und wir die Botschaft des Heiligen Geistes wirklich als 'Herzschrittmacher' für die Arbeit an einer guten Zukunft für alle Menschen begreifen, wie es im Hirtenbrief so treffend formuliert ist.
Für die Caritas würdigte am Mittwoch auch der steirische Caritasdirektor Herbert Beiglböck das Hirtenwort der Bischöfe: "Wir brauchen diese Stimme gerade jetzt und ich bin dankbar, dass die Bischöfe mit ihrem Wort die verkündigende Wirkung der tätigen Caritas deutlich würdigen."
Regionale Wirtschaftstreibende stärken
Die aktuelle Krise habe aufgezeigt, wie dringend notwendig eine Neubewertung der Wirtschaft ist, so Reinhold Prinz, Finanzdirektor und Ökonom der Diözese Linz. Regionale Wirtschaftstreibende müssten gestärkt und globale Wirtschaftsbeziehungen maßvoll gestaltet werden, "damit sie nicht auf die Ausbeutung von Arbeitnehmern und die Zerstörung unseres Planeten abzielen". Prinz:
Es geht nicht mehr um einen Menschen und Ressourcen erschöpfenden Konsum. Wir brauchen eine Wirtschaft, die dem Menschen, der Gesellschaft und der Umwelt gerechter wird.
Lob auch aus der Politik
Lob für das Hirtenwort kam am Mittwoch auch aus der Politik. Der steirische Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer (ÖVP) betonte:
Der starke Geist des Zusammenhalts lässt uns nun positiv in die Zukunft blicken. In ihrem Hirtenbrief zum Pfingstfest rufen die österreichischen Bischöfe die Gläubigen nicht zur zum Mut für morgen auf, sondern fordern auch auf, die neue Normalität hoffnungsvoll aktiv mitzugestalten.
Für die Katholische Aktion in der Steiermark sagte deren Generalsekretärin Anna Hollwöger: "Wir sind dankbar für das Benennen wichtiger Aspekte, die in dieser schwierigen Zeit und angesichts großer gesundheitlicher und wirtschaftlicher Fragen zu wenig wahrgenommen wurden und werden: Demokratische Grundhaltung, Idee Europa, Solidarität, Nachhaltigkeit... Gerne tragen wir den Diskurs über Sozialleistungen, über die in der Krise forcierte Digitalisierung oder auch über ein Grundeinkommen mit. Stellen wir uns in der großen Tradition der katholischen Soziallehre den Fragen der Menschen in der Arbeitswelt heute."
Erich Hohl, Integrationsbeauftragter der Diözese Graz-Seckau, hob hervor, dass die Bischöfe die Aufmerksamkeit ausdrücklich über die Landesgrenzen hinaus auf die Notlage von Schutzsuchenden in den Flüchtlingslagern an den Eingangstoren Europas ausdehnen"und so zum wiederholten Mal im Sinne einer weltweiten Solidargemeinschaft eindringlich die Aufnahme von Asylsuchenden und Vertriebenen in Österreich anregen".
Christian Lagger, Direktor des Krankenhauses der Elisabethinen, betonte den Aspekt der Hoffnung im bischöflichen Hirtenwort. Er sprach von einer "geglückten Botschaft zur richtigen Zeit". Es brauche die Anstrengung vieler, die Achtsamkeit und Versöhnung als Grundhaltung leben. Das schaffe "gesellschaftlichen Zusammenhalt und eine Atmosphäre der Zuversicht, wie wir jetzt dringend brauchen".
Quelle: kathpress