Glettler: Corona-Krise mit Geist der Einmütigkeit überwinden
Um die vielfältigen Auswirkungen der Corona-Krise zu überwinden, braucht es eine "geistvolle Einmütigkeit" aller gesellschaftlichen Kräfte. Dieses Plädoyer stellte Bischof Hermann Glettler in das Zentrum seiner Predigt bei der Sonntagsmesse mit Vertretern der Innsbrucker Stadtregierung. "Mit einer bewegenden politischen Einmütigkeit wurde noch vor dem Kriegsende über Parteigrenzen hinweg die Zweite Republik gegründet und ebenso einmütig war unsere Großelterngeneration am Werk, die aus dem Bombenschutt heraus und trotz der geistigen Verwüstungen der Nazi-Zeit mit dem Wiederaufbau unseres Landes begann", erinnerte der Innsbrucker Bischof an die großen Jubiläen dieser Tage. Einmütigkeit sei "Geschenk und Auftrag" zugleich und gerade jetzt nach der Corona-Akutphase weiterhin nötig, betonte der Bischof in dem von Radio ORF Tirol übertragenen Gottesdienst aus dem Bischofshaus in Innsbruck.
Besorgt äußerte sich der Bischof zu dem wieder aggressiveren Ton in der politischen Auseinandersetzung und empfahl in diesem Zusammenhang einen "Mundschutz für eine geistvolle Kommunikation". Viele Wortgefechte seien "verletzend hart geworden, übertrieben aufgekocht, anklagend und gnadenlos", so Glettler. "Haben wir denn nicht eine heilsame Einmütigkeit in der Akutphase der Corona-Pandemie erlebt? Jetzt aber sind wir in der Phase der Verteilungskämpfe und Neiddebatten. Fehler in der Kommunikation werden in politisches Kleingeld gemünzt. Die alte Normalität scheint uns vollends eingeholt zu haben, das Geschenk der Einmütigkeit extrem gefährdet." Eine lebendige Demokratie brauche selbstverständlich Rede und Gegenrede, Kritik und Kontrolle. Aber statt Dauerempörung und verbissene Fehlersuche bräuchte man eine "menschliche Fehlerkultur".
Wie man in herausfordernden Situationen dennoch Einmütigkeit wahren könne, zeige ein biblischer Blick auf die ersten Christen: "Die urkirchliche Gemeinschaft war einmütig im Gebet. Sie fielen nicht mit Konzepten für eine längst fällige Normalisierung übereinander her. Sie suchten auch nicht krampfhaft nach Verfehlungen. Sie haben die ungewisse Situation gemeinsam ausgehalten. Bräuchten wir nicht gerade in den Phasen der hitzigsten Auseinandersetzungen einen Moment des Innehaltens?"
"Einmütigkeit in einer pluralen Gesellschaft ist ein Meisterwerk des Heiligen Geistes", hielt der Bischof abschließend fest. Dieser helfe, die Vielfalt von Meinungen und Perspektiven wertzuschätzen und in den Dienst des Gemeinwohls zu stellen. Nachhaltig gelingen könne das durch Beten:
Das Gebet - herzhaft, nicht frömmelnd, weltnah und auf den Ursprung von allem ausgerichtet - befreit von der oberflächlichen Suche nach raschen Erfolgen, nach Ansehen und Profit. Gebet führt in die Tiefe. Es baut uns Menschen innerlich auf, weil es uns mit Gott verbindet.
Quelle: kathpress