Weihbischof: Mit Messen in Gotteshäusern "wieder Leben eingekehrt"
Nach den jüngsten Lockerungen der Anti-Corona-Maßnahmen haben in Österreichs Kirchen die ersten Sonntagsgottesdienste mit Gläubigen vor Ort stattgefunden. Zwar gelten überall Abstandsregeln und Maskenpflicht. Doch Zehntausende Menschen hätten die "Wiedereröffnung" genutzt, sagte der Wiener Weihbischof Stephan Turnovszky der "Kronen Zeitung". In den Gotteshäusern sei "wieder Leben eingekehrt", freute er sich. Auch der Theologe Jan-Heiner Tück sprach im "Kurier"-Interview am Sonntag von einem "erfreulichen Signal". Schritt für Schritt könne nun wieder Normalität einkehren, so der an der Universität Wien lehrende Dogmatikprofessor.
"Kirche ist Gemeinschaft des Glaubens, die sich um das Wort Gottes versammelt und Eucharistie feiert", fügte Tück zur Bedeutung der gemeinsam gefeierten Gottesdienste hinzu. "Diese körperbasierte Form der Frömmigkeit ist für die katholische Kirche wesentlich, weswegen ich in das allzu euphorische Lob der digitalen Möglichkeiten - so hilfreich diese auch waren - nicht einstimmen kann", sagte der Theologe.
Auch wenn sich mit einer gewissen zeitlichen Distanz die Frage nach der Verhältnismäßigkeit der vor zwei Monaten getroffenen Maßnahmen stelle, halte er die Entscheidung der österreichischen Bischöfe zur Aussetzung nicht-öffentlicher Gottesdienst weiter für gut, so Tück:
Man stelle sich nur vor, was es für Reaktionen gegeben hätte, wenn ausgerechnet durch Gottesdienste die Infektionen explodiert wären.
Zur weiteren Entwicklung äußerte sich der Theologieprofessor differenziert. Der "wochenlange Ausnahmezustand" habe zum einen bei den Gläubigen eine neue Sehnsucht nach Liturgie und Gemeinschaft freigesetzt. "Es könnte aber auch sein, dass sich die Corona-Krise als Säkularisierungskatalysator erweist - indem sich manche sagen, mir fehlt nichts, wenn ich nicht am Gottesdienst teilnehme", analysierte er.
In der Debatte über die Systemrelevanz von Kirche in den säkularisierten Gesellschaften warne er davor, Religion auf ihren gesellschaftlichen Nutzen zu reduzieren. "Religion unterbricht funktionalistische Imperative, gerade so eröffnet sie oft einen humanen Horizont."
Quelle: kathpress