Elbs: "Wir müssen das Virus isolieren, nicht die Menschen"
"Wir müssen das Virus isolieren, nicht die Menschen." - Mit diesen Worten hat der Feldkircher Bischof Benno Elbs auf die durch Corona verschärfte Gefahr der zunehmenden Vereinsamung vieler Menschen hingewiesen. Anlässlich der Wiederaufnahme der öffentlichen Gottesdienste ab 15. Mai zog der Bischof am Mittwoch bei einem Pressegespräch in Dornbirn Bilanz über die bisherigen kirchlichen Aktivitäten in der Corona-Krise und benannte gegenwärtige und künftige Herausforderungen.
"Offene Türen - da sein für die Menschen. Das war das Bild, das in den letzten Wochen für uns als Kirche leitend war", sagte Bischof Elbs. Auch wenn keine öffentlichen Gottesdienste gefeiert werden durften, sei das religiöse und karitative Leben in den Pfarren nicht stillgestanden, "es wurde intensiver Kontakt mit den Menschen gepflegt". Durch die Einladung und Ermutigung zur Feier der sogenannten Hauskirche, bei der im Kreis der Familie gebetet wird, hätten viele Menschen eine bisher unbekannte Form des Kirche-Seins entdeckt.
Not der anderen nicht vergessen
Bischof Elbs dankte all jenen Menschen, die die bisherigen Maßnahmen mitgetragen haben und erwähnte besonders die Corona-Nothilfe der Caritas, die viele Menschen auffängt. Er verwies aber auch darauf, dass Solidarität nicht an der Grenze des eigenen Landes Halt machen dürfe: "Auch wenn die Corona-Krise für viele Menschen Kummer und Leid mit sich bringt, dürfen wir dennoch die Brennpunkte in anderen Regionen der Welt nicht vergessen, dass etwa nach wie vor viele Menschen auf der Flucht sind und vor den Toren Europas festsitzen."
Eine Krankheit der Zukunft sei die Einsamkeit, die in dieser Zeit verschärft worden ist, warnte der Bischof:
Eine Form dieser Isolation ist aber auch, wenn Menschen fortwährend als sogenannte Risikogruppe wahrgenommen werden. Das schafft bei den Betroffenen nicht nur Unsicherheit, sondern gibt ihnen zudem das Gefühl, nicht mehr gewollt zu sein. Der Grat zwischen notwendigem Schutz und gesellschaftlicher Stigmatisierung ist sehr schmal. Wir müssen den Virus isolieren, nicht die Menschen.
Die Corona-Krise habe zudem verschiedene Formen der Armut nochmals verschärft und bedrohe Menschen in ihrer Existenz. "Die Ängste und Sorgen der Menschen sind auch die Ängste und Sorgen der Kirche", unterstrich der Bischof.
Soziale und ökologische Nachhaltigkeit
Mit Blick auf die Zukunft erklärte Bischof Elbs: "Gesund werden kann der Mensch nur in einem gesunden gesellschaftlichen Umfeld und in einer gesunden Umwelt. Wir müssen eine neue Form der Nachhaltigkeit lernen, die das gesellschaftliche Zusammenleben und die Schöpfung gleichermaßen umfasst." Nachhaltigkeit zeige sich etwa in der Solidarität mit den Armen und mit der künftigen Generation; in der Zahlung eines Gehalts, das Dankbarkeit und Wertschätzung vermittelt; in der Achtung der Würde eines jeden Menschen und in der Bewahrung der Schöpfung.
Feiern in Gemeinschaft fehlt
Nora Bösch, Pastoral- und Gemeindeleiterin in Dornbirn, berichtete bei dem Pressegespräch, dass in der Corona-Krise sehr viel Neues entstanden sei, z.B. Totenwachen, die über Videokonferenz abgehalten wurden. Das sei wertvoll gewesen, dennoch habe sie immer öfter gehört:
Das Feiern in Gemeinschaft fehlt, das Miteinander gehört zum Gottesdienst. Deshalb freuen wir uns sehr, dass wir ab dem kommenden Wochenende wieder gemeinsam feiern können.
Da das Abhalten von Gottesdiensten nur mit einer eingeschränkten Anzahl an Mitfeiernden möglich ist, wird in Dornbirn über mehrere Kanäle kommuniziert, wo und zu welchen Zeiten Gottesdienste stattfinden. Es wird gebeten, auch auf Abend- oder Werktagsmessen auszuweichen. In der Pfarrkirche St. Martin dürfen 130 Personen an einem Gottesdienst teilnehmen. Dazu werden 130 Bibelkärtchen ausgegeben, ein Willkommensdienst am Eingang hält die Zahl im Blick.
"Auch wenn es ein anderes Gemeinschaftsgefühl ist, als wir es gewohnt waren, ermutigen wir die Menschen, in den Gottesdienst zu kommen. Das Miteinander-Feiern und die Verbundenheit im Glauben können gerade in dieser schwierigen Zeit Hilfe und Unterstützung sein", so Bösch.
Leichtes Sommersegel
Der Feldkircher Pastoralamtsleiter Martin Fenkart sprach einen großen Dank an die Priester, Mitarbeitenden und Ehrenamtlichen der Diözese aus. Durch deren Arbeit konnten Menschen in dieser Krise aus dem Glauben Kraft schöpfen. Und er kündigte an:
Da die geltenden Sicherheitsmaßnahmen für die Feier von Gottesdiensten streng sind, brauchen wir für unsere Kirchen ein leichtes Sommersegel: Die Katholische Kirche Vorarlberg startet von Fronleichnam bis in den Sommer hinein die sogenannte Sommerkirche.
Ziel sei es, in unkomplizierter, einfacher Weise im Kontakt und im Gespräch zu bleiben. Dies könne in Form von Alpgottesdiensten geschehen, bei einem Gebet am Lagerfeuer oder mit der PopUpChurch der Jungen Kirche an unkonventionellen Orten wie Einkaufszentren. Die Vorbereitungen für die Sommerkirche laufen derzeit - einen detaillierten Überblick werde es Anfang Juni geben, kündigte Fenkart an.
Quelle: kathpress