NGOs fordern 100-Millionen-Euro-Coronapaket für Entwicklungsländer
Die Corona-Pandemie ist eine globale Krise, die nicht an den Grenzen Österreichs Halt macht. Heimische NGOs, die in der Entwicklungszusammenarbeit engagiert sind, haben deshalb am Freitag im Rahmen einer Video-Pressekonferenz die österreichische Bundesregierung aufgefordert, rasch ein 100-Millionen-Euro-Soforthilfepaket für Entwicklungsländer zu schnüren. Annelise Vilim, Geschäftsführerin der AG Globale Verantwortung, warnte vor Hunger, Gewalt und Instabilität in Entwicklungsländern als Folgen der Pandemie. Dies sei der beste Nährboden für Konflikte, Terror und weitere Flüchtlingsbewegungen. "Und das bedeutet auch ein hohes Risiko für Österreich", so Vilim.
Deshalb sei es auch im eigenen österreichischen Interesse, die ärmsten Länder der Welt bei der Bekämpfung des Virus und seiner wirtschaftlichen und sozialen Folgen zu unterstützen. "Sonst kommt das Virus in Wellen, seien es gesundheitliche oder auch wirtschaftliche, auch zu uns zurück, so Vilim. Sie zeigte sich überzeugt: "Wir besiegen das Virus weltweit oder gar nicht." Dem Soforthilfepaket müsse der langfristige Ausbau der heimischen Entwicklungszusammenarbeit folgen, wie er im aktuellen Regierungsprogramm auch vorgesehen sei.
Die AG Globale Verantwortung ist ein Dachverband mit 35 Mitgliedsorganisationen aus den Bereichen Entwicklungszusammenarbeit und Humanitäre Hilfe, darunter auch kirchliche wie Caritas, Katholische Frauenbewegung, oder Diakonie.
Caritas-Auslandshilfechef Andreas Knapp warnte anhand von Beispielen aus Schwerpunktländern der Caritas in Afrika davor, dass auf die Virusepidemie eine Hungerepidemie folgen könnte. Er berichtete u.a. davon, dass in der Republik Kongo allein schon die Ankündigung einer Ausgangssperre dazu geführt habe, dass sich die Preise für Nahrungsmittel auf den lokalen Märkten verdreifachten. Die Ausgangssperren würden auch den Armen, die im informellen Sektor tätig sind und täglich von der Hand in den Mund leben, jede Form von Einkommen nehmen.
Im Kongo und im Südsudan hat die heimische Caritas in den vergangenen Jahren Kleinbauern bei der Produktion und Vermarktung ihrer Produkte auf lokalen Märkten unterstützt. Durch die Pandemie fehle den Bauern nun aber der Zugang zu diesen Märkten. All das habe langfristige dramatische Folgen, so Knapp.
Andrea Barschdorf-Hager, Geschäftsführerin CARE Österreich, warnte in ihrem Statement davor, dass die von der Pandemie verursachte zunehmende Armut auch dazu führen wird, dass wieder mehr Mädchen schon als Kinder verheiratet werden. Weiters könnten aufgrund der Pandemie die Heuschreckenplage in Ostafrika nicht entsprechend bekämpft werden. "Wenn wir den Menschen vor Ort jetzt nicht helfen, dann verspielen wir all unsere Glaubwürdigkeit", so der Appell der CARE-Geschäftsführerin an die Bundesregierung.
Schwache Gesundheitssysteme
Michael Opriesnig, Generalsekretär des Roten Kreuzes, wies auf die schwachen Gesundheitssysteme in vielen Ländern hin, wo es kaum möglich sei, Corona-Patienten zu behandeln. Noch schwieriger sei das in Konfliktregionen - wie etwa in Afghanistan. Dort hilft das Rote Kreuz Spitäler mit medizinischer Ausrüstung. "Damit wir das weiterhin tun können, brauchen wir Unterstützung", so Opriesnig.
Das von den NGOs geforderte Rettungspaket "muss inklusiv sein, also für und mit Menschen mit Behinderungen ausgestaltet und umgesetzt werden", mahnte Sabine Prenn, Geschäftsführerin von Licht für die Welt Österreich, ein. Elisabeth Hauser, Geschäftsführerin von SOS Kinderdorf Österreich, sprach davon, dass die Pandemie weltweit eine existenzielle Gefahr für die Gesundheit, den Schutz und die Entwicklung von Kindern sei: "Ausgangssperren, Schulschließungen und ausbleibende Einkommensmöglichkeiten von Familien treffen Kinder extrem hart. Ohne umfassende Hilfsmaßnahmen bedeutet das für viele Kinder, dass sie aktuell hungern und womöglich ihren Bildungsweg für immer abbrechen müssen."
(Infos: www.globaleverantwortung.at)
Quelle: kathpress