Fürnsinn: "Vielleicht müssen wir Österreich neu denken"
"Wir brauchen einen neuen Schub an Vertrauen. Solidarität und Mitgefühl müssen starke Orientierungspunkte unserer gesellschaftlichen Zukunft sein." Mit diesen Worten hat sich der frühere Propst von Stift Herzogenburg, Maximilian Fürnsinn, zur Coronakrise geäußert. In der Krise seien schon neue "solidarische Lebensgeister geweckt" worden, so Fürnsinn im Interview mit der St. Pöltner Kirchenzeitung "Kirche bunt" (aktuelle Ausgabe). Nun brauche es weiterhin eine neue Achtsamkeit und eine Ökonomie der Verbundenheit im gesellschaftlichen und politischen Leben. Nachsatz: "Vielleicht müssen wir Österreich sogar neu denken." Fürnsinn äußerte sich anlässlich seines Geburtstags: Er wurde am 5. Mai 80 Jahre alt.
Auch in der Kirche steht nach Ansicht des Ordensmannes vieles an: "Es geht beispielsweise deutlicher um die Gottesfrage: Wo bleibt Gott in der Krise? Da müssen wir Antworten geben." Und: "Wir sollten auch an eine geistige Grundversorgung denken, um mit dieser religiös-spirituellen Dimension einen Halt zu geben."
Die "Hauskirche" sei wieder entdeckt worden; das persönliche und gemeinsame Gebet sei bei vielen Menschen wieder lebendig geworden, "bis hin zu tragfähigen Netzwerken der Fürbitte", hob Fürnsinn positiv hervor. Zugleich gelte aber auch: "Feiern wir mit großer Freude und Begeisterung wieder unsere Gottesdienste in den Kirchen."
Umgekehrt sei durch die Krise auch der blinde Glaube an Fortschritt und Machbarkeit erschüttert worden. Die Menschen erlebten derzeit ein unglaubliches Ohnmachtsgefühl, das freilich für Milliarden Menschen auf der Welt auch vor der Krise schon Alltag war, so Fürnsinn: "Es stellt sich immer mehr die Frage: Was hält uns?"
40 Jahre Propst
Maximilian Fürnsinn wurde am 5. Mai 1940 in Herzogenburg geboren. Er entstammt einer Fleischhauerfamilie und absolvierte nach dem Besuch der Volks- und Hauptschule im Ort eine Fleischerlehre, obwohl er schon immer Priester werden wollte. Nach der Matura in Horn trat er in das Stift Herzogenburg ein und begann 1966 ein Philosophie- und Theologiestudium an der Ordenshochschule in Klosterneuburg und Wien. Nach der Priesterweihe 1972 war er zunächst als Kaplan in Herzogenburg tätig, wurde dann am 18. April 1979 zum 68. Propst des Stiftes Herzogenburg gewählt und am 2. Juni desselben Jahres zum Abt geweiht.
Fürnsinn war der längstdienende Propst in der 900-jährigen Geschichte des Stiftes Herzogenburg und zugleich der längstdienende Abt Österreichs. 27 Jahre war er auch Vorsitzender der Niederösterreichischen Äbtekonferenz und 15 Jahre lang - von 1998 bis 2013 - Vorsitzender der Superiorenkonferenz der Männerorden in Österreich. Bei der anstehenden Herzogenburger Propst-Wahl im April 2019 trat er nicht mehr an. Zu seinem Nachfolger wurde Petrus Stockinger gewählt.
Auf seinen "Ruhestand" seit einem Jahr angesprochen, meinte Fürnsinn im "Kirche bunt"-Interview: "Ich bin auf einem guten Weg - aber es ist eine gewaltige Umstellung. Nach 40 Jahren Amtszeit ist das ein Abschied, der viel Disziplin braucht." Es sei nicht so sehr ein Thema der "Macht", sondern der "Möglichkeiten für die Gestaltung und Bestimmung eines Weges". Aber er habe schon einen guten Rhythmus gefunden: "Ich lebe das Leben meiner Kommunität mit, das gibt eine gewisse Ordnung und Struktur vor. Trotzdem habe ich viele Termine im Kalender stehen. Ich bin auch dabei, gewisse Dinge neu einzuüben: lesen lernen; mehr Zeit für Gespräche; viele Telefonate; schreiben; und immer wieder ein Stück Gelassenheit." Er sei von Natur aus kein "Ruheständler", aber: "Ich lerne Freizeit einzuüben."
Quelle: kathpress