Energetisch in die "Zeitenwende": Corona beflügelt Esoterik-Szene
Die aktuelle COVID-19-Krise sorgt nicht nur für eine Ventilierung verschiedenster Verschwörungstheorien, sondern sie beflügelt auch die Esoterik-Szene: Das zeigt ein Bericht der beiden Leiter der Beratungsstellen für Glaubens-, Religions- und Sektenfragen in der Erzdiözese Wien und Salzburg, Johannes Sinabell und Meinrad Föger. Demnach lasse sich bei einer Durchsicht insbesondere der einschlägigen Websites und Online-Publikationen ein gesteigertes Interesse an esoterischen Erkläransätzen sowie an esoterischen Angeboten zur Krisenbewältigung und zur Vorbereitung auf die "Zeitenwende" erkennen, so die beiden Experten in dem Text, der auf www.weltanschauungsfragen.at abrufbar ist.
Den größten Raum nimmt dabei laut Sinabell und Föger der Bereich der sogenannten "Wohlfühl-Esoterik" ein:
Ein riesiger Bereich der Esoterik besteht auch jetzt aus dem Angebot verschiedenster 'Wohlfühl'-Produkte bzw. -Dienstleistungen: Flüssigkeiten, Steine, Kräuterprodukte, energetische Reiniger, usw.; sowie Meditationen, Rituale, geführte Gedankenreisen, 'Channelings'. Aufhänger dafür sind nun die Schlagworte 'Immunsystem' und 'Entschleunigung'.
Dabei seien gewiss nicht alle Tipps und Empfehlungen von der Hand zu weisen - gesunde Ernährung, Kräuterprodukte, sich Zeit für sich nehmen: dies alles "trägt sicher ganzheitlich zur Gesundheit und zum Wohlbefinden bei". Bedenklich und gar gefährlich werde es aber, "wenn damit auch suggeriert wird, dass dir - wenn du nur diese Anweisungen befolgst - gar nichts mehr passieren kann". Je nach "Esoterik-Typ" würden so "Methoden auf dem Niveau von Wellness und Psychosomatik völlig über- und das Virus sträflich unterschätzt", so die Experten. In der "gefährlichsten Variante" esoterische Angebote werde das Virus gar "als notwendiges Durchgangsstadium zum geistigen Aufstieg bzw. zur Erhöhung der Schwingung stilisiert" und der Tod "nur als Schritt in die neue Dimension betrachtet".
Impuls zum "Aufstieg in geistige Welt"?
Neben diesen Formen von "Wohlfühl"- und "Alles wird gut-Esoterik" lasse sich als dritte Form auch noch der Versuch ausmachen, die aktuelle Corona-Krise als Zeichen der bereits von der "New Age"-Bewegung in den 1980er-Jahren diagnostizierten "Zeitenwende" zu deuten. So werde die aktuelle Krise etwa als eine Entwicklung "hin zu mehr 'geistigen' und weniger 'materiellen' Prinzipien und Werten" oder als Anstoß zu einem esoterischen "Aufstieg in die geistige Welt" gedeutet.
Bei dieser Frage der Zeitenwende jedoch lasse sich in den esoterischen Foren und Webangeboten keine einheitliche Linie ausmachen, so die Bilanz von Sinabell und Föger: "In der Einschätzung, ob die neue Welt dann für 200 Jahre gilt oder ein Sprung in eine völlig neue Bewusstseinsebene ist, ob alle Menschen oder nur ein paar davon betroffen sind, gibt es hingegen große Unterschiede. Offenbar sind sich die verschiedenen Erzengel, aufgestiegenen Meister und Sternzeichen da noch nicht einig."
Quelle: kathpress