Caritas: Die Armen Afrikas trifft die Coronakrise doppelt
Vor einer humanitären und sozialen Katastrophe in vielen Ländern Afrikas im Zuge der Corona-Pandemie hat Caritas-Auslandshilfechef Andreas Knapp gewarnt. Er sei sich bewusst, dass sich auch Österreich derzeit in einer schwierigen Lage befinde, so Knapp in der "Kleinen Zeitung" und in der "Neue Vorarlberger Tageszeitung" (Samstag-Ausgaben). Er bitte aber, "den Blick in jene Länder, die deutlich weniger Kapazitäten hätten als wir, nicht zu vergessen und die Menschen nicht im Stich zu lassen".
Inzwischen hat sich das Coronavirus in fast allen 54 afrikanischen Staaten ausgebreitet. Die Infektions- und Sterbezahlen sind derzeit noch im moderaten Bereich, doch zeigen die Kurven in einigen Ländern bereits einen ähnlichen Anstieg wie anfangs auch auf anderen Kontinenten. "Es ist wie die Ruhe vor dem Sturm", so Knapp.
In der Demokratischen Republik Kongo hätten sich allein durch die Ankündigung einer Ausgangssperre die Preise auf den Märkten verdreifacht. "Die Menschen waren sich nicht sicher, ob die Versorgung weiter sichergestellt ist", berichtete Knapp. Für Taglöhner oder Handwerker bedeuteten die Ausgangssperren, dass sie keinerlei Einkommen mehr haben. "Gerade in Staaten, wo die Regierungen nicht in der Lage sind, Hilfspakete wie bei uns zu stemmen, ist das für die Menschen eine echte Katastrophe."
Warnung vor zunehmender Kinderarbeit
Ruanda, Mauritius und Tunesien verhängten als erste Ausgangssperren; Mauritius schloss sogar Supermärkte und Bäckereien für zehn Tage. Auch Südafrika, die größte Wirtschaftsnation des Kontinents, verbietet ihren Bürgern, das Haus zu verlassen. In Nigeria gelten in Lagos und Abuja Ausgangssperren, wo Millionen Menschen dicht gedrängt in Slums wohnen, wo es an Wasser und Seife fehlt und eine Ausbreitung des Virus schwer aufzuhalten ist. Viele Menschen stünden vor der Wahl, entweder die Maßnahmen einzuhalten und zu hungern oder für Besorgungen auszugehen und Strafen zu riskieren, erläuterte Knapp:
Längerfristig fürchten wir, dass Kinderarbeit oder die Verheiratung von minderjährigen Mädchen wieder zunehmen - weil man auf das Brautgeld angewiesen ist.
Auch für die Helfer bedeuten die Flug- und Ausgangsverbote Einschränkungen: Das Kinderhilfswerk Unicef beklagte kürzlich größere Unterbrechungen bei der Lieferung von Impfstoffen nach Westafrika. Ein Papier des französischen Außenministeriums warnt sogar davor, fragilen Staaten Afrikas könnte in Folge der Coronakrise der Zusammenbruch drohen.
Als wäre es damit nicht genug, kämpfen mehr als zehn ostafrikanische Staaten weiter mit einer Heuschreckenplage. Die Tiere fressen ganze Landstriche kahl, die Ernährung von mehr als 20 Millionen Menschen steht auf dem Spiel. Jetzt scheitert die Anreise von Experten oder Anlieferung von Mitteln gegen die Insekten an Flugverboten.
Dennoch gibt es laut Knapp auch Hoffnung: Einige Staaten hätten durch ihre Erfahrung mit der Ebola-Bekämpfung jetzt gut reagiert, an den Grenzen rasch mit Fiebermessungen begonnen und Protokolle zum Umgang mit einer Viruskrise entwickelt. Zudem sei auch der Anteil Jüngerer an der Bevölkerung im Vergleich zu Europa höher. Dennoch bleibe abzuwarten, ob es gelingen wird, die Ausbreitung einzudämmen, so Knapp.
Das internationale Caritas-Netzwerk "Caritas Internationalis" hat einen globalen Hilfsfonds zur Finanzierung von Projekten gegen die Coronakrise eingerichtet. "Homeschooling wie bei uns ist in Gegenden, wo es weder Internet noch Laptops gibt, natürlich schwierig", sagte Knapp. Man entwickle kreative Lösungen: "Unsere Lehrer vor Ort versuchen, mit lokalen Radiosendern zusammenzuarbeiten und Bildungsprogramme fortzusetzen."
Quelle: kathpress