Kirche: Corona-Krise als Anlass für Neuausrichtung nehmen
Die Coronaskrise soll Anlass für eine "Neuausrichtung auf einen sozial und ökologisch nachhaltigen Wirtschaftspfad und eine globalisierte Solidarität" sein. Dazu hat die Koordinierungsstelle der Österreichischen Bischofskonferenz für internationale Entwicklung und Mission (KOO) in einer Aussendung am Freitag aufgerufen. Die weltweiten Auswirkungen durch die im Zuge der Pandemie beschlossenen Maßnahmen ließen "die bisherigen Wege des globalen und nationalen Wirtschaftens einmal mehr hinterfragen". Vor dem Hintergrund der "viel größeren" Klimakrise sei es notwendig, die Ökonomien neu auszurichten, erklärte KOO-Geschäftsführerin Anja Appel. Die österreichische Regierung nahm sie dabei in die Pflicht.
Die Klimakrise fordere bereits jetzt weltweit viele Tote. Die jetzt eingeleiteten wirtschafts- und finanzpolitischen Maßnahmen zur Bewältigung der Coronakrise müssten mit ordnungspolitischen Schritten zur Erreichung der Pariser Klimaziele und den Nachhaltigen Entwicklungsziele der Agenda 2030 verknüpft werden, urgierte Appel. Die gegenwärtige Lage verdeutliche zum einen, wie notwendig Solidarität und Kooperation für resiliente - also zum Widerstand in Bedrohungslagen fähige - Gesellschaften sind. Zum anderen zeige sich, dass auch ambitionierte politische Maßnahmen gesellschaftlich breit akzeptiert und demokratisch legitimiert werden können, sofern die Politik gleichzeitig transparent analysiert und kommuniziert.
Die Coronakrise bietet nach Überzeugung der kirchlichen EZA-Fachfrau die Chance auf eine geordnete sozial-ökologische Transformation des globalen Wirtschaftssystems. "Wir wissen schon lange, dass es mit unserem Lebensstil und Konsumverhalten so nicht weitergehen kann. Aber wenn man bestimmte Pfade beschreitet, kann man diese nur durch vehemente Einschnitte verlassen", sagte Appel. "So einen Einschnitt erleben wird gerade." Um die Klimakrise noch abzuwenden bzw. ihre Auswirkungen abzumildern seien grundlegende Veränderungen notwendig, "die auf lange Sicht viel Positives bringen werden".
Krisen verstärken Ungleichheiten
Dass freilich Krisen bestehende Ungerechtigkeiten verstärken, könne auch bei der COVID-19-Pandemie beobachtet werden. Als Beispiele nannte Appel die unterschiedlichen Ressourcen beim heimischen "Homeschooling" oder weltweit den Zugang zu sauberem Wasser, die Versorgung mit medizinischem Equipment und Personal. "Für viele Menschen in unseren Partnerländern im globalen Süden ist der Wegfall des Broterwerbs gerade für ArbeiterInnen und KleinstunternehmerInnen v.a. im informellen Sektor gleichbedeutend mit Hunger und Krankheit", befürchtet die Geschäftsführerin der kirchlichen Plattform von in der EZA tätigen Organisationen. Die Coronakrise gefährde viele entwicklungspolitische Erfolge der letzten Jahrzehnte. Ganze Bevölkerungen würden durch die Krankheit und strukturelle Kettenreaktionen sozial, gesundheitlich und wirtschaftlich geschwächt, beispielsweise wenn Impfprogramme ausgesetzt werden und Kinder später an eigentlich vermeidbaren Infekten erkranken.
Es sei an der Zeit, solche "eklatanten systemischen Ungerechtigkeiten" in Angriff zu nehmen, betonte Appel. Sie sprach sich dafür aus, internationale Steueroasen zu schließen, eine Finanztransaktionssteuer einzuführen sowie eine sozial-ökologische Steuerreform umzusetzen. "Unbedingt erforderlich" sei auch ein maßgeblicher Schuldenerlass und der Verzicht auf bisherige Praktiken wie Restrukturierungsmaßnahmen oder Einschnitte in öffentliche Gesundheits- und Bildungssysteme. Die KOO-Geschäftsführerin abschließend: "Wir fordern daher die österreichische Regierung auf, sich im Pariser Club für einen weitreichenden Schuldenerlass einzusetzen und das eigene Engagement in der bi- und multilateralen Entwicklungszusammenarbeit und Humanitären Hilfe unbedingt und weitreichend auszuweiten."
Quelle: kathpress