Bischof Scheuer: "Die Krise ist nicht als Strafe zu verstehen"
Als Strafe Gottes darf die Corona-Krise nicht gesehen werden. Das hat der Linzer Bischof Manfred Scheuer am Donnerstag im Interview mit den "Oberösterreichischen Nachrichten" betont. Die Formel "Weil du ein böses Kind warst, wirst du bestraft" widerspreche dem Gottesbild, das Jesus Christus vermittelt habe, so der Bischof. Die Grundfrage laute bei den meisten nicht wie kann Gott das zulassen, sondern wie kann ich trotzdem Ja zum Leben sagen?
Ob die Krise das Handeln der Menschen nachhaltig verändern wird, sei schwer zu sagen, "aber ich glaube, dass wir in einem Jahr woanders sind als vor Ende Februar 2020", so der Bischof. Man sehe jetzt schon, dass Wertschätzung da ist, etwa für Menschen in der Pflege und in Supermärkten, aber auch für Lehrer und die Wissenschaft, wo das nicht immer so der Fall gewesen sei.
Die Beschränkungen der Freiheitsrechte sieht der Bischof als legitimiert. Noch nötiger brauche es jetzt aber Hilfe vom Staat. "Das ist sinnvoll, weil ein Massenelend zu großen gesellschaftlichen und sozialen Verwerfungen und Unruhen führen würde. Insofern ist es wichtig, dass es hier ein soziales Auffangnetz gibt", so Scheuer.
Glaube, Hoffnung, Liebe sollen wachsen
Ob Menschen in der Krisenzeit wieder mehr zum Glauben finden, komme auf die jeweilige Biografie an.
Leiden und Krisen können zum Haltegriff der Verweigerung oder des Fluches werden. Sie können aber auch das Sprungbrett in den Glauben sein. Es geht aber nicht darum, dass wir als Kirche gewinnen, sondern dass in unserem Land Glaube, Hoffnung und Liebe wachsen, also die Solidarität, Nächstenliebe und das Vertrauen in Gott gestärkt werden.
Zum Problem wird laut Scheuer auch die mit der Corona-Krise verbundene Vereinsamung vieler Menschen. "Insgesamt muss es in unserer Gesellschaft ein großes Anliegen sein, das Virus der Vereinsamung zu überwinden. Ich muss eingestehen, dass es auch uns in der Kirche mit den Priestern recht und schlecht gelingt, die Einsamkeit kreativ zu leben." Das Hauptanliegen sei aber nicht Zölibat oder Nichtzölibat, sondern: Welche Beziehungen tragen mich? "Ja, das nehme ich wahr, und ich sehe nicht nur in der Änderung des Gesetzes oder der Zulassungsbedingungen eine Aufgabe für uns."
Angesprochen auf den Strukturprozess in der Diözese meinte der Bischof: "Wir haben von Rom das Signal bekommen, dass das in Bearbeitung ist und wir in absehbarer Zeit eine Resonanz bekommen." Scheuer ist überzeugt, es gebe keine Alternative für den Zukunftsweg, "weil mit dem bisherigen Weg stehen wir da und dort doch ziemlich an". Aber zunächst werden die Pfarren im Herbst damit beschäftigt sein, das normale Leben wieder in Gang zu bringen, "weil wir im Frühjahr keine Erstkommunionen und Firmungen haben".
Quelle: kathpress