Jesus spricht: Ich bin/Teil 1
Ich bin das Brot des Lebens
Im Johannesevangelium teilt Jesus die Bedeutung seiner Person für uns Menschen durch eine Reihe von Aussagen mit, die mit ‚Ich bin’ beginnen. Die erste heißt: „Ich bin das Brot des Lebens.“ Sie steht dreimal (6,35.48.51) in der Erklärung, die auf die Brotvermehrung, die wunderbare Speisung der großen Volksmenge (6,1-15), folgt. Später finden sich: „Ich bin das Licht der Welt“ (8,12; 9,5) und „Ich bin der gute Hirt“ (10,11.14) und andere.
Die wunderbare Speisung hat ihren Sinn nicht darin, dass Jesus seine Macht zeigt und dass er sie immer wieder einsetzen wird, um die Menschen von der Mühe um das tägliche Brot zu befreien. Er will ein Zeichen setzen und zeigen, dass er selber, in Person für sie das Brot des ewigen Lebens ist. Um Jesus besser zu verstehen, sollten wir uns darauf besinnen, welche Bedeutung das gewöhnliche, irdische Brot für uns Menschen hat.
Unser Verhältnis zum gewöhnlichen Brot
Für unser Verhältnis zum Brot gilt: Wir brauchen es unbedingt, um leben zu können. Wir müssen es essen. Seine Kraft ist begrenzt. Wer kein Brot hat oder wer es nicht isst, stirbt. Es kommt aber der Zeitpunkt, an dem uns auch die beste Nahrung nicht vor dem Tod bewahren kann, an dem wir unser Leben unrettbar verlieren. Das gilt für die Beziehung zwischen unserem irdischen Leben und dem irdischen Brot.
Jesus das Brot des Lebens
Jesus sagt von sich selber: „Ich bin das Brot des Lebens; wer zu mir kommt, wird nie mehr hungern, und wer an mich glaubt, wird nie mehr Durst haben“ (6,35). Es ist zentraler Inhalt der Verkündigung Jesu, dass es nicht nur das irdische Leben gibt, das wir alle aus unserer unmittelbaren Erfahrung kennen, sondern dass es darüber hinaus das ewige Leben gibt. Der Tod ist das Ende des irdischen Lebens. Er bedeutet aber nicht das absolute Ende, das Versinken im Nichts, sondern ist der Durchgang zum ewigen Leben. Dieses besteht darin, dass wir am ewigen, unvergänglichen Leben Gottes teilnehmen dürfen. Von diesem Leben haben wir keine Kenntnis aus unserer menschlichen Erfahrung, sondern wir hören von ihm durch das Wort Jesu. Er lädt uns ein und fordert uns auf, an sein Wort vom ewigen Leben zu glauben und auch daran zu glauben, dass er im Hinblick auf dieses Leben für uns die Bedeutung des Brotes hat.
Das heißt nun: Wie wir für unser irdisches Leben unausweichlich auf Brot, auf Speise, angewiesen sind, so hängen wir für das ewige Leben ganz und gar von Jesus ab; ohne die Verbindung mit ihm gibt es für uns kein ewiges Leben. Damit das irdische Brot seine Lebenskraft für uns entfaltet, müssen wir es essen; wer das Brot nur anschaut, wird vor vollen Brotkörben verhungern. Die Verbindung mit Jesus, durch die uns das ewige Leben geschenkt wird, geschieht durch den Glauben. Wer an Jesus glaubt, hat das ewige Leben, das nicht begrenzt, sondern unvergänglich, ohne Ende ist. Wer nicht an Jesus glaubt, schließt sich vom ewigen Leben aus, hat keinen Anteil an ihm.
Das ewige Leben
Das ewige Leben besteht darin, dass wir mit Jesus und durch Jesus am Leben Gottes teilhaben. Jesus, den Gekreuzigten, hat Gott, der Vater, von den Toten auferweckt und hat ihn in seine göttliche Herrlichkeit und Seligkeit, in sein göttliches Leben aufgenommen. Wenn wir an ihn als den Auferstandenen glauben, werden wir mit ihm auferstehen und werden mit ihm aufgenommen in das Leben Gottes. Ewiges Leben ist ewige Lebensgemeinschaft mit Gott. Für sie ist Jesus Brot, das Brot des ewigen Lebens.
Für uns kann es eine große Herausforderung sein, dass wir uns der Person Jesu anvertrauen und seinem Wort bedingungslos glauben sollen. Manche mögen sich überfordert fühlen und zögern, an ihn zu glauben. Wir sollten aber auf Jesus schauen, wie er sein Leben für uns eingesetzt hat; wir sollten auf die vielen Menschen in der Kirche schauen, die sich zu allen Zeiten auf Jesus eingelassen haben und ihm gefolgt sind; wir sollten auf das wunderbare Ziel schauen, das es zu erreichen gilt, und so mutig und entschlossen an Jesus glauben und an sein Wort, dass er für uns das Brot des Lebens ist.
P. Dr. Klemens Stock SJ