Rumänisch-orthodoxer Patriarch Daniel besucht Österreich
Wien, 5.6.09 (KAP) Der rumänisch-orthodoxe Patriarch Daniel I. (Ciobotea) besucht von 12. bis 16. Juni Österreich. Eigentlicher Anlass des Besuchs ist die Weihe der beiden neuen rumänisch-orthodoxen Gotteshäuser in Wien und Salzburg. Zugleich hat der Besuch hohe ökumenische Bedeutung. Der Österreichbesuch ist die erste Auslandsreise des rumänisch-orthodoxen Patriarchen überhaupt nach seinem Antrittsbesuch beim Ökumenischen Patriarchen von Konstantinopel, Bartholomaios I., Anfang Juni.
Begleitet wird Patriarch Daniel von einer hochrangigen Delegation, der u.a. der rumänisch-orthodoxe Metropolit von Deutschland und Zentraleuropa, Serafim (Joanta), der Metropolit von Ardeal, Laurentiu (Streza), sowie der Metropolit von Targoviste, Nifon (Mihaita), angehören.
Den Auftakt des Besuchs stellt eine Festakademie der Stiftung "Pro Oriente" am Freitag, 12. Juni, in Salzburg dar. In Anwesenheit von Erzbischof Alois Kothgasser und weiterer Vertreter der Ökumene wird Patriarch Daniel dabei einen Festvortrag zum Thema "Die Lage der Rumänisch-Orthodoxen Kirche und ihre ökumenischen Beziehungen im Kontext der Neugestaltung Europas" halten. Der Gottesdienst zur Einweihung der in traditioneller siebenbürgischer Bauweise errichteten rumänischen Holzkirche in Salzburg-Schallmoos findet am Samstag, 13. Juni, um 10 Uhr statt.
Am Sonntag, 14. Juni, weiht der Patriarch in Wien die nach siebenjähriger Bauzeit fertiggestellte rumänische Andreaskirche in Wien-Simmering. Beginn des Gottesdienstes ist um 9.30 Uhr. Bei der Weihe werden auch Kardinal Christoph Schönborn und weitere Spitzenvertreter der christlichen Kirchen anwesend sein. Patriarch Daniel I. ist in Wien Gast von Kardinal Schönborn, mit dem er noch aus gemeinsamer Zeit an der Theologischen Fakultät Fribourg sehr verbunden ist. Am Nachmittag wird Patriarch Daniel zu einem Besuch ins Stift Heiligenkreuz aufbrechen, wo er von Abt Gregor Henckel-Donnersmarck empfangen wird.
Der Montag, 15. Juni, ist von offiziellen Terminen geprägt. So wird Patriarch Daniel zunächst um 11 Uhr von Bürgermeister Michael Häupl im Wiener Rathaus empfangen, wo er sich ins Goldene Buch der Stadt Wien einträgt. Nach einem Empfang beim griechisch-orthodoxen Metropoliten Michael Staikos folgt um 17 Uhr eine Visite bei Bundespräsident Heinz Fischer in der Hofburg. Um 18.30 Uhr wird der Patriarch die Österreichische Nationalbibliothek besuchen und dabei u.a. kostbare rumänische Bücher und Handschriften besichtigen.
Am Abend folgt auf Einladung von "Pro Oriente" ein Festakt im Prunksaal der Nationalbibliothek; dabei wird Weihbischof Helmut Krätzl den Wiener Erzbischof repräsentieren. Auch bei diesem Festakt wird Daniel I. zur aktuellen Situation seiner Kirche und ihren ökumenischen Beziehungen Stellung nehmen. Im Rahmen des Festaktes wird der rumänisch-orthodoxe Patriarch mit dem Titel eines Protektors der Stiftung "Pro Oriente" ausgezeichnet.
Am Dienstag, 16. Juni, besucht Patriarch Daniel zunächst um 11 Uhr den Wiener Stephansdom; dabei spricht er u.a. am Grab von Kardinal König ein Gebet. Es folgt um 14 Uhr ein Besuch des Kunsthistorischen Museums, in dem die Ikone der Hl. Petrus und Paulus mit der slawischen Inschrift des moldauischen Fürsten Petru Schiopul zu sehen ist. Um 15.30 Uhr ist ein Gebet am sogenannten "Moldauer Kreuz" in Wien-Meidling vorgesehen.
Das "Moldauer Kreuz" erinnert an eine dramatische Episode: Der walachische Fürst Serban Cantacuzino war als Lehensmann dem osmanischen Sultan zur Heeresfolge verpflichtet. An der osmanischen Belagerung Wiens im Jahr 1683 musste der Fürst mit seinen Truppen teilnehmen. Die Rumänen errichteten in ihrem Lager ein Kreuz; täglich wurde auch auf osmanischer Seite die Heilige Messe gefeiert.
Dura: Besuch ist "ökumenische Geste"
Wie der rumänisch-orthodoxe Bischofsvikar Nicolae Dura im Gespräch mit "Kathpress" betonte, hat der Österreich-Besuch des Patriarchen nicht nur pastorale Bedeutung für die Gläubigen seiner Kirche, es gehe "vor allem um eine ökumenische Geste". Der Besuch Patriarch Daniels I. sei der dritte Besuch eines rumänisch-orthodoxen Patriarchen in Österreich. Zuvor hatten im Jahr 1968 Patriarch Justinian und 1987 Patriarch Teoctist Österreich besucht.
Der Besuch Justinians in Österreich stellte die freundschaftliche Antwort auf einen Rumänien-Besuch Kardinal Franz Königs im Jahr 1967 dar. Der Besuch Kardinal Königs im Rumänien Ceausescus löste damals international großes Aufsehen aus. König gelang es u.a., die Entlassung des katholischen Bischofs Aron Marton aus dem Hausarrest zu erreichen.
Patriarch Daniel I. - der als einer der bedeutendsten orthodoxen Theologen der Gegenwart gilt - ist seit langem mit Kardinal Christoph Schönborn verbunden. Der Kardinal reiste erstmals aus Anlass der Verleihung eines Ehrendoktorats der Universität Bukarest im Mai 2000 nach Rumänien. Es folgte im September 2001 die Teilnahme an einem internationalen Symposion im rumänischen Kloster Durau über die Rezeption der Aufklärung in der katholischen und in der orthodoxen Kirche. An der Tagung nahm auch der heutige Patriarch - damals noch Metropolit von Iasi - teil.
Im Mai 2005 traf der Wiener Erzbischof mit dem heutigen Patriarchen bei einem Symposion unter dem Titel "Christus in unserer Mitte - Die Bedeutung der Liturgie für das tägliche Leben in der Gesellschaft von heute" zusammen, das ebenfalls im Kloster Durau stattfand. Beide Symposien wurden von der Stiftung "Pro Oriente" veranstaltet.
Das bislang letzte Zusammentreffen des Kardinals mit Patriarch Daniel fand im Oktober 2007 statt, als der Wiener Erzbischof von der Orthodoxen Theologischen Fakultät der Universität Sibiu und von der Universität Cluj mit Ehrendoktoraten ausgezeichnet wurde.
Zweitgrößte orthodoxe Kirche
Mit mehr als 20 Millionen Gläubigen ist die rumänisch-orthodoxe Kirche (nach dem Moskauer Patriarchat) die weltweit zweitgrößte orthodoxe Kirche. Ihr gehören etwa 87 Prozent der rumänischen Bevölkerung an; auf Grund der starken Emigrationsbewegung ist die rumänisch-orthodoxe Kirche heute auch in Italien, Frankreich, Spanien und Portugal, aber auch in Übersee präsent. Nach der Zeit des Kommunismus erlebte die rumänische Orthodoxie einen bis heute andauernden Aufschwung. So gibt es mittlerweile in Rumänien wieder 15 theologische Fakultäten und rund 500 Klöster mit mehr als 8.000 Mönchen und Nonnen.
In Österreich ist die rumänisch-orthodoxe Kirche durch das "Orthodoxengesetz" von 1967 offiziell anerkannt. Derzeit bestehen sieben rumänisch-orthodoxe Pfarren in Wien, Graz, Salzburg, Linz, Knittelfeld, Klagenfurt und Feldkirch. Die rumänisch-orthodoxe Kirche in Österreich zählt zur Metropolie von Deutschland und Zentraleuropa.
Im Vorfeld des Besuchs des Patriarchen lädt Bischofsvikar Dura am Mittwoch, 10. Juni, um 11 Uhr zu einer Presseführung durch die Andreaskirche in Wien-Simmering (Simmeringer Hauptstraße 161, 1110 Wien).