Schönborn bedauert Ausstieg Österreichs aus UN-Migrationspakt
Kardinal Christoph Schönborn bedauert den Ausstieg Österreichs aus dem UN-Migrationspakt. "Das Migrationsproblem ist ein weltweites Problem. Zu glauben, dass man das Migrationsproblem in Österreich alleine lösen kann, ist zumindest ein bisschen hinterfragbar", sagte der Vorsitzende der Österreichischen Bischofskonferenz am Sonntag in der ORF-Sendung "Hohes Haus". "Alleine werden wir nichts schaffen. Wir können in einer globalen Welt nur vernetzt mit guten Brücken zu den Nachbarn arbeiten und leben."
Zugleich zeigte sich Schönborn betroffen vom Schicksal der jungen Familie in Vorarlberg, die abgeschoben werden soll. "Ich empfinde sehr mit meinen Landsleuten in Vorarlberg, die über diesen Fall empört sind." Wenn eine Familie "bestens integriert" sei wie im vorliegenden Fall, dann sei es "ein Verlust für Österreich solche Menschen nicht hier zu behalten". Diese seien schließlich ein Gewinn für das Land - insofern müsse man "unbedingt das humanitäre Bleiberecht einsetzen", forderte Schönborn.
In diesem Zusammenhang sprach sich der Kardinal auch für eine Kompetenzverlagerung bei der Vergabe des humanitären Bleiberechts aus: Er könne der Argumentation der Landeshauptleute Markus Wallner (Vorarlberg) und Peter Kaiser (Kärnten) durchaus etwas abgewinnen, diese Kompetenz in die Hand der Länder zu geben. Man solle jenen ein gewichtiges Wort in der Frage des Bleiberechts geben, die nah an den Menschen sind und ihre Situation genauer einschätzen können.
Skeptisch zeigte sich Kardinal Schönborn im Blick auf die Pläne der Bundesregierung, für die Rechtsberatung von Asylwerbern eine eigene Bundesagentur zu gründen und diese damit dem Innenministerium zu unterstellen. "Generell ist es ganz wichtig, dass die sogenannten Zwischenkörper in unserer Gesellschaft gut funktionieren, das heißt, dass nicht alles in staatlicher Hand ist. Das ist gut bewährte Praxis in Österreich, dass die Zusammenarbeit zwischen zivilgesellschaftlichen Gruppierungen und Organisationen und der staatlichen Verantwortung als echte Kooperation funktioniert", so Schönborn unter Verweis auch auf die katholische Soziallehre.
Schließlich warnte Schönborn vor Unachtsamkeit bei der Sprachwahl. Wenn Worte wie Asyl oder Flüchtling zu einem "Schimpfwort" würden, dann drohe "etwas auf die schiefe Ebene" zu geraten. "Sprache kann sehr leicht zur Tat werden", insofern sei mehr Behutsamkeit bei der Wortwahl notwendig.
Von der Jugendsynode, die am vergangenen Wochenende im Vatikan zu Ende gegangen ist, nehme er persönlich vor allem den Auftrag mit, zuzuhören. Dies sei die wichtigste Lehre der Bischofssynode, die ganz im Zeichen der Jugend und der Berufung stand. Zum einen gelte es, seitens der kirchlichen Verantwortungsträger stärker hin- und zuzuhören - aber die Kirche könne zugleich auch Brückenbauer zwischen den Generationen sein, zwischen denen manchmal Mauern des Schweigens stünden.
Richtigstellung zu "Messaggero"-Interview
Kritik übte Kardinal Schönborn außerdem am Vorgehen der italienischen Tageszeitung "Il Messaggero", die in der vergangenen Woche ein nicht autorisiertes Interview mit dem Wiener Erzbischof abgedruckt hatte. Der Abdruck des Interviews, das aufgrund von kolportierten Aussagen Schönborns zur Abschiebung straffälliger Flüchtlinge auch in Österreich für Aufsehen gesorgt hatte, sei "gegen die Abmachung" erfolgt; auch seien ihm "Worte in den Mund gelegt worden, die ich nicht gesagt habe", so Schönborn.
Richtig sei, dass Ausweisungen nur geschehen dürften, "wenn sie dem Gesetz entsprechen". Für Österreich sei dabei jedoch klar:
Man kann straffällige Migranten nicht abschieben, wenn sie in ihrem Heimatland damit in eine lebensgefährliche Situation geraten.
Das österreichische Recht verlange, dass die betreffenden Personen in Österreich ihre Strafe abbüßen - die Frage der Abschiebung stelle sich erst im Anschluss, stellte Schönborn richtig.
In dem Interview hatte der "Messaggero" den Wiener Erzbischof u.a. zum Fall einer Jugendlichen befragt, die in Rom unter Drogen gesetzt, vergewaltigt und umgebracht worden war. Die vier mutmaßlichen Täter, die das Mädchen laut den Ermittlern ermordet haben, sollten in ihre Herkunftsländer ausgewiesen werden, sollten sie für schuldig befunden werden, meinte Schönborn dazu laut der nicht autorisierten Fassung des "Messaggero". Auch in Österreich säßen zahlreiche Migranten in den Gefängnissen, die beim Drogenhandel erwischt worden seien und nun abgeschoben werden müssten - Aussagen, die Schönborn nun in der ORF-Sendung "Hohes Haus" richtigstellte.
Quelle: kathpress