Bonelli: "Ärztliche Handlung darf nie direkt auf Tötung abzielen"
Ärzte können Patienten in der Sterbephase zur Linderung extremer Schmerzen starke Schmerzmittel verabreichen, auch wenn diese als Nebenwirkung das Leben möglicherweise verkürzen. Dies sieht eine vom Gesundheitsministerium vorgelegte Änderung des Ärztegesetzes vor, mit dem für die ärztliche Begleitung von Patienten am Lebensende klarere rechtliche Rahmenbedingungen geschaffen werden sollen. Johannes Bonelli, Direktor des Wiener Bioethik-Instituts IMABE, begrüßte in einer Stellungnahme gegenüber Kathpress am Freitag das Gesetzesvorhaben, warnte zugleich aber davor, dass diese Änderung nicht zur Aufweichung des Verbots von aktiver Sterbehilfe missbraucht werden dürfe: "Keine ärztliche Handlung darf direkt auf Tötung abzielen."
Noch bis 8. November ist der Gesetzesentwurf in Begutachtung, mit dem das aus dem Jahr 1998 stammende Ärztegesetz novelliert werden soll. Darin soll auch der ärztliche "Beistand für Sterbende" neu präzisiert werden. Demnach haben Ärzte sterbenden Menschen, die sie behandeln, "unter Wahrung ihrer Würde" beizustehen. Weiters wird präzisiert, dass es "bei Sterbenden", d.h. bei Patienten, deren Tod unmittelbar und absehbar bevorsteht, zulässig ist, im Rahmen palliativmedizinischer Maßnahmen Handlungen zu setzen, "deren Nutzen zur Linderung schwerster Schmerzen und Qualen im Verhältnis zum Risiko einer indirekten Beschleunigung des Verlustes vitaler Lebensfunktionen überwiegt."
"Die Herausforderung der Medizin von heute besteht darin, eine sinnlos gewordene Therapie rechtzeitig zu beenden und sich der Palliativmedizin zuzuwenden", betonte dazu der Wiener Internist Bonelli. Gerade am Lebensende müsse der Druck zur Übertherapie genommen werden. Bonelli: "Wenn der Tod nicht mehr aufzuhalten ist und eine Therapie sinnlos, weil nicht medizinisch indiziert ist, bedeutet das keine aktive direkte Tötung, sondern 'dem Sterben seinen Lauf zu lassen'." Zugleich sei es ethisch legitim, eine Lebensverkürzung als Nebenwirkung etwa einer Schmerztherapie in Kauf zu nehmen, wenn das Prinzip der Verhältnismäßigkeit eingehalten wird, so Bonelli:
In einer humanen Medizin gehören die Leidenslinderung und die Lebensbejahung des Patienten zusammen. Keine ärztliche Handlung darf direkt auf Tötung abzielen.
Laut Bonelli sei es wichtig, dass eine Änderung des Ärztegesetzes zum Beistand des Sterbenden nicht als Aufweichung gegenüber aktiver Sterbehilfe missbraucht wird. "Niemals kann es Aufgabe des Arztes sein, den Tod als professionelle Dienstleistung anzubieten", unterstrich der Mediziner. Weder aus dem Begriff der Würde noch der Selbstbestimmung könne ein Recht auf Selbsttötung abgeleitet werden und schon gar nicht das Recht bzw. die Pflicht des Arztes zur Tötung seiner Patienten, betonte der IMABE-Direktor.
In Österreich ist es strafrechtlich untersagt, eine unmittelbar tödliche Dosis eines Medikaments zu verabreichen oder eine andere tödliche Handlung vorzunehmen mit dem Vorsatz, das Leben des Patienten zu beenden oder ihn in diesem Vorsatz zu unterstützen.
Quelle: kathpress