Jugendsynode im Endspurt: Schlussdokument in Arbeit
Die seit 3. Oktober im Vatikan tagende Jugendsynode schwenkt auf die Zielgerade ein. Am Dienstag soll der erste Entwurf für das Abschlussdokument debattiert werden. Parallel dazu wird auf Wunsch der Synodenteilnehmer auch am Text für einen direkt an die Jugend der Welt gerichteten Brief gearbeitet. Kommenden Sonntag endet mit einer Papstmesse im Petersdom eine Weltbischofsversammlung, die für viele Teilnehmer schon jetzt eine der besonderen ihrer Art ist.
"Es ist für mich die schönste Synode, die ich erlebe", meinte etwa Kardinal Christoph Schönborn zuletzt im Interview mit "Vatican News". Er habe noch nie bei einer Bischofssynode ein "so fröhliches Klima erlebt und so deutlich gespürt, wie sehr die Kirche inzwischen Weltkirche geworden ist", schilderte der Vorsitzende der Österreichischen Bischofskonferenz. Unter den weit mehr als 300 Redebeiträge der Synode seien 80 Prozent aus dem nichteuropäischen Raum gekommen. Das Thema Kirche und Jugend werde so in einer "viel weiteren Perspektive" betrachtet, als man es im deutschen Sprachraum gewohnt sei, so der Kardinal.
Es sei eine Synode mit weniger Dramatik als etwa jene zum Thema Familie in den Jahren 2014 und 2015, analysierte der Vatikan-Experte und Journalist John Allen. Auch weil die Bischöfe dieses Mal Seite an Seite mit jungen Menschen berieten, herrsche in der Synodenaula eine andere Atmosphäre und ein "ganz anderer Ton", schilderte er aus Berichten von Teilnehmern. "Das ist keine Synode über Ideen, sondern über Menschen", zitierte Allen den Kiewer griechisch-katholischen Großerzbischof Swjatowslaw Schewtschuk.
Die jungen Gasthörer der Synode stellten zwar mit rund 35 nur eine "überschaubare Zahl" der Synodemitglieder, "aber so viel Einfluss und Stimmung und Ideen von den Auditoren habe ich noch bei keiner Synode erlebt", berichtete auch der Jesuit P. Bernd Hagenkord, der als Leitender Redakteur des Portals "Vatican News" die Synodenversammlung beobachtet. "Die jungen Teilnehmer waren nicht nur Objekt der Synode, sie haben sich ganz bewusst auch zum Subjekt gemacht. Das hat sich auf ganzer Linie gelohnt", schrieb Hagenkord auf seinem Blog.
"Kirche und Jugend" muss Dauerbrenner bleiben
Mindestens ebenso wichtig wie das, was in den ersten drei Wochen im Plenum vorgetragen und in den 14 Sprachzirkeln erörtert und erarbeitet wurde, dürften für viele Synodenväter die persönlichen Begegnungen - sei es in der Kaffeepausen oder andernorts am Rande der Synode sein - und die direkten Berichte über die Situation junger Menschen sein.
Zuhören und Dialog funktioniere auf der Synode schon gut, berichteten viele. Der deutsche Weihbischof Johannes Wübbe etwa betonte am Wochenende bei einem Treffen mit jungen Katholiken in Rom, die im Frühjahr an der vorbereitenden Präsynode teilgenommen hatten: "Zuhören ist mehr als gut hören zu können." Das Hören auf junge Menschen müsse auch als "theologische Kategorie der Kirche" verstanden werden.
Für Wübbe wäre die Synode vor allem dann ein Erfolg, "wenn wir das Thema 'Kirche und Jugend' als Dauerbrenner behalten", sagte der Weihbischof außerdem in einem Gespräch mit der österreichischen Vorsynoden-Teilnehmern Eva Wimmer, die von Rom aus auf dem Youtube-Kanal "Eva und die Jugendsynode" über die Beratungen informiert. Die Bischöfe sollten ihr Bekenntnis, mit den jungen Menschen Kirche gestalten zu wollen ernstnehmen, so Wübbe: "Das müsste eine Handschrift werden, die immer mehr in unserer Kirche wahrnehmbar ist."
Migration ein "Riesenthema"
In der dritten Synodenwoche wurden einige Vorschläge für das Schlussdokument gemacht - etwa in den vierzehn Sprachzirkeln, die ihre Arbeit zum Wochenende abgeschlossen haben. Ein "Riesenthema" war laut Österreichs Jugendbischof Stephan Turnovszky weiterhin Migration. Dies sei auch von den Bischöfen immer wieder unter verschiedenen Aspekten beleuchtet worden - etwa Auswanderung, Transit oder Einwanderung.
Daneben spielten die Beteiligung junger Leute und Frauen in der Kirche, Glaubensvermittlung im digitalen Zeitalter oder die Rolle der Familie eine große Rolle. Auch sexueller Missbrauch in der Kirche wurde weiter thematisiert.
Viele Sprachgruppen betonten, dass die Kirche ein "sicheres Umfeld" für junge Leute garantieren müsse und angesichts finanzieller und sexueller Skandale eine Umkehr nötig sei. Die deutschsprachige Gruppe forderte als einzige, dass das Schlussdokument deutlich auf das Missbrauchsthema eingehen müsse.
Der deutschsprachige Zirkel machte auch Vorschläge, was Bischöfe nach der Jugendsynode in der Heimat ganz konkret ändern könnten: Etwa regelmäßig fasten, Novenen beten, oder einen Teil ihres Privateinkommens zur Hilfe junger Menschen aufzuwenden. Eine weitere Idee: Die Bedeutung der Jugend in der Diözese auch durch "konkrete pastorale Maßnahmen und finanzielle Umschichtungen" zum Ausdruck zu bringen.
"Es ist ein echtes Suchen"
Wie viel davon ins Abschlussdokument kommt, ist noch offen. Auch was das zentrale Thema sein wird, war für viele zum Ende der dritten Beratungswoche noch nicht absehbar. Der Münsteraner Bischof Felix Genn, Moderator der deutschen Sprachgruppe, sagte "Kathpress": "Es ist ein echtes Suchen. Es entspricht dem, was der Papst will: Wahrnehmen, in die Deutung finden und das wählen, was sich gezeigt hat." Er sei sehr gespannt, wie die vielen verschiedenen Beiträge einfließen könnten.
Zugleich ist immer wieder zu hören, dass das Schlussdokument der Bischofssynode zur Jugend wichtig sei, aber nicht unbedingt das Wichtigste. Dass nicht alles mit dem Dokument enden kann und soll, darin sind sich viele einig.
Aus Sicht von Bischof Genn braucht es Zeit, bis sich die Erfahrungen gesetzt haben. Für ihn gab es aber bei der Synode selbst schon kleine Dinge, mit denen der Papst eine Veränderung bewirkte - etwa durch die Einführung einer dreiminütigen Pause nach fünf Redebeiträgen. Diese Zeit der Ruhe und des In-Sich-Hörens sei substanziell, um nicht bei einem allgemeinen Eindruck zu verweilen, so der Vorsitzende der Kommission für geistliche Berufe und kirchliche Dienste der Deutschen Bischofskonferenz.
Quelle: kathpress