Nikolausstiftung: Bund verabsäumt Qualitätsreform im Kindergarten
Mit Lob und Tadel gleichermaßen hat sich die St. Nikolausstiftung zum bis Mittwoch in Begutachtung befindlichen Ministerialentwurf für die Vereinbarung geäußert, mit welcher die Elementarpädagogik für das laufende und die drei folgenden Kindergartenjahre zwischen Bund und Länder geregelt werden soll. Die Fördersummen und deren Zweckwidmung für den Ausbau und den beitragsfreien Besuch des Kindergartens seien grundsätzlich zu begrüßen, so die Trägerstiftung der kirchlichen Kindergärten der Erzdiözese Wien in ihrer Stellungnahme. In zahlreichen Einzelpunkten sei jedoch Kritik angebracht.
Viel auszusetzen hatte die Kindergartenstiftung an den Zielen der Sprachförderung, auf welche der Bund klar den Fokus lege. Der Entwurf zielt auf intensivere sprachliche Förderung ab dem Alter von vier Jahren ab, damit Kinder bereits zu Schuleintritt über alle Sprachkompetenzen für ein Folgenkönnen des Unterrichts verfügten - was sich dann durch erhobene Wirkungskennzahlen und eine Verringerung der Zahl außerordentlicher Schüler als Erfolg bestätigen solle.
Die Stiftung kritisierte diese Vorgabe: Positive Ergebnisse in der nächsten Bildungseinrichtung Volksschule werde es nur mit Reformen und Maßnahmen zur Qualitätsverbesserung in den Kindergärten geben, welche von vielen Seiten bereits seit langem eingefordert worden seien. Diese habe der Bund jedoch erneut verabsäumt. Die Folge: "Pädagogen sind nicht mehr in der Lage, weitere Aufgaben zu übernehmen, wenn die Zahl der Kinder in einer Gruppe so bleibt wie vor über 30 Jahren", mahnte die Stiftung, in der an 86 Standorten in allen Bezirken Wiens rund 6.100 Kinder von 1.050 Mitarbeitern betreut werden.
Werde die Arbeitszeit der Pädagogen nicht verändert um für Planung, Dokumentationen, Beobachtungen und Reflexionen das einzelne Kind betreffend mehr Zeit zu haben, könnten die teils neuen Forderungen, die zusätzliche Zeitressourcen brauchen, nicht erfüllt werden.
Höchste Zeit wäre es laut der St. Nikolausstiftung zudem, dem Kindergarten "jenen Platz als Bildungseinrichtung, den er verdient" zuzugestehen und Elementarpädagogik in die Bundeskompetenz einzugliedern. Die Politik sei sich unschlüssig, ob der Kindergarten Bildungs- oder Betreuungseinrichtung sei. Sei ersteres vorrangig, müsse die Nutzung "unabhängig von der sozialen und finanziellen Situation der Familien, aber auch unabhängig vom Wohnort" sein. Dass der Kindergarten die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ermögliche, sei zwar wichtig, aber dennoch ein "Nebenprodukt" seiner eigentlichen Bedeutung als Bildungseinrichtung.
Der Gesetzesentwurf zur neuen 15a-Vereinbarung für den Ausbau der Kinderbetreuung ist noch bis Mittwoch in Begutachtung. Ziel ist u.a. die Stärkung der elementaren Bildungseinrichtungen als erste Bildungsinstitution für Kinder. Dazu gewährt der Bund den Ländern über die vier Kindergartenjahre bis 2021/22 verteilt Zweckzuschüsse in der Höhe von 142,5 Millionen Euro - darunter 70 Millionen für die Besuchspflicht im letzten Kindergartenjahr vor Beginn der Schulzeit. Die Länder stellen je Kindergartenjahr Finanzmittel in der Höhe von 52,5 Prozent des Zweckzuschusses des Bundes zur Verfügung.
Quelle: kathpress