Deutschsprachige Synodenteilnehmer: Neuer Zwischenbericht
Aus Sicht der deutschsprachigen Teilnehmer an der Jugendsynode muss die katholische Kirche sowohl Berufungen wie Begleitung junger Menschen differenzierter und umfassender verstehen. Bei der Begleitung müsse auch die Gefahr des Missbrauchs von Macht und Vertrauen und des Missbrauchs in Form der Schaffung von Abhängigkeitsverhältnissen oder sexueller Gewalt im Blick sein; wer Menschen begleite, solle daher für sich selbst eine Supervision wählen, erklärten sie ihrem zweiten Zwischenbericht (Relatio) während der Synodenversammlung. Der Vatikan veröffentlichte das Dokument am Dienstag zusammen mit den Texten von 13 weiteren Synodenkleingruppen nach der neuerlichen Beratungsrunde dieser nach Sprachen unterteilten "circuli minori" zum zweiten Teil des Arbeitsdokuments.
War die erst Synodenwoche von Analysen und Beobachtungen zur Situation von jungen Menschen in aller Welt geprägt, ging es in den vergangenen Tagen - zunächst in der Plenarversammlung, danach in den Kleingruppen - darum, diese Analyse der Lebenswelten junger Menschen aus christlicher Sicht zu deuten.
Zwar bejahe die Kirche grundsätzlich die plurale, "säkularer werdende Welt", heißt es in dem Text des deutschsprachigen "Circulus Germanicus", dem auch Kardinal Christoph Schönborn und Österreichs Jugendbischof Stephan Turnovszky angehören. Allerdings verlangten die Anliegen, die junge Menschen immer wieder nennen - Freiheit, Gerechtigkeit, Sexualität und Partnerschaft, Digitalisierung, Rolle der Frau - einen "vertiefenden Blick".
Dabei wollten die Bischöfe "der Versuchung widerstehen, dass wir schon alles wüssten darüber, wie das Leben der jungen Menschen sich entfalten soll und wie ihr gelingendes Leben auszusehen habe", heißt es in dem Text. "Wir sind zuerst Hörende und nicht schon die Wissenden." Das bedeute umgekehrt nicht, dass längere Lebenserfahrung irrelevant sei. Diese weiterzugeben, gehöre zur Begleitung junger Menschen dazu. "Jeder Mensch ist als einzigartiges, unvertauschbares und nicht wiederholbares Geschöpf Gottes ins Leben gerufen", wird indes zum Thema Berufung festgehalten. Diese Einzigartigkeit sei eine Erfahrung, die auch für nichtgläubige Menschen wichtig sei.
Die Kirche führe über Sakramente - Taufe, Kommunion, Firmung und Ehe -, die im Sinne der Zugehörigkeit zu Christus "tiefer und ausdrücklicher in die Berufung zum Christsein" führen, zu einem Weg, das Leben privat wie gesellschaftlich als Christ zu gestalten. Viele Menschen fühlten sich in ein solches Leben berufen, ließen sich inspirieren und versuchten ihr Leben an Christus auszurichten. "Sie tun dies in den verschiedenen Lebensformen: als Eheleute, als Single und in unterschiedlichen Berufen und Lebensweisen in Welt und Gesellschaft und bei einigen auch in einem spezifischen Dienst in der Kirche."
In diesem Sinne verstünden sie Berufung als "analogen Begriff", hielten die deutschsprachigen Synodenteilnehmer fest. Wichtig sei dabei die Einsicht, dass Berufung "nicht ein einmaliges und dann abgeschlossenes Ereignis ist, sondern sich durch einen ganzen Lebensweg hindurch entfaltet". Berufung entfalte sich nicht nach einem fixierten Plan Gottes, "sondern wie ein Weg in die je größere Freiheit und Hingabe - freilich auch durch Höhen und Tiefen hindurch". In einem Menschen könne der Sinn für die Berufung "wachsen und sich vertiefen", und zwar "durch das je konkrete Sich-einlassen auf die Wirklichkeit, durch die Übernahme von Verantwortung, durch die Begegnung mit den Mitmenschen, durch die konkrete Begegnung mit Christus, im Gebet, in seinem Wort, in den Sakramenten und in der Gemeinschaftserfahrung der Kirche".
Um die je eigene Berufung erkennen zu können, müssten junge Menschen zuerst die Erfahrung machen, "unbedingt und zuerst geliebt zu sein von Christus". Daran mangele es oft. Zu den wichtigsten Aufgaben von Christen zähle daher, "jungen Menschen zu zeigen, dass sie einfach deshalb geliebt sind, weil es sie gibt, weil sie da sind und weil sie sie selbst sind - und nicht, weil sie schon brav oder angepasst oder leistungsfähig sind oder sich durch bestimmte Eigenschaften auszeichnen oder einem Gruppendruck folgen. Das tiefe Bewusstsein für eine christliche Berufung kann im Grunde nicht erwachen, wenn solche Erfahrungen des unbedingten Geliebt-seins fehlen."
Zur deutschsprachigen Synoden-Arbeitsgruppe gehören neben Kardinal Schönborn und Jugendbischof Turnovszky die deutschen Bischöfe Felix Genn, Reinhard Marx, Stephan Oster und Johannes Wübbe sowie der Vorsitzende des Bunds der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ), Thomas Andonie, und der Jesuit Clemens Blattert. Weiter sind der Schweizer Jugendbischof Alain de Raemy, der Schweizer Kurienkardinal Kurt Koch und der Bischof von Pilsen (Plzen), Tomas Holub, dabei.
Quelle: kathpress