Caritas Socialis seit 100 Jahren "Hoffnungszeichen und Lernort"
Bald 100 Jahre ist es her, dass die Caritas Socialis (CS) am 4. Oktober 1919 durch die inzwischen seliggesprochene Hildegard Burjan (1883-1933) in Wien gegründet wurde. Die in zahlreichen sozialen und medizinischen Brennpunkten tätige Schwesterngemeinschaft nimmt dies zum Anlass, ein ganzes Jahr lang Jubiläum zu feiern - unter dem programmatischen Titel "#menschenlebenstaerken". Den Auftakt dafür machte am Dienstagabend eine Veranstaltung am Gründungsort in der Pramergasse in Wien-Alsergrund mit 240 Gästen aus Politik und Kirche.
Burjan sei bei der Gründung der CS von einer Idee geleitet worden, "die weit über das hinausgegangen ist, was damals kirchlich überhaupt möglich war", hob CS-Generalleiterin Sr. Susanne Krendelsberger hervor. Die Entwicklung der CS im Laufe der 100 Jahre hätte Hildegard Burjan wohl sicher gefreut. Stärke der Gemeinschaft sei ihre Dynamik und die Fähigkeit, "Menschen zu vereinen, die an dem einen Ziel gemeinsam arbeiten".
Die CS sei mit ihrem Wirken damals wie heute ein "Schatz für die Gesellschaft und die Politik", wie die Theologin Regina Polak in ihrer Festansprache hervorhob. Die Vorständin am Institut für praktische Theologie der Universität Wien sprach auch von einem "Hoffnungszeichen für Kirche und Gesellschaft" und lobte die CS dafür, sie ermutige zum "Abenteuer, das eigene Charisma zu entdecken und in die Freiheit aufzubrechen". Ein Oral-History-Projekt, an dem elf Schwestern der Gemeinschaft ihre Lebensgeschichte mitgeteilt hatten, habe die Gemeinschaft zudem als eine "Lerngemeinschaft der Freiheit" charakterisiert.
In Wien bietet die CS Caritas Socialis professionelle Pflege und Betreuung für alte und chronisch kranke Menschen an - stationär, in Tageszentren, im CS Hospiz Rennweg, in Wohngemeinschaften für Menschen mit Demenz und zu Hause. Darüber hinaus führt die CS Kindergärten und Horte, ein Mutter-Kind-Haus, eine Beratungsstelle und ein Urlaubshaus, zudem engagieren sich CS Schwestern für Flüchtlinge und mit anderen Orden in der NGO "Solwodi Österreich" gegen Zwangsprostitution und Menschenhandel. In Brasilien ist die CS für ein Familiensozialzentrum und die Kinderpastoral der Diözese Guarapuava verantwortlich, zudem gibt es auch in Deutschland und Südtirol CS Schwestern.
"Sterbekultur nachhaltig beeinflussen"
Bleibende Akzente hat die CS in Österreich vor allem im Hospizbereich gesetzt, wobei eine Gruppe um Sr. Hildegard Teuschl maßgeblich federführend war. Christina Hallwirth-Spörk, Bereichsleiterin für die stationäre Pflege, gab Einblicke in diese Arbeit, in laufende Projekte zur Integration von Hospizkultur und Palliative Care in die Pflegeheime und in die mobile Pflege und Betreuung bis hin zu den von der Caritas Socialis initiierten demenzfreundlichen Bezirken. Im Jubiläumsjahr starte man erneut eine Innovation, mit einen Betreuungsprojekt für Menschen mit Demenz und Angehörige in der letzten Lebensphase, finanziert durch den Fürst-Liechtenstein-Preis.
Hallwirth-Spörk umriss die Grundlagen der CS:
Die Notlagen der Zeit erkennen, vordenken, etwas tun, ein Beispiel sein, die Sterbekultur einer Stadt nachhaltig beeinflussen. Aber auch die Offenheit und Transparenz den Mitarbeitern gegenüber, diese sehr bewusst partizipieren zu lassen und Mitgestaltung einzufordern.
Umsetzung findet dieser Grundsatz u.a. in der Favela des brasilianischen Sao Luis, wo die CS mit Spenden aus Österreich 100 Minihäuser aufgebaut hat. Maria Elvina Mendes, die in einem dieser Häuser aufgewachsen und dann ein Universitätsstudium abgeschlossen hatte, erzählte, wie wichtig diese Hilfe der CS war, ebenso wie auch für den Nationalteam-Fußballer Aleksandar Dragovic, der als Kind eine Zeit im CS Haus für Mutter und Kind lebte und eine Grußbotschaft an die Feiernden richtete.
Hildegard Burjan gründete die Caritas Socialis 1919 als Gemeinschaft von Frauen in der Kirche. Die verheiratete Mutter und Akademikerin mit wachem Blick für gesellschaftliche Entwicklungen beschritt neue Wege der Hilfe - als erste christlichsoziale weibliche Abgeordnete im österreichischen Parlament sowie als Gründerin der CS. Kraft für ihren Einsatz schöpfte sie aus dem christlichen Glauben, in dem sich die in Sachsen geborene Jüdin nach schwerer Erkrankung taufen ließ. Burjan wurde am 29. Jänner 2012 seliggesprochen.
Quelle: kathpress