Bünker besorgt über "Einschüchterungsversuche" durch Behörden
Anlässlich der Zurücklegung einer Anzeige gegen den Diakonie-Asylexperten Christoph Riedl durch die Staatsanwaltschaft hat sich der evangelisch-lutherische Bischof Michael Bünker erleichtert gezeigt: "Ich bin froh, dass unser Rechtsstaat funktioniert", sagte Bünker in einer Stellungnahme gegenüber dem Evangelischen Pressedienst am Mittwoch. Der Bischof wörtlich:
Als Bischof bin ich besorgt, wenn ein Mitglied der Evangelischen Kirche, das sich für Geflüchtete und ihre Rechte einsetzt, durch Behörden eingeschüchtert wird. Und ich kann nicht umhin, das als Einschüchterungsversuch zu betrachten, schließlich ist Amnesty International in diesem Fall aktiv geworden.
Riedl, Leiter der Stabstelle für Asyl, Integration und Menschenrechte der Diakonie, war im Mai vom Bundesamt für Asyl und Fremdenwesen (BFA), das dem Innenministerium untersteht, wegen übler Nachrede und Beleidigung einer Behörde angezeigt worden, nachdem er die hohe Fehlerquote bei Entscheidungen im Asylverfahren durch das BFA öffentlich kritisiert hatte. Amnesty International hatte eine Fallanalyse gestartet - eine Maßnahme, die die NGO ergreift, wenn Personen, die sich für Menschenrechte einsetzen, in den Fokus der Behörden geraten. Der betreffende Fall wird dann beobachtet und genau dokumentiert. Allerdings kam es nicht mehr zum Abschluss der Fallanalyse, da die Staatsanwaltschaft die Anzeige bereits zuvor zurückgelegt hatte.
Bei Riedls Aussagen handle es sich um "rechtlich zulässige Kritik", sagte die Sprecherin der Staatsanwaltschaft Wien, Nina Bussek, im "Kurier". Im Ö1-Morgenjournal vom Mittwoch meinte Riedls Anwalt: "Kritik darf nach der Judikatur des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte auch schockieren und verletzen, aber hier war die Kritik ja gar nicht so schockierend, sondern beruhte auf Zahlen und Fakten." Wolfgang Taucher, Leiter des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl, hatte erklärt, Riedl habe mit seinen Aussagen über die Behörde Grenzen überschritten. Amnesty International ortet im Vorgehen des Bundesamtes hingegen einen "Einschüchterungsversuch" sowie "grundrechtsfeindlichen Tendenzen".
Grund für Riedls Aussagen war, dass laut Justizministerium im Vorjahr 42 Prozent der Asylentscheidungen des BFA vom Bundesverwaltungsgericht aufgehoben wurden. Diakonie-Asylexperte kritisierte die hohe Quote negativer Bescheide bei Afghanen als "falsch und politisch motiviert". Die Qualität der Bescheide kommentierte er so: "Wenn man würfeln würde, wären die Entscheidungen richtiger."
Quelle: kathpress