Erstmals Jugendliche im Mittelpunkt einer Bischofssynode
Eine Premiere gibt es in den kommenden drei Wochen in der katholischen Kirche: Erstmals stehen Jugendliche im Mittelpunkt einer Weltbischofssynode im Vatikan. Nach den beiden vorherigen Bischofsversammlungen zu Ehe und Familie 2014/15 lautet das Thema von 3. bis 28. Oktober "Jugend, Glaube und Berufungsunterscheidung". Im Zentrum der dreiwöchigen Beratungen steht die Lebenswelt von rund 1,8 Milliarden Menschen zwischen 16 bis 29 Jahren. Schwerpunktmäßig geht es um Lebensentscheidungen junger Menschen sowie ihre Beziehung zu Glaube und Kirche. "Die Kirche möchte auf Eure Stimme hören, auf Eure Sensibilität, auf Euren Glauben, ja auch auf Eure Zweifel und Eure Kritik", hatte sich Papst Franziskus im Zuge der Vorbereitungen an Jugendliche in aller Welt gewandt.
Für die Themen der Synode hat der Vatikan im vergangenen Juni ein umfassendes Arbeitspapier vorgelegt, das die Ergebnisse mehrere Umfragen und Vorbereitungstreffen bündelt - auch unter Beteiligung Jugendlicher. So nahmen mehr als 200.000 junge Menschen an einer vorab initiierten Online-Umfrage teil. Das in der Folge erstellte 214 Punkte umfassende Arbeitspapier ("Instrumentum laboris") soll eine möglichst breite Sicht auf die Lage der Jugend und ihre Glaubens- und Lebensentscheidungen bieten. Es dient als Beratungsgrundlage.
Der Leitung der Weltbischofssynode gehört dieses Mal kein einziger Europäer oder Amerikaner an. Die vom Papst delegierten Präsidenten der Synodenversammlung sind der irakische Kardinal Louis Raphael I. Sako (70), Oberhaupt der mit Rom unierten chaldäischen Kirche, Kardinal Desire Tsarahazana (64) aus Madagaskar, der myanmarische Kardinal Charles Bo (69) sowie Kardinal John Ribat (61) aus Papua-Neuguinea.
Mit der wichtigen Aufgabe des Generalrelators betraut der Papst den Vorsitzenden der Brasilianischen Bischofskonferenz, Kardinal Sergio da Rocha (58). Er wird Berichterstatter der Bischofsversammlung und hat damit großen Einfluss auf die Formulierung der Synodenergebnisse.
Zwei heimische Bischöfe dabei
Erst gut drei Wochen vor Beginn gab der Vatikan auch die übrigen der insgesamt rund 360 Bischöfe, Ordensleute, Experten und Auditoren bekannt. Mitte September folgte noch eine neue Synodenordnung, die Apostolische Konstitution "Episcopalis communio". Mit dem Dekret stärkt Franziskus in Vor- und Nachbereitung vor allem die Mitsprache der Gläubigen. Die Ordnung schreibt viel von dem fest, was bei den Vorbereitungen von Familien- und Jugendsynode de facto schon gemacht worden ist.
Für die Österreichische Bischofskonferenz nimmt "Jugendbischof" Stephan Turnovszky teil. Zusätzlich berief der Papst Kardinal Christoph Schönborn. Der Wiener Erzbischof gehört seit einigen Jahren dem zwölfköpfigen begleitenden Rat des Generalsekretariats der Bischofssynode an, das als zuständige Kurieneinrichtung die Weltbischofssynoden vorbereitet. Insgesamt stellen die Delegierten aus den weltweiten Bischofskonferenzen zusammen mit den Teilnehmern der römischen Kurie rund 260 Bischöfe. Außerdem finden sich auf der Teilnehmerliste zehn Ordensleute aus der "Union der Generaloberen", fünf Vertreter der Ökumene sowie rund 30 weitere vom Papst zusätzlich benannte Geistliche, Theologen und andere Experten. "Spezieller Gast" ist der Prior der Ökumenischen Gemeinschaft von Taize, Frere Alois.
50 junge Auditoren
Um für die Jugend zu sprechen, sitzen in den Reihen der vatikanischen Synodenaula zudem 50 Frauen und Männer unterschiedlichen Alters. Diese Auditoren können sich mit eigenen Beiträgen bei den Beratungen einbringen, haben aber kein Stimmrecht, wenn die Bischöfe ihr Abschlussdokument verabschieden. Als einziger junger Katholik aus dem deutschsprachigen Raum findet sich der Vorsitzende des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ), Thomas Andonie, auf der Liste der Auditoren. Als ökumenischer Gast für den Lutherischen Weltbund (LWB) nimmt zudem Julia Braband vom Jugendkomitee der deutschen Abteilung des LWB teil.
Kritiker meinen, die Jugend habe am Ende doch zu wenig Gewicht. Andererseits nimmt das Arbeitspapier an vielen Stellen Bezug auf Aussagen junger Leute. Vorherrschend ist der Wunsch Jugendlicher nach einer "authentischen Kirche". Dazu, dass sich viele junge Leute von der Kirche entfernen, heißt es im Arbeitsdokument selbstkritisch, dies habe auch "ernsthafte und ernstzunehmende Gründe". Angeführt werden auch "die Skandale sexueller und finanzieller Art", deretwegen die Jugendlichen die Kirche nachdrücklich auffordern, "ihre Null-Toleranz-Haltung gegenüber ihren Institutionen zu verstärken".
Dies ist nur ein Aspekt des 80-Seiten-Papiers, das auch auf Familie und Single-Dasein, Generationenunterschiede, digitalen Wandel, Drogen, Migration, Arbeitslosigkeit, Globalisierung, Gesellschaft, Gerechtigkeit, Glaube, Kirche, Verweltlichung sowie Sport und Musik eingeht. "Das Dokument ist sehr breit gefasst - fast zu breit", sagte der Schweizer Jugendbischof Alain de Raemy im Vorfeld der Synodenberatungen: "Man versucht, alle Themen zu behandeln, und behandelt dann kein Thema richtig. Aber das ist normal. Wir müssen nachher schauen - mit der Dynamik der Synode -, in welche Richtung wir uns begeben. Was werden die Akzente sein? Das lässt sich bisher noch nicht erkennen."
Schatten der Missbrauchskrise
Überschattet wird das Treffen vom Missbrauchsskandal in der Kirche und der damit einhergehenden Glaubwürdigkeitskrise. Zuletzt gab es sogar Forderungen nach einer Absage der Synode. Stattdessen soll ausdrücklich auch über diese Themen beraten werden; in den Themenwünschen der jugendlichen Vorsynode vom März kamen sie ohnehin vor.
Darauf verwies zuletzt im Interview mit österreichischen Kirchenzeitung auch der heimische Jugendbischof Turnovszky. Eine Absage "wäre kein gutes Signal an die Jugend der Welt", meinte er: "Die jungen Menschen wollen ohnehin Themen wie Transparenz in der Kirche diskutieren. Wenn man sich von aktuellen Ereignissen vom Thema abbringen lässt, wäre wohl nie Zeit, über die Jugend zu sprechen."
"Alle Themen ansprechen"
"Ich erwarte mir, dass die Bischöfe in der Synode einen offenen Umgang pflegen und alle Themen ansprechen", sagte die Theologiestudentin und frühere Vorsitzende der Katholischen Jugend in Oberösterreich, Eva Wimmer - sie hat als österreichische Delegierte unter rund 300 jungen Leuten aus aller Welt im Frühjahr an einer vom Vatikan organisierten vorbereitenden "Vorsynode" teilgenommen - kurz vor dem Synodenstart in der vergangenen Woche bei einem Pressetermin in Linz. In der Vorsynode habe "dies gut funktioniert, da sich alle gegenseitig wertgeschätzt und wahrgenommen haben".
Österreicher in Rom informieren über Youtube
Wimmer wird gemeinsam mit Matthias Zauner von der Katholischen Jugend Österreich/Netzwerk Jugendpastoral den ganzen Oktober lang in Rom sein und Jugendbischof Turnovszky während der Synodenzeit unterstützen. Unter dem Titel "Eva und ..." wird es auf einem eigenen Youtube-Kanal Videos mit dem Jugendbischof, Synoden-Auditor Andonie aber auch anderen Gesprächspartnern, die sich in diesen Tagen zur Synode in Rom aufhalten, geben.
Gerade in den ersten Tagen kommen zudem weitere junge österreichische Katholiken nach Rom, die dort auch jede sich bietende Möglichkeit nutzen wollen, um mit den vor Ort tagenden Synodenteilnehmern ins Gespräch zu kommen, darunter eine Gruppe aus Wien und aus der Steiermark. Für den 7. Oktober ist etwa ein gemeinsamer Gottesdienst mit Jugendbischof Turnovszky in der deutschsprachigen katholischen Gemeinde von Rom, Santa Maria dell'Anima, geplant.
Papst: Stimmen junger Menschen zuhören
Fix ist auch, dass Wimmer, Zauner und Thomas Gaber, der Leiter der Jugendkoordinierungsstelle "Jakob", am 6. Oktober an der Begegnung mit den zur Synode versammelten Bischöfen teilnehmen werden, zu der Papst Franziskus in die vatikanische Audienzhalle eingeladen hat. Bei dem Treffen sollen einige Jugendliche und junge Erwachsene Statements abgeben zu Themen, die sie bewegen, teilte der Vatikan im Vorfeld mit. Der Papst wolle gemeinsam mit den Synodenvätern die Jugendlichen anhören und ihre Vorschläge aufnehmen, um sie in das Abschlussdokument der Synode einfließen zu lassen, hieß es.
Er wolle sich die Gedanken, Kritik und Träume von Jugendlichen zu eigen machen, sagte Franziskus vor wenigen Tagen im Vatikan bei der Vorstellung eines Buches mit Fragen junger Menschen an Bischöfe und deren Antworten.
Eine der dringendsten Aufgaben heute besteht darin, in direktem Kontakt den Stimmen junger Menschen zuzuhören: oft kritisch und besorgt, andere schlicht erleuchtend. Die Kirche und ich zuerst, gemeinsam mit den Bischöfen und anderen Lehrern, haben uns entschieden, ihren Meinungen größtmögliche Aufmerksamkeit zu schenken.
Quelle: kathpress