Akademieleiter Neubauer hofft auf "lachende" Diözesanversammlung
Der Leiter der Wiener "Akademie für Evangelisation" und Referent bei der dieswöchigen Diözesanversammlung im Stephansdom, Otto Neubauer, hofft im Blick auf das Großevent mit 1.700 Delegierten in Dom und Zelt auf eine "Erfahrung der Gemeinschaft", bei dem neben dem Gebet auch das Lachen Platz habe. Wünschenswert sei, "dass wir uns gegenseitig auch viel Neues zutrauen". Die Menschen warteten nämlich darauf, "dass wir in diese Zeit hineinsprechen. Es gibt sehr viele Menschen, die nichts mit der Kirche zu tun haben wollen und dennoch eine Sehnsucht nach Glauben haben. Wir müssen Schritte zu den Menschen machen und dürfen nicht erwarten, dass sie zu uns kommen", sagte Neubauer im Interview mit der Wiener Kirchenzeitung "Der Sonntag" (aktuelle Ausgabe).
Der Leiter der Akademie im Leopold-Figl-Haus und Autor eines neu im Herder-Verlag erschienenen Buches "Mission Possible - Praxis-Handbuch für Dialog und Evangelisation" - das Vorwort dazu schrieb Kardinal Christoph Schönborn -, kritisierte, dass auch in der Kirche oft Menschen "in Schubladen gesteckt" würden:
Das Allerwichtigste ist, dass jeder Mensch von Gott zutiefst geliebt wird. So schaue ich den Menschen an - ob er jetzt in der Kirche ist oder nicht. Prinzipiell ist in uns der Ruf angelegt, dass wir lieben und geliebt werden wollen. Das vereint uns zutiefst. Und das kann sich bei den Menschen unterschiedlich äußern.
Was ihn beeindrucke, seien vor allem Lebenszeugnisse: "Jemand hilft dem Nachbarn, eine Arbeit zu finden. Oder ein Mensch, der gar kein Christ ist, findet in der Bibel Orientierung und Kraft." Seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil gelte die Einladung, dass alle Menschen guten Willens zusammenkommen sollten. Dass diese Gruppe groß sei, realisiere die Kirche jedoch oft gar nicht.
Wir sind so fixiert auf uns selber, auf unsere Kirchen und Gemeinden. Pfarrleute, die Projekte auf die Beine stellen, merken, es helfen Menschen mit, die keine besonderen Kirchgänger sind. Vielleicht trauen wir ihnen zu wenig zu, dass wir auch den Glauben mit ihnen teilen können.
Neue Wege müssten gefunden werden, wie dies trotzdem gelingen könne, so der Akademieleiter auch im Blick auf Zentralthemen der Diözesanversammlung.
Im Buch "Mission Possible" gehe es genau darum, alle "von Atheisten bis zu ganz frommen Missionaren und Eiferern für den Herrn" würden vorkommen, sei doch laut einem Zitat von Papst Franziskus die "solidarische Karawane" entscheidend.
Neubauer, auf dessen Initiative u.a. die kirchlichen Einladungen für Life-Ball und Aids-Life-Hilfe-Organisator Gery Keszler zurückgehen, hatte diesen Sommer an einer im bosnischen Srebrenica entwickelten Dialoginitiative mitgewirkt; Holzhäuser wurden dabei für arme Heimkehrerfamilien errichtet. Während es insgesamt mehrheitlich um muslimische Familien gegangen sei, "haben eine Gruppe von Jungpolitikern und ich diesmal aus Gründen der Versöhnung für eine arme serbische Familie ein Haus gebaut", sagte der Leiter der Akademie für Dialog und Evangelisation im "Sonntag"-Interview.
Drei öffentliche Termine
Das Programm der Donnerstagnachmittag beginnenden Diözesanversammlung umfasst Plenarsitzungen mit "offenem Mikro", Vorträge, Gebetseinheiten und gemeinsames Feiern. Erstmals wird heuer auch die Zeichentechnik "Graphic Recording" eingesetzt, sowie das Smartphone-basierte Mitsprache-Tool "Mentimeter" für Stimmungsbilder unter den Teilnehmern. Dafür wurde erstmals WLAN im gesamten Stephansdom installiert.
Drei der Termine, alle mit Kardinal Schönborn, stehen jedem Interessierten offen: Zunächst der Gottesdienst am Freitag 8.30 Uhr, dann ein Gebetsabend mit Pete und Sammy Greig von der weltweiten ökumenischen Gebetsbewegung "24/7" am Freitagabend um 20 Uhr, sowie die Messe am Samstag um 11 Uhr.
Der Entwicklungsprozess der Erzdiözese Wien, deren Fortgang diese Diözesanversammlung dient, zielt auf eine Erneuerung von Form und Leben der katholischen Gemeinden ab. Er hat seine Wurzeln in der "Stadtmission", die unter anderem in Wien 2003 durchgeführt wurde. Der Startschuss für den Prozess erfolgte dann mit einem Hirtenbrief von Kardinal Schönborn 2008, dem sich die 1. Diözesanversammlung 2009 anschloss. 2012 gab Schönborn als Erzbischof Leitlinien für die strukturelle Erneuerung vor. Sie sehen größere Organisationseinheiten vor, in denen jeweils drei bis fünf Priester im Team mit Laien arbeiten und Laien auch die Leitung von einzelnen Teilgemeinden übernehmen können.
Diözese besteht aus 140 Entwicklungsräumen
Im November 2015 wurden unter Mitwirkung der Basis alle Pfarren der Erzdiözese Wien in 140 Entwicklungsräume eingeteilt. Sie sind aufgerufen, in Zusammenarbeit neue missionarische Formen und Initiativen zu entwickeln, in denen das Christsein für die Menschen vor Ort relevant wird und die Welt zu einem besseren Ort macht. Die Entwicklungsräume sollen dabei auch immer verbindlichere Formen der pfarrübergreifenden Zusammenarbeit praktizieren.
So gibt es derzeit bereist in zwölf Entwicklungsräumen je eine Pfarre mit Teilgemeinden (Eine Pfarre mit einem Pfarrer, mehreren Priestern sowie mehreren Gemeinden). In weiteren 24 Entwicklungsräumen bestehen Pfarrverbände (Ein Pfarrer, mehrere Priester, mehrere selbstständige Pfarren) und in 25 Entwicklungsräumen gibt es Seelsorgeräume (selbstständige Pfarren mit eigenen Pfarrern, einer davon leitet den Seelsorgeraum).
Die nunmehr fünfte Diözesanversammlung soll, gemeinsam mit anderen Zusammenkünften wie etwa der Dechanten, eine Standortbestimmung des Erneuerungsprozesses ermöglichen, aus welcher heraus im Frühjahr 2019 die Festlegung der nächsten Schritte erfolgen soll.
Quelle: kathpress