Neuer Superintendent: "Kirchenaustritte nicht unser Geschäft"
Der neue steirische Superintendent Wolfgang Rehner sieht die Kirchenaustritte relativ gelassen. "Ich bin überzeugt, es ist nicht unser Geschäft, uns mit Kirchenaustritten zu beschäftigen", so Rehner im Rahmen seiner Amtseinführung am Sonntag in Graz im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst.
Wir haben nicht den Auftrag, Kirchenaustritte zu bremsen, sondern wir haben den Auftrag, als Kirche etwas in diese Welt hineinzutragen.
Wenn das gelinge, so Rehner, dann werde das nicht ohne Folgen bleiben, sondern "Kreise ziehen und gute Ergebnisse bringen". Diese würden sich zwar nicht unmittelbar in Kircheneintritten niederschlagen - die Evangelische Kirche in der Steiermark hatte in den letzten Jahren einen Mitgliederrückgang von 49.000 auf knapp 38.400 zu verzeichnen - aber zumindest in einem gelegentlichen Wahrnehmen des Angebots der Kirche.
Es reiche keineswegs, sich nur mehr um diejenigen zu kümmern, die jetzt schon in der Kirche sind, dennoch "müssen wir aufpassen, dass da, wo wir Neues wagen, die Menschen, die den Betrieb aufrecht erhalten, sich nicht übergangen sehen".
In der heutigen Zeit seien Großinstitutionen wie Kirchen, aber auch Gewerkschaften "von vornherein verdächtig, weil die Einzelperson sich in einer Großorganisation nicht wirklich wahrgenommen und beachtet fühlt." Jedoch erwarte Rehner eine Umkehr des gesamtgesellschaftlichen Trends, wieder "hin zu mehr Verbindlichkeit".
Gefragt, ob er ein politischer Mensch sei, meinte Rehner, ein politischer Mensch nehme "Anteil an dem, was in unserer Gesellschaft passiert. So gesehen bin ich ein sehr politischer Mensch." Er habe sich jedoch auch angewöhnt, bevor er die Zeitung lese, zwei Kapitel aus der Bibel zu lesen. Generell sei für ihn als Gläubigen immer in Verbindung zu halten, was ihn als Christenmenschen und was ihn in politischer Hinsicht ausmacht. Rote Linien, deren Überschreiten für ihn eine Intervention in die Tagespolitik erfordern würden, wollte Rehner keine "erfinden": "Das ist ein Spiel, das ich nicht spielen möchte."
Wenn heute, im Gedenkjahr 2018, mit Blick auf die Ereignisse des Jahres 1938 gesagt werde, "das hätte ich viel, viel besser gemacht, da hätte ich nie mitgemacht", sieht Rehner das unrealistisch. "Ich kann mich nicht einfach über eine Zeit erheben." Die Evangelische Kirche in Österreich hatte den Einmarsch Adolf Hitlers im März 1938 begrüßt.
Kaum Frauen in Leitungsämtern
Angesprochen auf die Frage, warum es zuletzt wiederholt keine Frau in ein kirchliches evangelisches Leitungsamt geschafft habe, hob Rehner individuelle Gründe hervor, die den jeweiligen Fall beträfen. Seine Hoffnung bleibe, dass es bei seiner Nachfolge "selbstverständlich" sei, "eine Frau in diesem Leitungsamt zu haben, einfach aus der Beobachtung heraus, dass unsere jungen Kolleginnen und Kollegen sehr aktiv gute Wege suchen, um Beruf, Familie und ihr Zeitmanagement so zu sortieren, dass die Aufgaben, die gestellt werden, auch erfüllt werden können." Aufgaben zu übernehmen bedeute aber immer auch, andere abzugeben.
In der Frage der Ehe für alle ließ der neue steirische Superintendent seine Präferenz dafür durchblicken. Er erhoffe sich ein "gutes Gespräch", in dem klar gemacht werde: "Wir nehmen der traditionellen Ehe nichts weg." Alles andere mache vielen Menschen Angst, "weil sie Verluste befürchten".
Erst vor wenigen Tagen hatte der evangelische Synodenpräsident Peter Krömer rechtliche Bedenken in Zusammenhang mit der Öffnung der Ehe und der Eingetragenen Partnerschaft für alle geäußert. Es käme zu "weitreichenden Eingriffen in die Gesellschaft" und zu rechtlichen Lücken speziell im Fortpflanzungsmedizingesetz, im Obsorgerecht und im Kindschaftsrecht, mahnte der Rechtsanwalt in einer Stellungnahme gegenüber dem Evangelischen Pressedienst. Eine Diskussion in der breiten Öffentlichkeit und Politik sei dringend notwendig.
Quelle: kathpress