Religionsphilosophin Gerl-Falkovitz würdigt "Humanae vitae"
Die Enzyklika "Humanae vitae" und die darin zum Thema Fortpflanzung entfaltete "Rücksicht auf die fein differenzierte Leiblichkeit der Frau" hat die Religionsphilosophin Hanna-Barbara Gerl-Falkovitz gewürdigt. Kritische Rückfragen an das vor 50 Jahren erschienene Lehrschreiben Papst Pauls VI. seien zwar im Hinblick darauf angezeigt, warum beim Geschlechtsverkehr die Absicht, ein Kind durch das Ausweichen auf die unfruchtbaren Zyklustage der Frau auszuschließen, moralisch anders zu bewerten sei als der Einsatz manipulativer oder chemischer Mittel wie der Pille. Gerl-Falkovitz' Ausgangspunkt ihres Vortrags bei der Theologischen Sommerakademie in Aigen (OÖ.) war jedoch ein anderer, nämlich: "Was bewirkt es für die Frau, wenn Liebe und Fruchtbarkeit getrennt werden?"
Gerl-Falkovitz war Hauptreferentin zum Thema "50 Jahre Humanae vitae" bei der zum 30. Mal veranstalteten, am Mittwoch endenden Sommerakademie, an der u.a. der Lemberger Erzbischof Mieczyslaw Mokrzycki, der St. Pöltner Altbischof Klaus Küng, der emeritierte Salzburger Weihbischof Andreas Laun sowie die Bioethikerin Susanne Kummer vom kirchlichen IMABE-Institut teilnahmen.
In einer Zeit, in der die "grüne Natur" geradezu verherrlicht werde, bleibt es für die an der Philosophisch-Theologischen Hochschule Benedikt XVI. in Heiligenkreuz lehrende Philosophin "unverständlich, weshalb junge Frauen über zwei bis drei Jahrzehnte ihren Monatsrhythmus abstellen sollen". Mit dem Gebrauch empfängnisverhütender Mittel werde jedoch leider schon sehr früh begonnen - teilweise schon in der Pubertät, wenn der Organismus noch gar nicht ausgereift ist. Diese auch von der Frauenbewegung forcierte ständige "Neutralisierung" und "Bereitstellung" des weiblichen Leibes könne als "Sargnagel des Feminismus" gesehen werden, kritisierte Gerl-Falkovitz. Emanzipation auf Kosten vorwiegend der weiblichen Leiblichkeit sei letztlich "Emanzipation vom eigenen Leib, seien Ansprüchen und Seligkeiten - zugunsten einer verdeckten und uneingestandenen Unterwerfung unter den Mann". Paul VI. spreche in "Humanae vitae" nicht umsonst von einer Herabsetzung bzw. Verdinglichung des weiblichen Leibes zu einem "Werkzeug der Triebbefriedigung".
Samenbanken, Leihmütter, Wunschkinder
50 Jahre nach der dort abgelehnten Trennung der Fortpflanzung von der liebenden Vereinigung seien überdeutlich die Folgen dieser Abkoppelung sichtbar. Gerl-Falkovitz verwies auf Ei- und Samenbanken "mit Gen-Beipackzettel", anonyme Zeugungen im Labor, bezahlte Samenspender statt Väter. Auf der weiblichen Seite gebe es Leihmütter, die zum bloßen "Uterus" herabgesetzt würden, und Kinder würden zum "Werkzeug einer Wunscherfüllung", die auch "zurückgegeben" werden könnten, sofern die "Bestellung" nicht entspricht - wenn nicht gar eine Abtreibung erfolge. "Kinder werden 'gemacht' und nicht gezeugt", merkte Gerl-Falkovitz zum Zeitgeist an.
Die Schärfe all dieser "Reduktionen des Menschlichen" sei 1968 nicht vorauszusehen gewesen, "dennoch formuliert die Enzyklika die innere Logik einer von der Liebe getrennten Zeugung grundsätzlich richtig".
Wenn tatsächlich - wie der Papst damals empfahl - jeder eheliche Akt Hingabe und Fruchtbarkeit einschließen solle, so bedeutet das laut der Religionsphilosophin für Frau wie Mann eine kommunikative Herausforderung: Der viel tiefere leibliche Einsatz der Frau für das Kind bedeute klarerweise eine Asymmetrie der Geschlechter.
Sie muss immer wieder zu einem Gespräch führen über die Belastbarkeit der Frau durch Geburten, über verteilte Arbeit, über gemeinsam verantwortete Lösungen - statt einer leichten Automatik der Unfruchtbarkeit.
"Humanae vitae" könne so zum Impuls für ein neues Miteinander der Geschlechter werden. Gerl-Falkovitz wörtlich: "Könnte über alle Morallehren hinweg, die wenig greifen, die Vision heute erneuert werden, dass sich in dem Einlassen auf das fremde Geschlecht eine göttliche Spannung, eine lebendige Fruchtbarkeit und die Not(wendigkeit) asymmetrischer Gemeinschaft ausdrückt?"
Quelle: kathpress