Bischof Bünker: Österreich soll Diciotti-Flüchtlinge aufnehmen
Vor dem EU-Krisentreffen am Freitag in Brüssel, bei dem über den weiteren Verbleib von 150 Flüchtlingen entschieden werden soll, die seit mehr als einer Woche auf dem Schiff Diciotti im Hafen der italienischen Stadt Catania auf ihre Einreiseerlaubnis warten, appelliert der evangelisch-lutherische Bischof Michael Bünker an die österreichische Bundesregierung:
Als Land, das gerade die EU-Ratspräsidentschaft inne hat, muss Österreich ein Zeichen setzen und in diesem Fall entweder als Vorbild voran gehen und alle 150 Flüchtlinge aufnehmen oder gemeinsam mit anderen EU-Ländern eine Koalition der Vernünftigen bilden und einen Teil der Menschen aufnehmen.
Es könne nicht angehen, dass das politische Ringen um eine Lösung der Migrationsfrage auf dem Rücken dieser Menschen ausgetragen werde. "Die Menschlichkeit hat hier Vorrang", so Bünker gegenüber dem Evangelischen Pressedienst.
Das politische Gezerre um die 150 Flüchtlinge auf der Diciotti ist unwürdig, die Menschen müssen umgehend in Sizilien an Land gehen dürfen.
Der Bischof verwies auf international geltendes Recht: In Seenot geratene Menschen müssten ehemöglichst in den nächsten sicheren Hafen gebracht werden. "Die Seenotrettung ist eine menschenrechtliche und völkerrechtliche Verpflichtung. Daran sollten die Kirchen die Politik nicht erinnern müssen", so Bünker wörtlich.
Vor mehr als einer Woche hatte die "Diciotti" die Flüchtlinge aus einem überfüllten Boot gerettet. Der italienische Innenminister Matteo Salvini von der rechtspopulistischen Lega Nord verweigert den Geflüchteten, italienisches Festland zu betreten. Der stellvertretende Ministerpräsident Luigi Di Maio vom "Movimento 5 Stelle" hatte im Vorfeld des Treffens mit den EU-Repräsentanten gesagt, Italien werde seine jährlichen Zahlungen an die EU einstellen, sollte es zu keiner Einigung kommen. Italien will die anderen EU-Staaten in der Frage der Aufnahme von Flüchtlingen aus dem Mittelmeer stärker in die Pflicht nehmen.
Auch der evangelisch-reformierte Theologe Prof. Ulrich Körtner drängte am Donnerstagabend in einem TV-Interview in der ORF-"ZiB2" darauf, dass sich die österreichische Bundesregierung hinsichtlich der Diciotto-Flüchtlinge ein deutliches humanitäres Zeichen setzen und sich an der Verteilung der Migranten auf europäische Staaten beteiligen sollte.
Körtner nahm auch zur Debatte rund um private NGOs Stellung, die im Mittelmeer mit eigenen Schiffen Flüchtlinge retten. Er sprach von einem ethischen Dilemma. Zwar wolle er niemandem lautere humanitäre Motive absprechen, zugleich würden diese NGOs de facto von den Schleppern für ihre kriminellen Machenschaften instrumentalisiert.
Quelle: kathpress