Fischler für bessere Balance zwischen Freiheit und Sicherheit
Für eine bessere Balance zwischen Freiheit und Sicherheit in der Politik Europas hat sich der ehemalige EU-Kommissar und jetzige Präsident des Europäischen Forums Alpbach, Franz Fischler, ausgesprochen. "Angesichts vermeintlicher und tatsächlicher Bedrohungen steht derzeit der Ruf nach Sicherheit im Vordergrund", sagte er in einem Interview für die dieswöchigen Ausgaben mehrerer österreichischer Kirchenzeitungen. Das gehe zu Lasten der Freiheit. "Hier ein neues Gleichgewicht zu finden, ist politisch schwierig. Das kann aber keine Ausrede dafür sein, es nicht zu versuchen", meinte Fischler im Gespräch mit der Kooperationsredaktion der Kirchenzeitungen. Die Regierungen von Polen und Ungarn seien hier viel weiter als Österreich "in die falsche Richtung gegangen".
Dort halte man die liberale Demokratie mittlerweile für einen Irrweg. "Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban spricht von einer neuen christlichen Demokratie, ohne aber zu sagen, was das sein soll", kritisierte der aus Tirol stammende "Elder Statesman". Nach dem Eindruck Fischlers werden hier Grenzen überschritten:
Europäische Werte wie Toleranz verschwinden. Menschen mit abweichenden Meinungen werden mundtot gemacht.
Der Forum-Alpbach-Präsident hielt dem mit Blick auf das derzeitige Treffen in dem Tiroler Bergdorf entgegen, "dass wir in Europa unsere Vielfalt an Kulturen, Sprachen, Landschaften und Wirtschaftssystemen erhalten sollten". Der etwas sperrige Tagungstitel "Diversität und Resilienz" bedeute genau dies: Diversität mache robuster. Das gelte für den früher von Fischler verantworteten Bereich Landwirtschaft genauso wie für die Demokratie. Die Wertschätzung für Vielfalt bedeute u.a., das Ringen um Interessensausgleich nicht als "faule Kompromisse" zu diskreditieren. Der Wert der liberalen Demokratie liegt nach den Worten Fischlers "nicht darin, dass einfach zwei Möglichkeiten präsentiert werden und darüber abgestimmt wird. Der Wert liegt im Diskussionsprozess, in dem auch Minderheitenmeinungen Gehör finden und in dem man gemeinsame Lösungen sucht." Der Kompromiss sei somit eines der wichtigsten demokratischen Prinzipien.
Eine kritische Seitenbemerkung ließ der frühere ÖVP-Politiker in Richtung Regierungsparteien beim Thema Arbeitszeitflexibilisierung fallen: Er sei für die Arbeitszeitflexibilisierung. "Aber wie das angegangen wurde, das war nicht professionell." Die Sozialpartner hätten zwar genug Zeit gehabt hätten, einen Lösungsvorschlag vorzulegen, "aber einfach drüberzufahren, ist nicht demokratisch".
"Keine Glaubensfrage, sondern Tatsache"
Zum oftmaligen Appell von Papst Franziskus, die reichen Staaten müssten sich beschränken, damit es eine gerechte Verteilung der Güter der Erde geben kann, sagte Fischler wörtlich: "Das ist keine Glaubensfrage, sondern eine Tatsache." Es sei auf Dauer "unhaltbar, dass wir die Güter der Welt in einem Maße ausbeuten, als wäre der Globus um 50 Prozent größer". Man sollte aber nicht dauernd nur vom Verzicht sprechen, riet Fischler.
Zum Beispiel beim Fleischkonsum könnte man ja auch in den Vordergrund stellen, wie viele Lebensjahre man gewinnt, wenn man weniger Fleisch isst.
Quelle: kathpress