Chalupka nimmt Abschied: "Was uns antreibt, ist das Evangelium"
Was uns antreibt, ist das Evangelium, das jeden Menschen als Ebenbild Gottes und die Würde des Menschen in dieser Ebenbildlichkeit begründet sieht.
Mit diesen Worten hat der scheidende Diakonie-Direktor Michael Chalupka die grundsätzliche Ausrichtung der evangelischen Hilfsorganisation - einer der fünf größten in Österreich mit rund 600 Standorten - umschrieben. Es sei ein Kern des Evangeliums, auf der Seite derer zu stehen, "die in Armut leben, behindert sind, in Not leben, auch auf Seite der Fremden", sagte Chalupka am Mittwoch dem Evangelischen Pressedienst (epd-Ö). Und anders als in den meisten Themenbereichen gebe es diesbezüglich keine "Flügel" in der Kirche: "Alle haben hier dasselbe Verständnis."
24 Jahre lang stand Michael Chalupka an der Spitze der Diakonie Österreich, am 1. September folgt ihm Pfarrerin Maria Katharina Moser als erste Frau in dieser Funktion nach. Im Abschiedsinterview mit dem epd-Ö kurz vor seiner Amtsübergabe blickte der 2006 mit dem Großen Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich ausgezeichnete 58-Jährige auf prägende Momente seiner Tätigkeit, auf die Zusammenarbeit mit unterschiedlichen Politikern und auf ökumenische Schulterschlüsse zurück.
Die Diakonie sehe er nicht nur als einen sozialen Dienstleister unter vielen, sondern auch als "Problemlöser", sagte Chalupka. "Das heißt, wenn wir irgendwo Probleme sehen, dann machen wir Vorschläge, wie man das verbessern kann." Auch an die Kirchen habe er den Anspruch, "nicht immer nur als die aufzutreten, die fordern". Im 2003 veröffentlichten Ökumenischen Sozialwort, für das er als Vertreter der evangelischen Kirchen in der Endredaktion saß, vermisst Chalupka die Erfüllung mancher Aufgaben, die sich die Kirchen damals selbst gestellt hätten - "zum Beispiel ein Prozent des kirchlichen Haushalts für die Entwicklungszusammenarbeit zur Verfügung zu stellen".
Dennoch stufe er das Sozialwort als eines der Highlights seiner Tätigkeit ein. Damals sei etwas Besonderes gelungen, "einerseits ökumenisch, dass es im Unterschied zum deutschen Sozialwort kein rein katholisch-evangelisches Produkt war, sondern auch die Orthodoxie und die kleineren Kirchen dazu beigetragen haben; andererseits, dass das Sozialwort dann auch in vielen Gesprächen vom Kanzler abwärts, mit MinisterInnen, aber auch in Brüssel eine wichtige Basis des Dialogs war."
"Beteilige mich nicht an Politikerbashing"
Von den vielen politischen EntscheidungsträgerInnen auf höchster Ebene, mit denen Chalupka in den vergangenen 24 Jahren zu tun hatte, schätzte er besonders die Zusammenarbeit mit Sozialministerin Eleonore Hostasch (SPÖ, 1997-2000), aber auch mit Herbert Haupt (FPÖ, 2000-2005), dem insbesondere der Behindertenbereich ein großes Anliegen gewesen sei. Wenig abgewinnen kann Chalupka - wie er sagte - vorschnellen Verurteilungen: "Grundsätzlich habe ich die Haltung, dass Menschen Politiker geworden sind, weil sie Menschen helfen wollen. Das tun sie auf verschiedene Weisen, aber es ist wichtig, ihnen so zu begegnen und nicht irgendwas zu unterstellen." Er wolle sich nicht an einem Politiker- und Parteienbashing beteiligen, "weil das demokratiegefährdend ist."
Was den gebürtigen Grazer aber nicht davon abhält, Klartext zu reden, wenn er dies für notwendig hält - etwa beim Thema Mindestsicherung: Die Armutskonferenz, für die Chalupka 1995 in seinem zweiten Jahr als Diakonie-Direktor Mitinitiator war, habe als besonderen Erfolg zu verzeichnen, dass 2010 auf ihr Betreiben die Mindestsicherung die vormalige Sozialhilfe, "die sehr der Willkür der Behörden ausgesetzt und in allen Bundesländern unterschiedlich war", ersetzte. Ende 2017 wurde die Mindestsicherung wieder in die Verantwortung der Bundesländer übergeben, da sich die Politik nicht auf eine bundesweite Regelung einigen konnte. Die daraufhin erfolgten Kürzungen insbesondere für Flüchtlinge sieht Chalupka kritisch. Es gelte "dafür zu arbeiten, dass diese mindeste Sicherung gewahrt bleibt."
Seine eigene berufliche Zukunft ist für Chalupka zumindest kurzfristig geklärt. Im September übernimmt er - eher ungeplant, wie er sagt - als Karenzvertretung die Geschäftsführung der Diakonie Bildung. Wie es danach weitergehe, "weiß nur der Heilige Geist".
Quelle: kathpress