Ordensmann Helm: Politik will "lästige kirchliche Akteure hinausdrängen"
Die Caritas sowie andere kirchliche Akteure und auch NGOs sollen offenbar aus dem Asyl- und Flüchtlingsbereich hinausgedrängt werden. Diesen Eindruck hat der Vizeprovinzial der Steyler Missionare, P. Franz Helm, nach der von der niederösterreichischen Landespolitik verordneten Aussiedelung von pflegebedürftigen Flüchtlingen aus dem Caritas-Flüchtlingsheim in St. Gabriel bei Mödling (NÖ.) geäußert. Im Interview mit dem Internet-Blog "mosaik" (https://mosaik-blog.at) sagte der Ordensmann, die Flüchtlingsbetreuung werde "vermehrt direkt in staatliche und private Hände gegeben, um lästige Zwischenrufe durch christlich und humanistisch eingestellte Menschen zu verhindern". Zugleich übte Helm scharfe Kritik an einer xenophoben Stimmungsmache durch Politik und Medien.
Zum aktuellen Stand rund um das Flüchtlingsheim in der Ordensniederlassung des Missionsordens erklärte Helm, mehr als zwei Drittel der bis Juni dort Untergebrachten seien schon in andere Heime verlegt worden. Darunter befänden sich "Personen, die aufgrund ihres Krankheitsbildes sich selbst und andere gefährden können, wenn sie nicht regelmäßig ihre Medikamente nehmen". Drei von ihnen seien laut Medienberichten zumindest vorübergehend verschwunden.
Helm nannte es "unverantwortlich, wie hier mit kranken Menschen umgegangen wird, und es ist unverantwortlich, wie hier mit der Sicherheit dieser Personen und der Bevölkerung gespielt wird". Dies stehe im Widerspruch dazu, dass der für Integration verantwortliche FPÖ-Landesrat Gottfried Waldhäusl immer die fehlende Sicherheit als zentrales Argument für die Flüchtlingsverlegung genannt hatte, ärgerte sich der Ordenspriester. Helms Diagnose:
Das Vorgehen der politisch Verantwortlichen ist von Härte und Rücksichtslosigkeit geprägt, um Flüchtlinge abzuschrecken und solidarische Menschen zu entmutigen.
Positives wird nicht berichtet
Aber auch Boulevardmedien würden einseitig Meldungen verbreiten, die Asylwerber und Flüchtlinge insgesamt als ein Sicherheitsrisiko darstellen, fügte Helm hinzu.
Das Schlimme ist, dass das über diese Medien erzeugte Bild die Menschen stärker beeinflusst als die Faktenlage.
Er wisse von "vielen wunderbaren Beispielen von gelungener Integration", die jedoch keinerlei mediale Beachtung fänden: "Was zählt sind 'bad news', mit denen Geschäft und Politik gemacht werden."
Er erwarte sich von der Politik, dass sie unberechtigte Ängste nicht schürt, sondern ihnen entgegentritt, betonte Helm. "Aber anscheinend ist das Interesse nicht, Realpolitik zu machen, die den Menschen - und besonders den Schwächsten in der Gesellschaft - dient", so sein bitteres Resümee. Man wolle auf Kosten von traumatisierten und kranken Menschen Stimmen optimieren. "Das finde ich verwerflich."
Die Steyler Missionare würden als weltweit tätige Ordensgemeinschaft seit vielen Jahrzehnten Hilfe vor Ort leisten, "was Politiker immer wieder versprechen und dann nicht umsetzen". P. Helm forderte einen Kurswechsel weg von "Stimmungsmache" hin zu echten Problemlösungen. Als "Zynismus und Unmenschlichkeit" brandmarkte der Ordensvertreter, Hilfsaktionen im Mittelmeer zu verbieten und zu kriminalisieren, Lager in Nordafrika zu schaffen und Menschen die Möglichkeit zu nehmen, in der EU Asylanträge zu stellen. Es mache ihn "sehr betroffen, dass so eine Politik anscheinend mittlerweile mehrheitsfähig ist".
"Mache mir große Sorgen um unser Land"
Derzeit scheinen - so Helm weiter - Abschiebungen von integrationswilligen bzw. bereits integrierten Menschen für die Politik Vorrang zu haben. "Man will anscheinend bewusst den sozialen Konflikt schüren und das Negativbild der 'Ausländer' noch verstärken, um eine 'Law and Order'-Politik, eine Aufrüstung der Polizei und eine Abschottung der Grenzen zu rechtfertigen". Er mache sich "große Sorgen um unser Land", sagte Helm. "Es wird in meinen Augen zunehmend unmenschlich, unsolidarisch und xenophob." Aus christlicher Sicht habe jeder Mensch als ein Ebenbild Gottes die gleiche Würde und das gleiche Recht auf ein gutes Leben.
Unter Berufung auf Papst Franziskus trat P. Helm für einen Paradigmenwechsel in der herrschenden Weltwirtschaftsordnung ein.
Wir brauchen unbedingt gesetzliche Rahmenbedingungen, die menschliche Grundrechte und die Natur schützen.
Gerade der derzeit unübersehbare Klimawandel und die Migrationsströme aus Krisenregionen führten diese Notwendigkeit drastisch vor Augen, wies der Steyler Missionar hin. "Leider scheint derzeit eine globale Wirtschaftspolitik vorzuherrschen, wo diese Notwendigkeit geleugnet wird." Er trat für einen breiten Protest und den Schulterschluss aller demokratischen und sozialen Kräfte im Land ein. Es brauche Bewusstseinsbildung durch Initiativen wie "Christlich geht anders", "und es braucht das Gebet - damit harte Herzen wieder empfindsam werden für das Leid anderer".
Quelle: kathpress