Soziologe Dörre: Rechter Populismus wurzelt in Angst-Gesellschaft
Der grassierende rechte Populismus wurzelt in einer zunehmend von sozialen Ängsten heimgesuchten Gesellschaft - damit ist er kein politisches Randphänomen mehr, sondern wandert - wie die Ängste selber - immer weiter in die Mitte der Gesellschaft ein: Diese These entfaltete der Jenaer Wirtschaftssoziologe Prof. Klaus Dörre im Rahmen eines Vortrags am Mittwoch bei den "Salzburger Hochschulwochen". "Die moderne kapitalistische Gesellschaft erzeugt eine Vielzahl von Ängsten, die eine Revolte von Rechts als Bearbeitungsform hervorbringt", so Dörre.
Neben einer unkontrollierbar erscheinenden Globalisierung, der Sorge um den Arbeitsplatz und eine gerechte Entlohnung, der Migration und der Aufnahme von Flüchtlingen, der Macht der großen Konzerne und zugleich der Schwäche der Gewerkschaften sei der Kapitalismus selbst eine wichtige Quelle der Angst: Denn als "expansives System", welches nach fortwährender Steigerung etwa an Produktivität strebt, zerstöre der Kapitalismus letztlich seine eigenen Grundlagen, insofern er soziale Ungleichheiten verstärkt und damit wiederum Ängste schürt. Das Paradoxon bestehe nun darin, dass genau diese Ängste eine Anpassungsbereitschaft bewirke, anstatt zur Revolte gegen das System zu führen, so der an der Universität Jena lehrende Forscher.
Beunruhigend sei dabei, dass immer mehr vormals "links" gesinnte Gewerkschafter und Betriebsräte diesen Ängsten erliegen und als Antwort auf soziale Probleme und Ängste den Ausschluss etwa von Fremden und Flüchtlingen befürworten und mit der AfD oder Pegida sympathisieren. Das zeige sich in seinen eigenen Studien unter Betriebsräten und Gewerkschaftern. Diese würden zunehmend empfänglich sein für Botschaften, die "Angstverbreitung mittels exklusiver Solidarität" betrieben, so Dörre. Wie weit dieser Ungeist bereits um sich greife, zeige sich u.a. darin, dass selbst vor Gewalt nicht zurückgeschreckt werde.
Dennoch sollten wir uns immer klar machen: Wir haben dabei Angst vor Menschen, die selber Angst haben. Das kann schon ein erster Schritt sein in eine bessere Gesellschaft.
Quelle: kathpress