Diözese Linz gedenkt Franz Jägerstätters zum 75. Todestag
Die Diözese Linz und die Katholische Friedensbewegung Pax Christi gedenken am 8. und 9. August des Märtyrers und Kriegsdienstverweigerers Franz Jägerstätter (1907-1943). Am Donnerstag, 9. August, jährt sich der Todestag des vor elf Jahren seliggesprochenen Oberösterreichers zum 75. Mal. Der Linzer Bischofsvikar für die Caritas und für Soziale Aufgaben, Maximilian Mittendorfer, leitet am 9. August in der Pfarrkirche der Jägerstätter-Heimatgemeinde St. Radegund um 16 Uhr eine Andacht zur Todesstunde, um 19.30 Uhr eine Eucharistiefeier und danach eine Lichterprozession zur Jägerstätter-Grabstätte stattfindet.
Bereits am 8. August gibt es in St. Radegund ein Abendgebet mit einer Begegnung, ehe am Folgetag im Pfarrheim Tarsdorf am 9. August, 9.30 Uhr, die Direktorin der Katholischen Sozialakademie Österreichs, Magdalena Holztrattner, im Pfarrheim Tarsdorf über die Frage nach der Sinnorientierung referiert: "Was trägt ein Leben gegen entmenschlichende Tendenzen in der Gesellschaft?", lautet der Titel des Vortrages. Von Tarsdorf startet dann um 13.30 Uhr eine Fußwallfahrt nach St. Radegund.
Am Jahrestag der Verkündigung des Todesurteil gegen Jägerstätter, dem 8. Juli, hatte der Linzer Bischof Manfred Scheuer im oberösterreichischen "Shalomkloster" Pupping eine Gedenkfeier geleitet und eine neue Jägerstätter-Kapelle geweiht. Das treue Festhalten im Glauben an Gott, die Erfüllung des Ersten Gebots sowie die Entscheidung zwischen Gott oder Götze, Geist oder Ungeist, sei das Prophetische an Franz Jägerstätter gewesen, so Scheuer in seiner Predigt; an der Feier in Pupping nahmen u.a. Maria Danner, Tochter von Franziska und Franz Jägerstätter, und Jägerstätter-Biographin Erna Putz teil.
Den aus seiner Diözese stammenden Seligen bezeichnete der Bischof als "Prophet mit einem Weitblick und Durchblick, wie ihn damals die wenigsten seiner Zeitgenossen hatten". Jägerstätters Zeugnis für die christliche Wahrheit habe beruht "auf einer klaren, radikalen und weitsichtigen Analyse der Barbarei des menschen- und gottverachtenden Systems des Nationalsozialismus, dessen Rassenwahn, dessen Ideologie des Krieges und der Staatsvergottung wie dessen erklärten Vernichtungswillen gegenüber Christentum und Kirche".
Aus gebildeten und reifen Gewissen heraus habe Franz Jägerstätter ein entschiedenes Nein zum Nationalsozialismus gesagt - und sei wegen seiner konsequenten Weigerung, in Hitlers Krieg als Soldat zu kämpfen, hingerichtet worden. Damit sei er ein "Vorbild in der Treue zum Gewissensanspruch, Anwalt der Gewaltlosigkeit und des Friedens, sowie Warner vor Ideologien", sagte Scheuer. Er würdigte Jägerstätter zudem auch als "gläubigen Mensch, dem Gott wirklich Mitte und Zentrum des Lebens war".
Asche kam nach Kriegsende nach St. Radegund
Franz Jägerstätter, geboren am 20. Mai 1907, war Bauer, Mesner und Familienvater in St. Radegund. Er verweigerte schon vor Beginn des Krieges 1939 die Zusammenarbeit mit dem Nationalsozialismus, da ihm dieser mit dem Christentum völlig unvereinbar erschien. Nachdem er 1940 zum Militärdienst einberufen und zweimal unabkömmlich gestellt wurde, wollte er einer weiteren Einberufung nicht mehr Folge leisten. Das sogenannte Euthanasieprogramm der Nationalsozialisten, von dem er um diese Zeit erfuhr, und die Verfolgung der Kirche durch die Nationalsozialisten festigten seinen Entschluss.
Jägerstätter erklärte 1941 öffentlich, dass er als gläubiger Katholik keinen Wehrdienst leisten dürfe, da es gegen sein religiöses Gewissen wäre, für den nationalsozialistischen Staat zu kämpfen. Seine Umgebung versuchte ihn umzustimmen und wies ihn auf die Verantwortung seiner Familie gegenüber hin, konnte aber seine Argumente nicht widerlegen. Er suchte schließlich den Bischof von Linz, Josef Fließer, auf. Dieser riet ihm von einer Wehrdienstverweigerung ab. Franziska Jägerstätter unterstützte ihren Mann hingegen, obwohl sie sich der Konsequenzen bewusst war.
Am 23. Februar 1943 erhielt Jägerstätter schließlich die dritte Einberufung zur Wehrmacht. Er musste zur Stellung nach Enns, wo er sich am 1. März meldete. Er erklärte, aus religiösen Gründen den Kriegsdienst mit der Waffe abzulehnen und nicht gleichzeitig Nationalsozialist und Katholik sein zu können. Nach der Erklärung seiner Kriegsdienstverweigerung wurde er am 2. März nach Linz ins Wehrmachtsuntersuchungsgefängnis gebracht. Dort erfuhr er, dass auch andere Männer den Kriegsdienst verweigerten und Widerstand leisteten. Am 4. Mai wurde er nach Berlin-Tegel verlegt. Er weigerte sich, seine Verweigerung zu widerrufen.
Am 6. Juli verurteilte ihn das Reichskriegsgericht in Berlin-Charlottenburg wegen Zersetzung der Wehrkraft zum Tode. Am 14. Juli wurde das Urteil bestätigt. Laut Reichskriegsgericht war Jägerstätter bereit, Sanitätsdienst zu leisten, worauf das Gericht jedoch nicht einging.
Jägerstätter wurde am 9. August 1943 in das Zuchthaus Brandenburg an der Havel gebracht und dort um 16 Uhr durch das Fallbeil hingerichtet. Die Urne mit seiner Asche wurde nach Kriegsende nach St. Radegund gebracht und dort am 9. August 1946 beigesetzt.
Jahrzehnte der Verdrängung
Erst nach Jahrzehnten der auch von den örtlichen Diözesan- und Pfarrverantwortlichen betriebenen Verdrängung begann eine langsame Aufarbeitung und Würdigung. Das 1964 erschienene Buch von Gordon C. Zahn (In Solitary Witness - The Life and Death of Franz Jägerstätter) inspirierte die Friedensbewegung Pax Christi in den Vereinigten Staaten und bestärkte Daniel Ellsberg in seinem Engagement gegen den Vietnamkrieg. 1966 wurde in der Wiener Votivkirche ein Buntglasfenster zu Ehren Jägerstätters geweiht. Axel Corti drehte 1971 einen Film mit dem Titel "Der Fall Jägerstätter", der für einige Diskussionen sorgte. Ab 1983 veranstaltete Erna Putz alljährlich am Todestag von Franz Jägerstätter Gedenkfeiern.
Ab 1989 wurden im Auftrag des damaligen Linzer Diözesanbischofs Maximilian Aichern Personen, die Franz Jägerstätter gekannt haben, als Zeugen für einen Seligsprechungsprozess vernommen. Der Maler Ernst Degasperi zeigte 1993 in Yad Vashem den Bilderzyklus Licht in der Finsternis. 1997 hob das Landgericht Berlin das Todesurteil gegen Franz Jägerstätter auf.
Der Seligsprechungsprozess wurde 1997 offiziell eröffnet und ab 1998 vom heutigen Linzer Bischof Manfred Scheuer als Postulator geleitet. Am 1. Juni 2007 bestätigte Papst Benedikt XVI. das Martyrium, woraufhin die Seligsprechung am 26. Oktober 2007 im Linzer Mariendom stattfinden konnte. Als Gedenktag wurde der 21. Mai festgesetzt.
Jägerstätters Ehefrau Franziska, die für seinen religiösen Glauben eine große Rolle spielte, verstarb am 16. März 2013, wenige Tage nach ihrem 100. Geburtstag.
Quelle: kathpress